Frage an Ingo Wellenreuther von Markus P. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Wellenreuther,
in der letzten Zeit beobachte ich immer öfter, dass die Bundespolizei Personen mit eindeutig gefälschten Papieren ohne Aufenthaltserlaubnis und gültigen Asyldokumenten für andere Staaten nicht bei den Grenzkontrollen zurückweist sondern häufig nach Karlsruhe schickt.
Hier z.B. alleine drei Vorfälle der letzten Woche aus dem offiziellen Polizeiticker der Bundespolizei Weil am Rhein.
http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/116094/3715093
http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/116094/3709576
http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/116094/3714301
Als Karlsruher mache ich mir daher schon etwas Sorgen. Können Sie mir daher erklären, wieso in solch eindeutigen Fällen nicht sofort aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet werden?
Mit freundlichem Gruß
M. P.
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 24. August 2017. Ich kann Ihr Unverständnis darüber, dass von der Polizei in Südbaden aufgegriffene Ausländer, die durch Vorlegen eines falschen Ausweises über ihre Identität täuschen, in die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Karlsruhe gebracht werden, sehr gut nachvollziehen.
Tatsächlich ist es so, dass § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG vorsieht, dass ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. Soweit so gut.
§ 13 Abs. 1 AsylG regelt, dass ein Asylantrag dann vorliegt, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht. Da der Antrag mündlich vorgetragen werden kann, genügt es also, wenn der Ausländer "Asyl" sagt. So wohl geschehen in den Fällen, auf die die von Ihnen verlinkten polizeilichen Pressemitteilungen Bezug nehmen. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 AsylG hat ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Dies ist in den genannten Fällen nicht geschehen, sondern die Ausländer haben im Zug bzw. Reisebus ja bereits die deutsch-schweizerische Grenze überquert. Daher wird § 13 Abs. 3 Satz 2 AsylG relevant, in dem es heißt: "Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19)."
Letzteres ist wohl in den genannten Fällen geschehen. § 19 Abs. 1 AsylG lautet wie folgt: "Ein Ausländer, der bei einer Ausländerbehörde oder bei der Polizei eines Landes um Asyl nachsucht, ist in den Fällen des § 14 Abs. 1 unverzüglich an die zuständige oder, soweit diese nicht bekannt ist, an die nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zur Meldung weiterzuleiten."
Derzeit wird in Freiburg eine neue Landeserstaufnahmeeinrichtung aufgebaut, die ihren Betrieb voraussichtlich Ende dieses Jahres aufnehmen wird. Ab diesem Zeitpunkt wäre diese als nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung zuständig. Bis dies jedoch der Fall ist, wird weiterhin die LEA Karlsruhe die in Südbaden aufgegriffenen Ausländer entgegennehmen und deren Asylantrag bearbeiten. Darauf haben die Antragsteller einen Anspruch, auch wenn der Asylantrag dann im Verfahren wegen einer erfolgten Täuschung über die Identität als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
Fest steht, dass es weiterhin Verbesserungsbedarf gibt. Insbesondere streben wir schnellere und konsequente Abschiebungen von Personen an, welche offensichtlich kein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland haben. Daher besteht auch bei den Rücknahmen abgelehnter Asylbewerber durch deren Herkunftsländer weiterhin Verbesserungsbedarf. Es ist oft nicht leicht, dass Herkunftsstaaten abgelehnte Asylbewerber als ihre Staatsbürger anerkennen und bereit sind, diese zurückzunehmen. Gerade mit den Maghreb-Staaten sind an diesem Punkt aber bereits große Verbesserungen erreicht worden. Problematisch ist besonders, dass abgelehnte Asylbewerber oftmals vor allem wegen fehlender Dokumente ihrer Heimatländer nicht zurückgeschickt werden können. Wenn ein Flüchtling keine Papiere hat, werden Passersatzdokumente aus seiner Heimat angefordert. Dazu muss das Land den Betroffenen als seinen Staatsbürger anerkennen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther