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Jan van Aken
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Frage von Hans K. •

Frage an Jan van Aken von Hans K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr van Aken,

ihre gestern erläuterte Idee zur Stromverteilung gefällt mir sehr gut. Sie besagt, dass jeder einen Freibetrag an Strom umsonst erhält und was darüber hinausgeht, soll sehr viel teurer werden. Mich würde allerdings interessieren, ob ihrer Meinung nach den auch Unternehmen ein solcher Freibetrag zu stehe und wie sie diese gesamte Aktion finanzieren wollen.
Außerdem kommt es ja auch heute zu Abzocke der Stomkonzerne, obwohl drei der vier größten Unternehmen staatlich sind, es liegt also nicht an den ach so bösen privaten.

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kanktler,

vielen Dank für Ihre Nachfragen.

zunächst zur Finanzierung. Nach unserem Konzept soll ungefähr ein Drittel des durchschnittlichen Verbrauchs (genauer jährlich 300 kWh je Haushalt plus 200 je Person) umsonst abgegeben werden. Das sind dann beispielsweise bei einem 4-Personen-Haushalt - der laut Statistik durchschnittlich rund 3.500 kWh im Jahr verbraucht -, die von mir in der Sendung genannten 1.100 kWh. Die restlichen zwei Drittel - und bei Vielverbrauchern auch alles darüber hinaus - werden teurer als heute (nach unseren Berechnungen 33 Cent je kWh anstatt dem heutigen Preis von rund 25 Cent) und finanzieren den kostenlosen Sockel. Bei dem Modell kommt es dann ungefähr so heraus, dass Durchschnittsverbraucher so viel zahlen, wie gegenwärtig, Stromsparer weniger als heute, und Stromverschwender mehr. Stromheizungen sollen vorübergehend bei der Höhe des kostenlosen Sockels besonders berücksichtigt werden.

Unser Strompreis-Konzept können Sie sich auch hier ansehen:
http://www.nachhaltig-links.de/index.php/wirtschaft-und-politik/energiepreise/1200-wie-die-energiewende-sozial-wird

Unsrer Konzept betrachtet nur die privaten Haushalte. Unternehmen bekommen in der Regel ohnehin Industriestromtarife, die deutlich unter denen privater Haushalte liegen. Darüber hinaus werden Firmen, wenn sie etwas mehr Strom verbrauchen, von der Bundesregierung in vielerlei Hinsicht privilegiert. So bei der Ökostrom-Umlage nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG-Umlage), bei der Ökosteuer, bei den Netzentgelten, bei der KWK-Umlage oder auch im Emissionshandel. Ein Teil dieser Vergünstigungen verteuert den Strom für alle anderen Verbraucher. Also für Kleinunternehmen und private Haushalte. Aus diesem Grund sehen wir keine Notwendigkeit, Unternehmen weiter zu entlasten. Im Gegenteil, nicht gerechtfertigte Privilegien müssen abgebaut werden. Näheres dazu können Sie folgender Website entnehmen, auf der Sie neben einer Studie auch einen Antrag der LINKEN zum Thema finden: http://www.nachhaltig-links.de/index.php/wirtschaft-und-politik/1005-studieenergieintensiveindustrie

Ich stimme Ihnen zu, dass „staatlich“ nicht automatisch „gut“ bedeutet. Allerdings sind nur zwei der „drei staatlichen Stromversorger“, die Herr Kubicki in der Sendung aufzählte, wirklich mehrheitlich staatlich.

Vattenfall ist ohne Zweifel ein schwedisches Staatsunternehmen.

Die EnBW ist erst seit wenigen Monaten wieder fast vollständig in der Hand Baden-Württembergs. Der Rückkauf der EdF-Aktien (45,01 %) kam in einem obskuren, vom damaligen Ministerpräsident Mappus eingefädelten Deal zu Stande, der die öffentlichen Haushalte hierzulande nachhaltig schädigen dürfte. Allerdings war der vormalige Anteilseigner EdF ebenfalls mehrheitlich in öffentlicher Hand, nämlich der des französischen Staates. Fast den gesamten Rest (46,55 % ) hielt und hält der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), ein Zusammenschluss von Gebietskörperschaften und Kommunen im südlichen Baden-Württemberg. Insofern muss man EnBW ebenfalls als mehrheitlich staatlich bezeichnen.

RWE dagegen hat zwar starke kommunale Wurzeln. Heute sind aber nur noch Rund ein Drittel der Aktien im kommunalen Besitz, der Rest wird von private Investoren, Versicherungsunternehmen und vor allem im Streubesitz gehalten.

Um die „großen Vier“ voll zu machen: Eon ist klar privat. Rund 82 Prozent der Aktien werden im Streubesitz gehalten. Nur ein kleiner Teil ist im Besitz des norwegischen Staates bzw. des staatlichen norwegischen Stromversorgers Statkraft (zusammen knapp 5 Prozent).

Obwohl wir also statt von drei nur von zwei staatlichen Konzernen sprechen, haben auch diese in der Vergangenheit eine Politik betrieben, die vor allem auf Profitmaximierung ausgerichtet war. Klimaschutz oder Atomausstieg stand selbstverständlich nicht auf ihrer Agenda. Darum muss auch aus Sicht der Linken die Politik stets einen rechtlichen Rahmen setzen, der die Unternehmen - egal ob staatlich oder privat - zu einer nachhaltigen Unternehmensführung zwingt. Ebenso wie der Atomausstieg muss beispielsweise der Ausstieg aus der Kohleverstromung vom Parlament per Gesetz „verordnet“ werden, also über einen strengen Emissionshandel oder über ein Kohle-Ausstiegsgesetz.

Im Gegenzug gibt es unzählige private Initiativen, die – vor allem über das EEG, also ebenfalls über einen vom Staat gesetzten rechtlichen Rahmen – die Stromerzeugung in diesem Land in Richtung einer regenerativen Vollversorgung umkrempeln. Und darum ist privat natürlich nicht immer gleich schlecht – wir leben schließlich nicht in einer Schwarz-Weiß-Welt. Wichtig ist vielmehr staatliches Handeln auf demokratischer Grundlage.

Allerdings halten wir es für wichtig, dass in der Energieversorgung zwei Dinge in öffentliche Hand kommen oder bleiben: Zum einen die Infrastruktur, also Netze und Speicher. Damit sollen ein diskriminierungsfreier Zugang für alle Erzeuger garantiert und Einnahmen für die Gemeinde generiert werden. Zudem können Kommunen so besser Systemdienstleistungen erbringen, wie die Integration der schwankenden Einspeisung erneuerbarer Energien in ein System von zunächst noch fossiler Erzeugung, KWK, Strom- und Wärmespeichern sowie in ein Nachfragemanagement. Zum anderen sollten die Kommunen neben ihren Netzen auch einen wichtigen Teil der Energieerzeugung in der Region in der Hand haben. Damit können sie über den Strommix vor Ort und soziale Energiepreise entscheiden, eine Politik pro Energieeffizienz betreiben, sowie Einnahmen generieren, die den Städten und Gemeinden zu Gute kommen.

Mit meinen besten Grüßen

Jan van Aken