Frage an Joachim Bischoff von Ang K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Bischoff,
ich stelle dieselbe Frage auch an die anderen Kandidaten meines Wahlkreises.
Mein Sohn ist ein sogenanntes I-Kind und besucht eine I-Klasse, die "normalen" Schüler dieser Klasse, die Jahrgangsübergreifend und individuell arbeitet, dürfen wenn es erforderlich ist die Klasse wiederholen, mein Sohn und ich denke das betrifft auch die anderen I-Kinder wird zwangsweise versetzt, obwohl er den Stoff noch nicht drauf hat.
Selbst auf Antrag der Eltern soll eine Klassenwiederholung nicht möglich sein. Was übrigens in anderen Bundesländern Z.B. NRW nicht so ist.
Die Folge, wenn ihm die Grundlagen fehlen kann ich an einer Hand ausrechnen. Er verkässt mit einem IQ von teilweise über 100 mit 15 die Schule ohne Abschluss und wird Hartz IV Empfänger.
Diese schöne Aussicht möchte ich ihm eigentlich nicht bieten, sondern ich möchte, dass er einen seinen Fähigkeiten entsprechenden Abschluss macht auch wenn es eventuell ein Jahr länger dauert.
Warum werden in Hamburg Behinderte Kinder schlechter gestellt als Nicht Behinderte und wie kommt er zur Klassenwiederholung bze. später zu einem Abschluss?
Lg
A.Krogh
Hallo Herr Krogh
Mit Interesse habe ich Ihre Email gelesen, musste mich aber in den pädagogischen Zusammenhang hineindenken, da ich mit dem schulischen Alltag nur wenig zu tun habe.
Hinsichtlich Ihres Anliegens antworte ich, wohlwissend, dass ich diesbezüglich kein Experte bin. Grundsätzlich begrüße ich, dass Hamburgs Schüler und Schülerinnen zukünftig nicht mehr "sitzen bleiben" müssen. Dies birgt den Vorteil, dass auch leistungsschwächere Kinder in ihrem gewohnten Klassenzusammenhang bleiben können und nicht stigmatisiert werden. Allerdings kann dieses "Modell" nur funktionieren, wenn auch die Förderung gerade eben dieser SchülerInnen einen besonderen Stellenwert geniesst. Sonst wirkt sich der positive Ansatz natürlich gleich wieder kontraproduktiv aus. Individuelle Förderung bei Bedarf erscheint mir daher als der zentrale Punkt bei der Umsetzung der in verschiedensten Kreisen befürworteten Reform. Was mich bei Ihren Ausführungen etwas überrascht, ist der Hinweis, dass ein Teil der SchülerInnen im Einzelfall die Klasse doch wiederholen kann, während es bei Ihrem so genannten "I-Kind" nicht möglich sein soll. Diese Unterscheidung erscheint mir recht fragwürdig. Um dazu Stellung zu nehmen, bedürfte es für mich noch einiger weiterer Informationen.
Ich möchte aber abschließend noch einmal betonen, dass ich im Prinzip dafür bin, die SchülerInnen so zu fördern, dass sie den Übergang in die nächste Klassenstufe schaffen. In dieser Hinsicht halte ich die weiter unten aufgenommene Einschätzung des Landesschulbeirats für sinnvoll, in der die persönliche Unterstützung leistungsschwächerer SchülerInnen ebenfalls in den Mittelpunkt gerückt wird. Mir ist klar, dass die Bedingungen in den hamburgischen Schulen doch vielfältig zu wünschen übrig lassen, auch hinsichtlich der individuellen Förderung. Von daher denke, hoffe und fordere ich, dass die Schule und die LehrerInnen letztlich immer dem einzelnen jungen Menschen gerecht werden und nach angemessenen Lösungen suchen. Eine etwaige Benachteiligung von Integrations-SchülerInnen wird von mir selbstverständlich nachdrücklich abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Bischoff
MdHB für DIE LINKE
Aus der "Stellungnahme des Landesschulbeirats zu den 20 Planungen der Behörde für Bildung und Sport zur Förderung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern" vom 6.9.2005.
Individuelle Förderung statt Klassenwiederholungen
Bislang ist die Wiederholung einer Klasse aufgrund einer Nichtversetzung oder eines freiwilligen Rücktritts die zentrale Maßnahme zur Förderderung von Schülern mit Leistungsproblemen. Der Erfolg dieser Vorgehensweise ist äußerst zweifelhaft, da sie die Schüler nicht direkt bei der Bewältigung ihrer Leistungsprobleme unterstützt und fordert, sondern auf weitgehend automatische „Förderung durch Wiederholung“ setzt. Deshalb unterstützt der Landesschulbeirat, dass die Klassenwiederholung abgeschafft wird und den Schülern statt dessen eine individuelle Förderung zukommt. Wir weisen darauf hin, dass die durch die Abschaffung der Klassenwiederholung eingesparten Mittel (ein Schüler kostet pro Schuljahr etwa 6.000 Euro) für die individuelle Förderung in Schulen zur Verfügung gestellt werden sollten. Schülerinnen und Schüler, die das Ziel einer Jahrgangsstufe nicht erreicht haben, werden verpflichtet, an diesen zusätzlichen nachmittäglichen Förderungen teilzunehmen, um ihre Leistungsrückstände gezielt aufzuarbeiten. Einzubeziehen sind auch Förderungsangebote in den Ferien.
Der Landesschulbeirat hält diese Maßnahme allerdings nicht nur für Hauptschülerinnen und Hauptschüler für sinnvoll. Insgesamt sollte die Klassenwiederholung im Hamburger Schulwesen abgeschafft und durch individuelle Förderung ersetzt werden. Dies gilt im Übrigen auch für Klassenüberspringer, denen ebenfalls aus den eingesparten Ressourcen individuelle Zusatzmaßnahmen zugänglich gemacht werden sollten.