Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Joachim N. •

Was unternehmen Sie als mein Bundestagsabgeordneter, damit Kinder zukünftig vor psychischem Missbrauch durch Eltern-Kind-Entfremdung besser geschützt sind?

Ich bin selbst von Eltern-Kind-Entfremdung betroffener Vater / Mutter. Der mehrfach ausgezeichnete Fernsehfilm „Weil Du mir gehörst“ hat auf sehr realistisch dargestellt, wie grausam psychischer Missbrauch durch Eltern-Kind-Entfremdung sein kann – grausam für die betroffenen Kinder, aber auch für entfremdete Elternteile wie mich. Bisher habe ich aber den Eindruck, dass die Politik sich der Problematik überhaupt nicht bewusst ist, obwohl es sich um Menschenrechtsverletzungen handelt, wie auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach bestätigte. Auch international hat man sich auf das Basis von mittlerweile über 1.300 Studien und Forschungsergebnissen schon in vielen Ländern darauf verständigt, entschieden gegen Eltern-Kind-Entfremdung vorzugehen und Kinder entsprechend zu schützen. In Deutschland wird solch missbrauchendes Verhalten viel zu häufig sogar noch bewusst oder unbewusst befördert wird. Was wird dagegen unternommen?

Ingrid Nestle sitzend vor einer grünen Hecke in einem orangefarbenen Blazer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr N.,

in familienrechtlichen Verfahren haben richterliche Entscheidungen erhebliche Auswirkungen auf das Leben von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Deshalb macht sich die Grüne Bundestagsfraktion schon lange dafür stark, die Qualitätssicherung in familienrechtlichen Verfahren zu gewährleisten. Das können Sie hier genauer nachlesen: Drucksache 19/8568 (bundestag.de)

Bei der Qualitätssicherung muss angesetzt werden, damit am Ende eines Verfahrens die bestmögliche Entscheidung für das Kind steht. Ein wichtiger Baustein dafür ist die Fortbildung von Richterinnen und Richtern.  Kein Mensch versteht, dass z. B. Fachanwältinnen und Fachanwälte, Fachärzte und Fachärztinnen selbstverständlich zur Fortbildung verpflichtet sind, nicht aber Richterinnen und Richter. Genau diese gesetzliche Verankerung eines Fortbildungsanspruches für Familienrichterinnen und Familienrichter wird diese Wahlperiode kommen. Wir werden in familiengerichtlichen Verfahren außerdem den Kinderschutz und das Prinzip der Mündlichkeit der Verhandlungen stärken.

Dass Kinder, Jugendliche und ihre Familien die Möglichkeit haben, sich mit Fragen, Verfahrensproblemen oder Beschwerden an Ombudsstellen wenden zu können, ist für uns Grüne besonders wichtig. Ombudsstellen klären unabhängig über rechtliche Sachlagen, Einzelansprüche und Optionen auf und haben gegenüber dem Jugendamt bzw. Jugendhilfeträger auch eine Vermittlungsfunktion. Sie können die Betroffenen in einem Gerichtsverfahren unterstützen und dabei helfen, strukturelle Machthierarchien und -asymmetrien auszugleichen.

Wie Sie natürlich selbst wissen, hat jeder einzelne Fall seine eigenen Herausforderungen. Eine davon kann der fehlende Kontakt zu einem Elternteil sein. Andere Herausforderungen können Kontakt trotz Gewalt in der Familie sein oder Alleinerziehende denen abgesprochen wird, sich ausreichend um ihre Kinder kümmern zu können. 

Es ist die Aufgabe von Politik die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass im Falle von hochkonflikthaften Sorge- und Umgangsstreitigkeiten am Ende die beste  Entscheidung für das Kind steht. Die Entscheidung liegt am Ende bei den Gerichten.

Mit freundlichem Gruß

Ingrid Nestle

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