Frage an Jan-Christoph Oetjen von Christian K. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Sehr geehrter Herr Oetjen,
mit großen Bedenken musste ich bemerken, dass die EU-Grenzpolizei Frontex derzeit, an den EU-Außengrenzen an Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist.
Quelle:
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/frontex-pushbacks-101.html
Parallel geht genau diese Behörde gegen Transparenzaktivist:innen vor, die über diese Verletzungen berichten, unter anderem gegen die Organisation Frag Den Staat.
Bitte ordnen Sie diese Ereignisse kurz ein und beziehen Sie klar Stellung.
Hier ist es möglich sich eindeutig für Menschenrechte und Transparenz zu positionieren. Beides Grundfesten der Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen
C. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Situation an den EU-Außengrenzen.
Die Berichte über die unter Beteiligung von Frontex erfolgten illegale Pushbacks sind bestürzend und ernst zu nehmen. Sie zeigen deutlich auf, dass Missstände innerhalb der Agentur behoben werden müssen, damit die Einhaltung der Menschenrechte an den Außengrenzen der Europäischen Union uneingeschränkt gewährt bleibt. Es war ein erster richtiger Schritt, dass der ehemalige Frontex-Direktor Fabrice Leggeri von seinem Amt zurücktreten musste. Doch damit allein sind die Probleme noch nicht gelöst. Die jüngsten Vorwürfe gegen die griechische Küstenwache, illegale Push-Backs von Flüchtlingsbooten auf dem Mittelmeer ausgeübt zu haben, verdeutlichen erneut den dringenden Reformbedarf. Es bedarf einer unabhängigen Untersuchung der Anschuldigungen. Neben der strukturellen Reform sollte eine Erweiterung von Kontroll- und Transparenzmechanismen erfolgen. Frontex sollte auch die Seenotrettung übernehmen, um endlich das grausame Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden. Hierbei handelt es sich um eine staatliche Aufgabe.
Parlamentarische Untersuchungen zu vergangenen Vorfällen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Im Jahr 2020 beschloss der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments, die Vorwürfe zu untersuchen, wonach Frontex möglicherweise an Pushbacks und Grundrechtsverletzungen durch Behörden der Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen beteiligt sei. Das Parlament nutzte sowohl Ex-ante- als auch Ex-post-Rechenschaftsinstrumente, indem es Fragen stellte, die mündlich und schriftlich beantwortet werden mussten. Es forderte den Frontex-Exekutivdirektor auf, vor dem LIBE-Ausschuss zu erscheinen, um die Fragen der Abgeordneten zu beantworten, und beschloss, die Entlastung der Frontex-Rechnungsführung für das Haushaltsjahr 2019 zu verschieben (die Entlastung wurde dann im Oktober 2021 erteilt). Im Januar 2021 beschloss der LIBE-Ausschuss, seine Maßnahmen zu verstärken, und richtete die Arbeitsgruppe Frontex Scrutiny Working Group (FSWG) ein, um alle Aspekte der Arbeitsweise der Agentur zu überwachen, einschließlich der Einhaltung der Grundrechte sowie der Transparenz und der Rechenschaftspflicht gegenüber dem Parlament. Die FSWG führte eine Untersuchung durch, sammelte Beweise und legte ihren Abschlussbericht im Juli 2021 vor. Während der Bericht "keine Beweise für die unmittelbare Durchführung von Pushbacks und/oder Kollektivausweisungen durch Frontex in den schwerwiegenden Vorfällen, die untersucht werden konnten" fand, stellte er "ernsthafte Mängel" fest.
Mit freundlichen Grüßen
Jan-Christoph Oetjen