Frage an Jens Koeppen von Ustin G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Koeppen,
warum hat die CDU/CSU - FDP Fraktion gegen schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung gestimmt?
Es ergibt sich ein Geschmäckle, welches den Eindruck, der sich in den letzten Monaten in Deutschland aufgebaut hat, ergänzt.
Ich frage sie nichts Böses ahnend, warum sollte jemand, der nichts zu verbergen hat, gegen dieses Gesetz stimmen?
Sehr geehrter Herr Groth,
gern übermittle ich Ihnen meine Einschätzung zu der von Ihnen gestellten Frage.
Vorab: In der öffentlichen Diskussion wird zum Teil der falsche Eindruck vermittelt, korruptes Verhalten von Politikern sei in Deutschland bisher überhaupt nicht strafbar. Das stimmt aber nicht. In § 108e des Strafgesetzbuches ist der Kauf und Verkauf von Stimmen bei Wahlen und Abstimmungen - und damit die Annahme von Bestechungsgeld für die wichtigste Handlung eines Abgeordneten - bereits seit 1994 unter Strafe gestellt. Die Strafvorschrift der "Abgeordnetenbestechung" hat zudem eine Besonderheit: In vollem Umfang strafbar macht sich ein Täter schon dann, wenn er auch nur zu einer Handlung ansetzt, die nach seinen Plänen zu einem Stimmenkauf oder -verkauf führen soll, ohne dass es zum Kauf oder Verkauf der Stimme kommen muss.
In den von Ihnen angesprochenen Gesetzentwürfen der Opposition geht es daher ausschließlich um eine Erweiterung des geltenden Straftatbestands. Damit sollen die entsprechenden Vorgaben der UN-Konvention gegen Korruption umgesetzt und eine Ratifizierung des Abkommens ermöglicht werden.
Die CDU/CSU-Fraktion setzt sich selbstverständlich uneingeschränkt gegen Korruption und Bestechung sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Bereich ein. Die Ratifizierung des UN-Übereinkommens gegen Korruption in deutsches Recht ist aber rechtlich außerordentlich komplex. Das Übereinkommen unterscheidet nämlich nicht zwischen Amtsträgern und Abgeordneten. Nach dem Grundgesetz sind Abgeordnete jedoch - im Gegensatz zu Beamten - Träger eines freien Mandats. Sie sind keinen Weisungen unterworfen und nur ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich. Anders als bei Beamten und Richtern müssen Abgeordnete immer auch die Interessen ihres Wahlkreises oder gesellschaftlicher Gruppierungen in ihren politischen Meinungsbildungsprozess mit einbeziehen.
In einer Regelung, die die Strafvorschrift der Abgeordnetenbestechung erweitert, muss deshalb genau festlegt werden, wo zulässige Einflussnahme auf Abgeordnete endet und wo strafwürdige Einflussnahme beginnt. So verlangt es unser Grundgesetz. Die ebenfalls verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Mandatsausübung darf nicht angetastet werden. Diese Faktoren müssen mit den Vorgaben der UN-Konvention in Einklang gebracht werden.
Die Vorschläge, welche die Opposition im Bundestag vorgelegt hat, werden den Anforderungen an den Parlamentarismus und an eine rechtstaatliche, einwandfreie Gesetzgebung nicht gerecht. Die parlamentarischen Beratungen gehen daher weiter und auch in der Union werden wir weiter diskutieren, wie eine Umsetzung des Übereinkommens erfolgen kann.
Mit besten Grüßen
Jens Koeppen MdB