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Jan Schalauske
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Frage von Petra M. •

Frage an Jan Schalauske von Petra M. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Schalauske,
es wird viel über die Kosten von Pflege diskutiert. Mir sind dabei die Investionskosten in einem Pflegeheim ins Auge gesprungen, die mit ca. 20 Euro pro zu Pflegenden und Tag doch recht hoch sind. Meiner Meinung nach ist es Wucher in einem Heim mit ca. 300 Plätzen diese Summe zu verlangen. Ich möchte gerne wissen, wieso diese Kosten so hoch sind (pro Monat also ca. 200000 Euro, im Jahr 2 400000 Euro, gerundet). Wenn ich ein "normales" Mietverhältnis eingehe, darf der Vermieter Erneuerungskosten umlegen, wenn sie anfallen, aber nicht exorbitante Summen (und das sind die Investionskosten, wenn ich sie aufs Jahr hochrechne) einfach abrechnen ohne eine Leistung vorzuweisen.
Ich möchte eine Debatte darüber anstossen, wie man Pflege vergünstigen kann und da steht dieser Posten für mich an der ersten Stelle gestrichen bzw. abgesenkt zu werden. Hier bedarf es einer gesetzlichen Regelung.
Mit großem Interesse habe ich den Flyer der Linken gelesen, in dem es um Pflegekräfte geht. Mir ist nicht klar, wie die Linke die Zahl der Pflegekräfte kurzfristig erhöhen will. Auch hierzu hätte ich gerne eine Antwort.
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen, P. M.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau M.,

bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort, die den vielfältigen Aktivitäten zurzeit geschuldet ist. Vielen Dank, dass sie unseren Blick auf die Höhe der Investitionskosten in Heimen gelenkt haben, das auf Landesebene bei der LINKEN noch keine so große Rolle gespielt hat. Wir werden überprüfen, inwiefern dies mit der zunehmenden Privatisierung von Heimen zusammenhängt und welche Möglichkeiten es gibt sie zu begrenzen.

Investitionskosten können nach § 82 Sozialgesetzbuch (SGB) XI, Absatz 4 den Pflegebedürftigen berechnet werden. Darunter fallen betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen, sie müssen der Landesbehörde, in Hessen dem Regierungspräsidium Gießen, mitgeteilt werden. Allerdings gilt
kein Genehmigungsvorbehalt.

DIE LINKE hat Anfang 2018 im Bundestag einen Antrag zum Thema gestellt mit dem Titel "Eigenanteile in Pflegeheimen senken – Menschen mit Pflegebedarf finanziell entlasten" (Drucksachennummer 19/960). Darin wird gefordert, die steigenden Belastungen für die Betroffenen zu stoppen, die einrichtungseinheitlichen Eigenanteile für Menschen mit Pflegebedarf in Pflegeheimen sofort zu begrenzen, zu senken und die Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung umzugestalten. Alle pflegerischen Leistungen müssen von der Pflegeversicherung übernommen werden.

DIE LINKE hat im hessischen Landtag einen Antrag (Drucksache 19/5413) für eine bessere Situation in der Altenpflege vorgelegt. Ein großes Problem ist, dass immer mehr private Konzerne auf den Markt drängen. Ich zitiere meine Kollegin Marjana Schott: "Gleichzeitig wird von Seiten Schwarzgrüns oder der Groko die Türen immer weiter aufgemacht, dass Altenheime zu Spekulationsobjekten werden. Ein Beispiel: der private Altenheimbetreiber Alloheim (bundesweit der zweitgrößte) wurde vor kurzem verkauft. Dieser hat 22 Einrichtungen in Hessen. Erst 2013 wurde die Kette von dem US-Investor US-Carlyle übernommen. Jetzt geht sie in einen Private Equity Fonds, der seinen Sitz in Jersey hat. Die Arbeitsbedingungen und die Pflegesituation verschlechtern sich meist mit jedem Verkauf. Jeder neue Besitzer möchte aus dem Heim Profit schlagen, um es dann wieder weiterzuverkaufen. Altenheime gehören aber zur Daseinsvorsorge und sollten auf jeden Fall dem Gewinnstreben entzogen werden. Immer weniger Pflegekräfte müssen immer mehr multimorbide Bewohner*innen versorgen. Da wundert doch der Personalmangel nicht. Das wird sich auch nicht ändern, solange sich nicht die Arbeitsbedingungen geändert haben. Bessere Bezahlung, bessere Personalschlüssel, mehr gesellschaftliche Anerkennung. Das muss schon drin sein. Dann gibt es auch wieder mehr Menschen, die den Beruf ergreifen wollen oder bereit sind weiter in dem Beruf zu arbeiten oder ihre Arbeitszeit aufzustocken. Das sind die Initiativen, die wir von der Landesregierung erwarten."

Damit wird Ihnen auch die Antwort auf unsere Konzepte für die Begegnung des Personalmangels gegeben. Wir haben vier Vorschläge gemacht:
1. Die Mindestpersonalverordnung nach dem Pflegestärkungsgesetz III muss schneller als 2020 eingeführt werden. Dazu werden wissenschaftlich ermittelte und verbindliche Standards formuliert und Regelungen vereinbart, diese werden regelmäßig überprüft und Verstöße gegen die Vorschriften wirksam sanktioniert. Gewährleistet muss sein, dass
keine Pflegekraft nachts alleine auf einer Station arbeitet. Der im Rahmenvertrag über die vollstationäre pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Hessen festgelegte Personalschlüssel muss wirksam gesenkt werden. Eine gendergerechte, kultursensible und palliative Pflege muss in jeder Einrichtung erbracht werden.
2. Im Bundesrat eine Initiative zur Erhöhung des Pflegemindestlohns auf kurzfristig 14,50 € zu ergreifen.
3. Im Bundesrat eine Initiative für eine solidarische Bürgerversicherung zu ergreifen, die die Teilkostendeckung beendet und eine Pflegevollversicherung einführt. Es müssen genügend finanzielle Mittel für die Pflege vorhanden sein.
4. Die Ausstattung der Ausbildungseinrichtungen zu verbessern, ihnen die nötigen Mittel zukommen zu lassen, um eine qualifizierte und attraktive Ausbildung durchzuführen und in der Umsetzung der Ausbildungsreform gegenüber den (Kinder-)Krankenpflegeschulen zu bestehen. Weiterhin sind umfangreiche Maßnahmen zur Gewinnung von mehr Auszubildenden erforderlich.

Mehr Pflegekräfte können wir nur gewinnen, wenn wir die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Es gehen viele Pflegekräfte nach wenigen Jahren aus dem Beruf, sogar die Ausbildung wird wegen der Belastungen abgebrochen und weil man sich nicht vorstellen, bis zur Rente in diesem Beruf arbeiten zu können. Obwohl viele den Beruf aus Leidenschaft für die Menschen gewählt haben, ist die Belastung zu hoch. Gerade in der Altenpflege ist die Bezahlung zu gering und entspricht nicht anderen qualifizierten Berufen. Viele Pflegekräfte reduzieren ihre wöchentliche Arbeitszeit, obwohl sie damit ein hohes Altersarmutsrisiko eingehen.

Ich hoffe, dass Ihnen die Antwort weiterhilft.

Freundliche Grüße,
Jan Schalauske