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Jan Korte
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Frage von Sebastian S. •

Frage an Jan Korte von Sebastian S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Korte,

anlässlich eines erneuten Angriffs eines Polizisten auf einen friedlichen Demonstranten letzten Samstag auf der "Freiheit-Statt-Angst"-Demonstration, empört es mich ziemlich, dass es immer noch keine Identifikationsnummer für Polizisten gibt. Laut gulli.com haben sie im April diesen Jahres eben diese Identifikation gefordert. Jetzt frage ich mich allerdings, warum die Linkspartei in Berlin, wo sie mitregiert, dies noch immer nicht durchgesetzt hat; wie kann das sein?

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Schneider

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Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank für Ihre Frage, die individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten betreffend. Ausschlaggebend für Ihre Frage sind die erschreckenden Bilder am Rande der Demonstration „Freiheit statt Angst“ am 12. September 2009 in Berlin.

Lassen Sie mich, bevor ich auf Ihre Frage antworte, vorausschicken, dass sich auch DIE LINKE aktiv an der Vorbereitung und der Durchführung dieser Großdemonstration beteiligt hat, da es aus unserer Sicht seit vielen Jahren zu einem Missverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit in diesem Land gekommen ist. Dazu habe ich u. a. in dem von Ihnen angeführten Interview mit http://www.gulli.com/ Bezug genommen. In dem besagten Interview habe ich aber auch Stellung zu einer durch DIE LINKE seit langem vertretenden Position genommen; die individuelle Kennzeichnungspflicht von PolizeibeamtInnen.

Überall wo wir in Opposition oder wie in Berlin in Regierungsverantwortung stehen, heben wir dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung. In dem Wahlprogramm der Berliner LINKEN (2006) steht zu dieser Frage: „Um ein Signal für Bürgernähe und gegen Abschottung im Apparat zu setzen, treten wir seit langem für eine individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamten ein. Hier konnte ein Teilerfolg erreicht werden. An der freiwilligen individuellen Kennzeichnung durch ein Namensschild beteiligten sich bisher mehr als 60 % der Bediensteten. Die verpflichtende individuelle Kennzeichnungspflicht in geschlossenen Einheiten scheiterte bisher an dem Widerstand aller Betroffenen und ihrer Gewerkschaften. Eine erste Lösung konnte jedoch mit der Gruppenkennzeichnung erreicht werden, bei der die Zuordnung zu einer Gruppe von sechs Beamtinnen und Beamten ermöglicht wird.“

Wie Sie wissen, regiert DIE LINKE in Berlin gemeinsam mit der SPD. Bei unseren PartnerInnen und Partnern in der Sozialdemokratie hat es lange gedauert, diese, unsere Position mehrheitsfähig zu machen. Nach vielen Debatten kann nun ein Schritt zu einer bürgernahen und transparenten Berliner Polizei gegangen werden.

Mit der Einführung der neuen Uniformen 2010 sollen erstmals alle Polizisten ein Namensschild am Revers tragen. Dagegen gibt es vor allem Widerstand aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Übergriffe auf die Kolleginnen und Kollegen befürchtet.

Aus diesem Grund wurde vorgeschlagen, dieses Namensschild mit einem Klettband an der Uniform zu befestigen, auf dessen Rückseite sich die Dienstnummer des jeweiligen Beamten befindet. So sollen Polizisten, falls es nötig sein sollte, das Schild umdrehen können, um ihren Namen, nicht aber um ihre Identität zu verbergen.

Die GdP lehnt dieses Vorgehen des rot-roten Senats ab und befürchtet eine Welle von unberechtigten Verfahren. Der Bundesvorsitzende der GdP, Konrad Freiberg gab ausdrücklich zu Protokoll: „Wir lehnen die Kennzeichnungspflicht ab“.

Dennoch ist die Kennzeichnungspflicht mitbestimmungspflichtig. Sollte die GdP also bei ihrer öffentlich vorangestellten Position bleiben und die zuständige Personalvertretung der Polizei ihre Zustimmung verweigern, werden wir wohl über die Einigungsstelle des Hauptpersonalrates hinaus langwierige Debatten mit der zuständigen Gewerkschaft zu führen haben.

DIE LINKE bleibt aber dabei, in Berlin und im Bund: Wir wollen die individuelle Kennzeichnungspflicht. Nicht, weil wir alle Kolleginnen und Kollegen verdächtigen, den Boden des Grundgesetzes im Dienst zu überschreiten, sondern um Übergriffe wie den am 12. September 2009 entsprechend ahnden zu können und somit Beamten und Beamtinnen die ihren Dienst gewissenhaft absolvieren, den Rücken zu stärken. Nicht zuletzt muss es aus linker Sicht auch immer darum gehen, Unrecht und Gesetzesübertretungen mit oder ohne Uniform zu verfolgen und Opfer von Polizeigewalt zu schützen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte

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