Frage an Jan Rübke von Daniela G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Rübke,
wie stehen Sie persönlich zu der Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht? Und wie stehen Sie zu der Positionierung der LINKEN auf Bundesebene zu dieser Frage?
Was möchten Sie für Wandsbek und Hamburg insgesamt bewegen? Welche Themen liegen Ihnen am Herzen?
Mit freundlichen Grüßen
D. G.
Der Antwort auf Ihre Frage möchte ich mich in mehreren Schritten nähern – ohne dass es zu ausführlich wird, aber in einem Satz geht es nun mal nicht.
1. Das Gegenteil von Unrechtsstaat ist ja nicht ein Staat ohne Unrecht. Wer die gestellte Frage verneint, leugnet damit nicht automatisch das massenhafte Unrecht, das Spitzel – und Willkürsystem. Einige mögen das tun. Ich tue das absolut nicht!
2. „Unrechtsstaat“ ist ein Etikett auf ein komplexes historisches Gebilde, das eine Entwicklung durchgemacht hat und in dem es eine differenzierte Lebenswirklichkeit der Menschen gab. Beides geht mit dem Aufkleben des Etiketts verloren.
Beispiel Entwicklung: „Junkerland in Bauernhand“. Diese Enteignung der ostelbischen Großgrundbesitzer war doch ein nachvollziehbarer Schritt, waren diese doch eine der wesentlichen Stützen der NS-Herrschaft. Und: Viele Intellektuelle, Künstler und andere Menschen, die Lehren aus der Geschichte ziehen wollten, haben sich nach 1945 für den Osten Deutschlands und die spätere DDR entschieden. Das hatte doch gute Gründe und diese Menschen waren nicht alle blöd.
Beispiel Lebenswirklichkeit: Wer das Label Unrechtsstaat als Ein-Wort-Bezeichnung pauschal verwendet, der differenziert nicht die unterschiedlichen Möglichkeiten, Wirklichkeiten, kleineren und größeren Spielräume – die Menschen und ihr Leben kommen darunter einfach nicht vor. Das wird den ehemaligen BürgerInnen der DDR nicht gerecht.
3. Das Drängen von einigen politischen Kräften kommt aber nicht von ungefähr. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Motive:
- Das Motiv derjenigen, die in der DDR gelebt haben und heute lautstark nach dem Unrechtsstaat-Titel verlangen, denken, dass sie sich damit für ihren mangelnden Widerstand und die Kooperation mit der SED entlasten können – wie z.B. die Mitglieder der Blockparteien. Unrechtsstaat soll sagen: da ging ja gar nichts.
- Das strategische Motiv der anderen ist, die DDR in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken und damit das alte bürgerliche Projekt der Identität von Kommunismus und Faschismus fester zu etablieren.
4. Abschließend ein treffendes Zitat von Friedrich Schorlemmer: „Eine differenzierte Sicht auf das verjagte und friedlich abgelöste System ist keine Einladung, Ostalgie zu pflegen. Es ist die Einladung, gelebtes Leben nicht als verlorene Zeit zu verwerfen. Und jeden Tag zu preisen, dass auch die Ostdeutschen seit mehr als 24 Jahren im Geltungsbereich des Grundgesetzes leben.“
Antwort: Dem Etikett „Unrechtsstaat“ verweigere ich den Klebstoff!
Abschließend: Ich bin nicht Mitglied der PDS gewesen, sondern habe die neue Partei DIE LINKE mit aufgebaut. Für mich ist glasklar, ohne eine eindeutige inhaltliche Abgrenzung von allem Negativen das in der DDR und anderen Staaten unter dem Label „Sozialismus“ passiert ist, wird es in Deutschland keinen Sozialismus geben. Und das ist gut so.
Jetzt zu Ihrer zweiten Frage:
Speziell für Wandsbek ist mir der weitere ‚Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wichtig. Dadurch, dass immer mehr Menschen den HVV nutzen, ist z.B. der Busbahnhof Wandsbek-Markt inzwischen überfordert und muss dringend ausgebaut werden.
Arbeitsmarkt, Flüchtlinge und Demokratie / Beteiligung sind für mich wichtige Themen:
Die Durchsetzung eines Mindestlohnes durch die Gewerkschaften, v.a. meine Gewerkschaft ver.di und die NGG (Nahrung, Genussmittel und Gaststätten) sowie nicht zuletzt DIE LINKE ist aus meiner Sicht ein nicht zu unterschätzender Erfolg. Klar kommt der Mindestlohn zu spät, ist eher zu niedrig und er hat zu viele Ausnahmen. Nach Schätzungen des DIW betrifft er ca. vier Millionen Erwerbstätige deren bisheriger Stundenlohn unterhalb von 8,50 Euro lag. Nach meiner persönlichen Erfahrung führt der Mindestlohn auch zu einem Rückgang von 450 EURO Job und deren Umwandlung in unbefristete Teilzeitjobs.
Für Wandsbek gilt es, die Beschäftigten von Karstadt Wandsbek in ihrem Widerstand gegen Arbeitsplatzabbau und die Schaffung von Niedriglöhnen zu unterstützen.
Auch in Wandsbek wohnen jetzt viele Menschen die wegen politischer Unterdrückung, vor Krieg oder Hunger geflüchtet sind. Diesen Menschen gilt meine Solidarität. Ich bin froh, in Hamburg zu wohnen, einer Stadt mit einer breiten Willkommenskultur in der Ausländerfeinde keine Chance haben. DIE LINKE im Wahlkreis 11 hat mit Mehmet Öndek bewusst einen jungen Migranten auf den Listenplatz 1 gewählt. Schon jetzt sind mit Mehmet Yildiz und Cansu Özdemir zwei der acht Bürgerschaftsabgeordneten der Linksfraktion MigrantInnen.
Als Gewerkschafter, als LINKER und als Umweltbewegter versuche ich gemeinsam mit anderen aktiv zu werden. Mir geht es dabei um die gemeinsame Sache, auch wenn die Beteiligten vielleicht anders wählen als ich oder es Themen gibt bei denen wir uns nicht einigen können.
Für die Wahlen heißt das: Gehen Sie wählen, aber belassen Sie es nicht dabei. Werden Sie selbst aktiv. Mischen Sie sich ein.
Sie interessieren sich für meine Position zu weiteren Themen? Fragen Sie mich hier oder besuchen Sie mich auf Facebook.