Frage an Jens Koeppen von Sonja P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie stehen Sie zur Frage der Abschiebungen von Menschen nach Afghanistan?
Ich bin seit Okt. 2015 als ehrenamtliche Deutschlehrerin und ehrenamtl. Betreuerin von jungen Afghanen tätig.
Ich kann Ihnen sagen, dass ich sehr angenehm überrascht war von diesen Menschen.
Sie sind sehr höflich, zurückhaltend, lernbegierig (obwohl ihnen fast alle Angebote verboten waren) und wollen eine Ausbildung absolvieren und dann hier einer normalen Arbeit nachgehen.
Ich unterstütze das Anliegen und kann es nicht verstehen, wie die Regierung Menschen in ein Kriegs- und Krisengebiet wie Afghanistan deportieren kann. Das Geld von uns Steuerzahlern ist viel besser(auch für uns Deutsche) investiert, wenn man es für die Deutschkurse und Integration in den Arbeitsmarkt ausgibt, als es den korrupten afghanischen Politikern in den Rachen zu werfen, wovon die Flüchtlinge keinen Cent sehen. Ich hoffe, dass die Entscheidung nun endlich fällt, dass eine Deportationen nach Afghanistan mehr erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
SonjaP.
Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Gern übermittle ich Ihnen meine Einschätzung.
Zur gegenwärtigen Situation für afghanische Flüchtlinge ist festzustellen: Es wird nicht generell zurückgeführt. Im Rahmen des Bund-Länderprogramms wird jedoch die freiwillige Rückkehr unterstützt. Nur Straftäter und Gefährder können aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt - nach einer Einzelfallprüfung - zurückgeführt werden.
Für die Entwicklungshilfe, mit der Deutschland hilfsbedürftige Menschen vor Ort unterstützt, steht eine Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung. Nach Aussagen von Bundesminister Dr. Gerd Müller werden hingegen allein in diesem Jahr 30 Milliarden Euro für eine Million Flüchtlinge, die in Deutschland leben, ausgegeben.
Dieses Zahlenbeispiel des Ministers zeigt, dass die Unterstützung von vergleichsweise wenigen Betroffenen in Deutschland massiv zu Lasten von vielen Armen und bedürftigen Menschen in ihren Heimatländern geht. Wenn wir einen ernsthaften und nachhaltigen Beitrag zur Linderung von Not und Armut in der Welt leisten wollen, so wird uns das nur durch die Unterstützung vor Ort gelingen. Dabei ist die Neuausrichtung der Entwicklungspolitik, die in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht wurde, ein wichtiger Ansatz. Unsere Hilfsgelder müssen wirklich bei den Menschen ankommen und dürfen nicht, wie es in der Vergangenheit oft passiert ist, in korrupten Strukturen versickern. Minister Müller hat so zum Beispiel ein Programm für Unternehmensgründungen in Tunesien vereinbart, in dessen Rahmen mehrere hundert Gründer mit einem Mitteleinsatz von 6 Millionen Euro unterstützt wurden.
Im Jahr 2016 haben sich gut 3.300 Afghanen entschieden, freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren. Die Menschen, die bei uns demokratische Grundwerte und Menschenrechte kennengelernt haben, können in ihrer Heimat als Multiplikator wirken. Insbesondere junge Menschen werden in Afghanistan für den Aufbau stabiler Strukturen und die Entwicklung des Landes dringend gebraucht und können die hier erlernten Fähigkeiten einsetzen. Es wird nur gemeinsam mit den afghanischen Behörden sowie tatkräftiger Unterstützung durch die afghanische Bevölkerung gelingen, mehr Stabilität im gesamten Land zu implementieren, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und Vertrauen in effektive staatliche Strukturen aufzubauen.
Diesen Menschen Unterstützung, wie beispielsweise den Gründern in Tunesien, zu geben, ist nicht nur ein Beitrag dazu, den Rückkehrern ein eigenbestimmtes Leben zu ermöglichen, sondern dient auch dazu, lebenswerte, nachhaltige Strukturen in den Regionen aufzubauen.
Mit besten Grüßen
Jens Koeppen MdB