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Joachim Herrmann
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Frage von Christian P. •

Frage an Joachim Herrmann von Christian P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Herrmann,

ich möchte mich meinen Vorgängern anschließen, fasse mich aber kürzer:

Abgesehen von den von Ihnen gewünschten Erklärungen zur Verhältnismäßigkeit der Mittel sowie zu den beschämenden, ja geradezu peinlich offenbarenden Reaktionen der Staatsanwaltschaft:
Wie stehen Sie zu den 5 Sekunden Videomaterial, die von der Polizei offensichtlich herausgeschnitten wurden; m.a.W.: Was muß eigentlich passieren, damit Sie & Ihre Staatssekretäre endlich WIRKLICH tätig werden - und in Aktion treten, anstatt in diesem Forum ständig nur Lippenbekenntnisse abzugeben?

Vielen Dank für eine ehrliche Antwort
Dr. Christian Petersen
Aschaffenburg

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Dr. Petersen,

Ihre über www.abgeordnetenwatch.de gestellte Anfrage vom 16.02.2013 in der Angelegenheit “Inneres und Justiz“ habe ich erhalten.

Einleitend darf ich in aller Deutlichkeit feststellen, dass mir als Bayerischem Innenminister aber auch der gesamten Bayerischen Polizei sehr daran gelegen ist, stets alle Sachverhalte aufzuklären, die das positive Bild der Polizei bei den Bürgerinnen und Bürgern beschädigen können. Diese dürfen selbstverständlich erwarten, dass sich die Beamtinnen und Beamten an Recht und Gesetz halten und sich ihrer Vorbildfunktion sowie ihrer Stellung in der Öffentlichkeit bewusst sind. So werden Beschwerden oder Anzeigen gegen Polizeibeamte, die konkrete Anhaltspunkte für dienstliche Verstöße liefern, sorgfältig überprüft. Festgestelltes Fehlverhalten wird von der Justiz entsprechend gewürdigt. Losgelöst von der Würdigung durch die unabhängigen Gerichte werden Sachverhalte, die Anhaltspunkte für dienstliche Verstöße liefern, zusätzlich von den Dienstvorgesetzten geprüft und bewertet. Das kann zur Konsequenz haben, dass disziplinarrechtliche Maßnahmen wie zum Beispiel ein Verweis, eine Geldbuße, gegebenenfalls auch eine Gehaltskürzung oder gar die Entfernung aus dem Dienst getroffen werden.

In der Reportage des Magazins Spiegel-TV vom 11.02.2013 wurden neben den fehlenden 5 Sekunden des Videomaterials sehr unterschiedliche Sachverhalte geschildert. Für eine Beurteilung dieser ist mir eine differenzierte Bewertung sehr wichtig. Entscheidend dabei ist, welche Ermittlungen und Entscheidungen jeweils mit welchem Ergebnis durch die unabhängige Justiz getroffen wurden. Vor diesem Hintergrund darf ich Ihnen zu dem in der Reportage dargestellten Sachverhalt zur Einhaltung des Grillverbots Folgendes mitteilen:

Im Rahmen eines Polizeieinsatz anlässlich der Durchsetzung eines örtlichen Grillverbots überprüften nach Mitteilung des Polizeipräsidiums München Beamte den Uferbereich eines Sees und verwiesen die angetroffenen Personen über Außenlautsprecher des Dienstfahrzeuges auf die ausgewiesenen Grillflächen. Sie kündigten die Erstattung von Ordnungswidrigkeiteinanzeigen an, falls im verbotenen Bereich weiter gegrillt würde. Nach mehreren Durchsagen begab sich ein kleiner Teil der betroffenen Personen in den ausgewiesen Grillbereich. Der überwiegende Teil zeigte sich wenig beeindruckt. Einige ließen verlauten, sie würden weiterfeiern und sich das Ordnungsgeld teilen. Letztlich mussten zur Durchsetzung des Grillverbotes Beamte des Unterstützungskommandos hinzugezogen werden, wobei es seitens einer Personengruppe zu Widerstandshandlungen kam, infolge derer zwei Polizeibeamte sowie ein Mann und seine Ehefrau verletzt wurden. Der Täter wurde wegen Widerstand gegen Polizeibeamte verurteilt. In seiner Zeugeneinvernahme bestätigte dieser selbst, dass er zu keiner Zeit von den beschuldigten Polizeibeamten getreten oder geschlagen worden war. Das Verfahren gegen die beschuldigten Beamten wurde von der Staatsanwaltschaft München I nach § 170/II StPO eingestellt.

Ihrer Annahme, dass „von der Polizei offensichtlich 5 Sekunden Videomaterial herausgeschnitten wurden“, die offenbar auf der sehr tendenziös gehaltenen Berichterstattung beruht, muss ich aufgrund der o.g. justiziellen Entscheidung sowie des eingangs Erwähnten deutlich widersprechen.

Sehr geehrter Herr Dr. Petersen, die derzeitige mediale summarische Darstellung von Einzelfällen, die z. T. schon Jahre zurückliegen, können sicher einen Eindruck vermitteln, der nach meiner Überzeugung den Leistungen der Bayerischen Polizei nicht gerecht wird. Dass Bürgerinnen und Bürger nirgendwo anders so sicher leben wie in Bayern, ist in erster Linie ein Verdienst unserer hochmotivierten und gut ausgebildeten Polizei. So bin ich davon überzeugt, dass die ganz große Mehrheit der bayerischen Polizeibeamtinnen und –beamten ihre hoheitlichen Aufgaben korrekt und bürgerfreundlich erfüllt. Wenn man ergänzend sieht, dass unsere Polizistinnen und Polizisten ca. 1,5 Millionen Einsätze pro Jahr mit zum Teil hohem Konfliktpotential bewältigen müssen, dann ist im Verhältnis dazu das Beschwerdeaufkommen von etwa 1.750 Fällen (0,12 %) als gering zu bewerten. Darüber hinaus belegen Umfragen unabhängiger Meinungsforschungsinstitute, dass der Polizei ein hohes Vertrauen seitens unserer Bürgerinnen und Bürger entgegengebracht wird.

Gerade deshalb ist es mir auch wichtig, dass der behördliche Umgang mit strafrechtlich oder dienstrechtlich relevantem Fehlverhalten von Polizeibeamtinnen und –beamten für die Bürgerinnen und Bürger transparent ist und als rechtsstaatlich akzeptiert werden kann. Die Devise lautet: In der Bayerischen Polizei wird nichts unter den Teppich gekehrt! Um dies in der öffentlichen Wahrnehmung noch deutlicher zu machen, haben wir nunmehr die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Polizeibeamte auf eine zentrale Ermittlungsstelle, nämlich das Bayer. Landeskriminalamt, konzentriert. Damit konnten wir eine weitere Professionalisierung im Umgang mit (Verdachts-) Fällen strafrechtlich relevanten Verhaltens von Polizeibeamten erreichen. Bedeutsam ist in meinen Augen auch, dass die polizeilichen Ermittlungen nicht dem polizeilichen Ermessen obliegen, sondern sich an den Vorgaben der Strafprozessordnung auszurichten haben und zudem von der Staatsanwaltschaft geleitet werden. Die abschließende Bewertung der ermittelten Sachverhalte erfolgt durch die unabhängigen Gerichten, deren Anrufung – je nach Zuständigkeit – auch unmittelbar den Bürgerinnen und Bürgern offen steht. Die richterliche Unabhängigkeit selbst ist essentielle Basis unserer Verfassung und damit unseres Rechts- und Wertegefüges, an deren Realität und Wirksamkeit ich keinen Zweifel hege.

Vor diesem Hintergrund sollte den Polizeikräften, der Polizeiführung sowie den Strafverfolgungsorganen grundsätzlich das Vertrauen entgegengebracht werden, das jede staatliche Einrichtung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL

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