Frage an Ingo Wellenreuther von Wolfgang J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Jäger,

vielen Dank für Ihre Frage, mit der Sie indirekt ein ganz gewichtiges Argument für den Erhalt der so genannten Wehrpflicht andeuten.

Denn zu Recht ermöglicht Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Art. 12 a Abs. 2 des Grundgesetzes jedem, in einer freien Entscheidung aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe zu verweigern und dafür einen Ersatzdienst zu leisten. Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht würden daher auch die Wehrersatzdienstleistenden wegfallen und damit eine Stütze in unserem sozialen Netz weg brechen. So sind z.B. tausende Zivildienstleistende in Krankenhäusern, Jugendhäusern, Altenheimen, im Rettungs- und Krankentransport oder in der Behindertenbetreuung tätig oder auch im Bereich des Umweltschutzes oder der Landwirtschaft.

Dies bedeutet eine Stärkung unserer sozialen Gesellschaft, ist aber auch eine Bereicherung für die persönliche Entwicklung junger Menschen. Ich selbst habe über Jahre hinweg beim Katastrophenschutz Dienst geleistet und habe dies als wichtige Erfahrung empfunden.

Es gibt aber auch noch weitere Argumente für die Wehrpflicht. Lassen Sie mich davon einige nennen:

- Die allgemeinen Wehrpflicht gewährleistet, junge, aktive und hochgebildete Menschen für die Streitkräfte zu rekrutieren und das gesamte Potenzial an Intelligenz, Fähigkeiten und beruflicher Ausbildung der jungen Bürger zu nutzen. In Frankreich, wo die Wehrpflicht vor einigen Jahren abgeschafft wurde, überlegt man derzeit, sie wieder einzuführen, weil eine Rekrutierung von geeigneten Kandidaten nicht mehr ausreichend gelingt.

- Die Wehrpflicht ist aus sicherheitspolitischen Gründen notwendig, da hieraus Reserven für mögliche Krisenfälle gebildet werden. Aus der Gruppe der jungen Männer, die Wehrdienst leisten, erwachsen die Reservisten, die für unsere Bundeswehr und deren Auslandseinsätze von sehr großer Wichtigkeit sind.

- Die Wehrpflichtigen haben große Bedeutung bei Katastropheneinsätzen im Inland und für die Sicherheit und Verteidigung unseres Landes.

- Eine Berufsarmee wäre deutliche kostenintensiver. Die Mehrkosten dafür werden auf 3 bis 7 Milliarden Euro geschätzt.

Ein Problem, das mit der allgemeinen Wehrpflicht einher geht, ist die Wehrgerechtigkeit. Auch wenn es niemals 100%-ige Wehrgerechtigkeit geben wird, so ist doch ständig darauf zu achten, dass diese in größtmöglichen Maße besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther MdB