Frage an Jenny Weggen von Detlef M. bezüglich Umwelt
"Autofreier Sonntag in Hamburg am 21.6.2009" - oder sollte ich lieber schreiben: "ein verkaufsoffener Sonntag, dem unter dem Vorwand einiger halbherzig gesperrter Straßenabschnitte ein Klima-schonender Anstrich gegeben werden sollte"?
Als langjähriger Wähler der Grünen bin ich bestürzt, dass dieser Unsinn auch noch von einer großen PR-Kampagne flankiert wurde. Bei jeder Großveranstaltung - ob Hanse-Marathon, Alstervergnügen oder selbst dem "Welt-Astra-Tag" - haben Autofahrer mit mehr Verkehrsbehinderungen zu kämpfen als am heutigen Tag. Als jemand, der alt genug ist, um sich lebhaft an die autofreien Sonntage von ´73 erinnern zu können, deren Name offenbar Pate stand, kann ich nur sagen: Fail! Das war gar nichts.
Ich habe heute in der Innenstadt die langen Wagenkolonnen bewundern können, die sich stockenderweise durch den Jungfernstieg, den Standtorkai oder den Baumwall quälten; die leeren HVV-Busse, in denen trotz gratis-Tarif kein Mensch saß. Wie gut, dass die Parkhäuser im Zentrum so gut zu erreichen waren, da mußte wenigstens niemand unter der Last seiner Einkaufstüten schwitzen. Wenn es eine "Message" gab, ist diese ganz offensichtlich nicht angekommen.
Wenn Sie den Leuten zeigen wollen, wie es sich in einer Stadt ohne Autos leben würde, dann machen Sie Ernst und ordnen Sie an, dass die Innenstadt beim nächsten Mal großräumig gesperrt wird. Es geht nicht darum, die Autofahrer zu "bestrafen", sondern aufzuzeigen, wieviel Lebensqualität unsere Innenstädte durch den motorisierten Individualverkehr einbüßen - und dazu reicht es nicht, 5 Kilometer Asphalt zur "no go area" zu erklären und den Verkehr ansonsten fröhlich weiterlaufen zu lassen.
Erarbeiten Sie endlich ein vernünftiges Verkehrskonzept, das vor allem alternative Verkehrsmittel - insbesondere Fahrräder - berücksichtigt, und setzen Sie es um. Die Art und Weise, wie sich in Hamburg alles dem Autoverkehr unterordnet, ist unerträglich. Von einer grünen Handschrift bemerke ich nichts.
Bitte nehmen Sie Stellung.
Sehr geehrter Herr Matthiessen,
ich kann Ihre Enttäuschung sehr gut verstehen, dass viele Menschen am autofreien Sonntag mit dem Auto in die Innenstadt gefahren sind, um den gleichzeitig stattfindenden verkaufsoffenen Sonntag zu nutzen - trotz kostenlosem Nahverkehrsangebot und vielen Aktionen rund um das Thema Klimaschutz.
Das zeitliche Zusammentreffen mit dem verkaufsoffenen Sonntag war so nicht geplant, aber sicherlich interessant. Wie Sie den Angaben des HVV entnehmen können, wurde das kostenlose Angebot des ÖPNV aufgrund des autofreien Sonntags sehr wohl stark genutzt, es wurden 40 bis 50 Prozent mehr Fahrgäste als an anderen Sonntagen gemessen. Sicherlich zu einen um viele Ausflugsziele in Hamburg und Umgebung zu erreichen, aber zu einem großen Teil auch, um den verkaufsoffenen Sonntag zu nutzen. Vor allem Züge aus dem Süden, wie zum Beispiel der "Metronom", waren zu 100 Prozent ausgelastet, es galten Bedingungen fast wie im Berufsverkehr. Eine Sperrung - vor allem einer Hauptverkehrsstraße - wurde zum ersten Mal durchgeführt. Diese Maßnahme war meines Erachtens sehr erfolgreich, die Areale wurde auf vielfältige Weise von vielen Menschen genutzt. Ich halte es für sehr erstrebenswert bei einem der nächsten autofreien Tage weitere Straßen aufzunehmen.
Ich denke, dass so vielen Menschen, die normalerweise mit dem Auto in die Innenstadt fahren, deutlich wurde, wie bequem es sein kann öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und so direkt am Ziel zu sein - ohne Parkplatzsuche und teure Gebühren.
Weitere Schwerpunkte der Verkehrspolitik sind für uns als Grüne in dieser Legislatur u.a. "Shared Space", die Umsetzung einer neuen Radverkehrsstrategie, die Stadtbahn und der barrierefreie Ausbau von Haltestellen.
Die Gemeinschaftsstraße wird nicht nur Durchfahrtsraum für Autos, sondern Platz für alle Verkehrteilnehmer bieten. In Versuchsprojekten zeigt sich, dass die Rücksichtnahme hier deutlich steigt.
Auch eine attraktivere Gestaltung des Fahrradfahrens ist eines unserer zentralen grünen Ziele. Die bestehenden Wege müssen ausgebessert und neue Fahrradstreifen auf den Straßen geschaffen werden. Außerdem soll das bisherige Veloroutennetz insgesamt deutlich größer werden. Für die Umsetzung haben wir uns einen ersten großen Schritt in dieser Legislaturperiode vorgenommen.
Freundliche Grüße
Jenny Weggen