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Ingo Wellenreuther
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Frage von Roland T. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Roland T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

ca. 6,5 Millionen Direktversicherte oder Betriebsrentner in Deutschland fühlen sich „erst angelockt und dann abgezockt“ wenn der bereits vor 2004 geschlossene Vertrag zur vermeintlich privaten Altersversorge ausgezahlt wird.
Denn dann müssen ca. 20% der selbst angesparten Auszahlungssumme an die GKV abgeführt werden.

Auch ich gehöre zu den Betroffenen und habe an Sie als gewählten Vertreter im Deutschen Bundestag Fragen:

1. Frage
Wie wollen Sie bzw. Ihre Partei diese Ungerechtigkeit in der privaten Altersvorsorge, in Form der doppelten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beseitigen?

2. Frage
Wie erklären Sie bzw. Ihre Partei den Betroffenen und gleichzeitigen Wählern den Eingriff in bestehende Verträge?
Der uralte Grundsatz (Pasta sund servanda) also das Prinzip der Vertragstreue im Recht ist einfach ausgehobelt worden

Derzeit verfügen die GKV über ein finanzielles Polster von ca. 30 Mrd. €.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausgleichszahlung durch den Bund an die GKV für die ALG II-Empfänger findet bisher nicht statt.

3. Frage
Wann wird die „Abzocke“ der Direktversicherten und Betriebsrentner endlich gestoppt und ein Lastenausgleich der betroffenen Bürger, einschliesslich derer die bereits zahlen oder schon bezahlt haben, vorgenommen?

Mit freundlichen Grüßen

R. T.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr T.,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Doppelverbeitragung von Direktversicherungen.

Ihren Ärger über die derzeit geltende Regelung und die entsprechende Mehrbelastung kann ich gut nachvollziehen. Nachdem es dieses Thema leider nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hat, habe ich mich bereits im April letzten Jahres in Berlin mit 42 Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zusammengetan. Gemeinsam haben wir einen Brief an den damaligen Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder verfasst und ihn auf das Problem aufmerksam gemacht: Es darf nicht sein, dass Beitragszahler in der Rente zu hoch belastet werden. Wir müssen dies gerade auch in den Fällen berücksichtigen, in dem durch eine private oder betriebliche Altersvorsorge darüber hinaus gezielte Vorkehrungen für eine gute Rente getroffen wurden.

Erlauben Sie mir, einzeln auf Ihre Fragen einzugehen, dabei aber auch die Komplexität der Sachlage zu verdeutlichen:

Zu 1.: Ein umsetzbarer Gegenvorschlag ist zwingende Voraussetzung für die Änderung der jetzigen Rechtslage. Die GKV nimmt jährlich rund 5,8 Mrd. Euro aus der Verbeitragung von Versorgungsbezügen der versicherungspflichtigen Mitglieder ein. Der größte Teil hiervon geht auf Beiträge für Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge zurück. Eine komplette Rückabwicklung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes von 2004 würde rund 40 Mrd. Euro kosten und hätte jährliche GKV Mindereinnahmen von knapp drei Mrd. Euro zur Folge. Diese Einnahmeausfälle wären durch andere Versicherte - und zwar auch von jenen mit gegebenenfalls geringeren Einnahmen - mit auszugleichen oder durch das Absenken des Leistungsvolumens zu kompensieren. Beides würde wiederum zu Belastungen anderer Versicherter führen. Auch hier bedeutet das, dass damit zwangsläufig auch die künftigen Generationen zusätzlich belastet würden - sie müssten nämlich diese Einnahmeausfälle tragen. Eine Halbierung der Beiträge auf Betriebsrenten würde daher für die Versichertengemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung jährlich allein rund 2,9 Mrd. Euro weniger Einnahmen bedeuten. Diese Mindereinnahmen hätten dann alle Versicherten zu verkraften, die dann entsprechende Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen zu tragen hätten. Deswegen haben wir gegenüber dem Bundesfinanzminister deutlich gemacht, dass die Einnahmeausfälle aus Steuermitteln ausgeglichen werden müssten.

Zu 2.: Obwohl ich Ihnen inhaltlich beipflichte, teile ich Ihre rechtliche Einschätzung nicht. So hat das Bundesverfassungsgericht die Anordnung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge als verfassungsgemäß bestätigt und festgehalten, dass die Maßnahme zur Deckung einer zunehmenden Finanzierungslücke erforderlich und für die betroffenen Rentner zumutbar war (grundlegend siehe BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06). Dies entspricht ebenfalls der Sicht des Bundessozialgerichts (siehe z.B. BSG, Urteil vom 10. 5. 2006 – B 12 KR 5/05 R).
Wenn wir nun über Recht und Gerechtigkeit diskutieren, müssen wir neben der nötigen Entlastung der Beitragszahler im Rentenalter auch die Frage der Generationengerechtigkeit gegenüber den jüngeren Beitragszahlern in den Blick nehmen: So steigt der Anteil von Rentnerinnen und Rentnern in der gesetzlichen Krankenversicherung stetig an - mit einem entsprechenden Anstieg an Leistungen der Krankenversicherten. Dadurch muss die jüngere Generation mehr zur Solidargemeinschaft beitragen als die vorherigen Jahrgänge. Momentan tragen Rentner selbst nur noch rund 40 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der GKV mit ihren Beiträgen, während es 1973 noch circa 73 Prozent waren. Das heißt im Umkehrschluss, dass der größte Teil der Versorgungskosten, also rund 60 Prozent, von der Solidargemeinschaft der Versicherten insgesamt getragen wird. Aus diesem Grund müssen wir die Gespräche darüber, wie eine Änderung so ausgestaltet werden könnte, dass die Belastungen für alle Betroffenen in der Versichertengemeinschaft verträglich ausgestaltet werden können, nun in aller Ruhe führen, um seriöse Lösungsmöglichkeiten zu finden und anschließend einen schlüssigen Vorschlag vorzulegen.

Zu 3.: Es ist vereinbart worden, dass über die Sommerpause Bundesminister Hubertus Heil und Bundesminister Jens Spahn mit Vertretern der Fraktionen eine Lösung finden. Diese Gespräche dauern weiter an. Klar ist für uns: Das Ziel ist, die Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge wieder zu erhöhen. Sollte daher nicht sehr schnell eine Einigung erzielt werden, werden wir in Kürze einen eigenen Vorschlag vorlegen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion arbeitet weiter intensiv und seriös an einer Lösung, die weder die Erwerbstätigen noch die Rentenbeitragszahler übermäßig beansprucht.

Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther

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