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Ingo Wellenreuther
CDU
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Frage von Dirk-Christof S. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Dirk-Christof S. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

mich interessieren Ihre Antworten zu folgenden Fragen:

- Wie haben Sie sich bisher innerhalb der CDU zum Thema "Ehe für alle", also der Gleichstellung der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern zur heterosexuellen Ehe, positioniert und engagiert?
- Setzen Sie sich für eine völlige Gleichstellung beim Thema Ehe ein und wirken auf das CDU-Programm für die Bundestagswahl 2017?
- Wie sehen Sie die Entwicklung des Themas Gleichstellung bei der Ehe und Ihren Beitrag dazu in der nächsten Legislaturperiode? Werden Sie sich aktiv für ein Ende der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften einbringen, damit Deutschland auf denselben Stand wie andere EU-Länder kommt?
- Warum gibt es bei diesem Thema eigentlich keine Aufhebung des Fraktionszwangs im Bundestag?

Vielen Dank für Ihre Antworten im Voraus!

Mit besten Grüßen,
Dr. Dirk-Christof Stüdemann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dr. Stüdemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 23. Juni 2017.

Sicherlich haben Sie aufmerksam die Ereignisse in der vergangenen Woche verfolgt. Ich habe bei der Abstimmung am 30. Juni 2017 dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts nicht zugestimmt.

Menschen die sich lieben und Verantwortung füreinander übernehmen, die einander auf Dauer Stabilität und Halt geben, verdienen Respekt und Wertschätzung unabhängig davon, ob sie in einer gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft bzw. Ehe leben. Ihnen gebührt die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates. Deshalb halte ich die in den letzten Jahren vom Bundesverfassungsgericht entschiedene einfachgesetzliche Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen für angemessen und berechtigt.

Ausdruck dieses Verständnisses war und ist das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dessen Rechte und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich erweitert und an das Institut der Ehe angeglichen. Auch in dieser Legislaturperiode hat der Gesetzgeber diesen Weg weiter beschritten. Dementsprechend wurde zu Beginn der Legislaturperiode die sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetzlich geregelt, d.h. ein Lebenspartner kann seither das von seinem Partner adoptierte Kind als zweiter Elternteil adoptieren. Überdies hat der Bundestag das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner verabschiedet, mit dem Unterschiede in der Behandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft in zahlreichen Einzelgesetzen beseitigt wurden.

Somit unterscheiden sich Ehe und Lebenspartnerschaft heutzutage in der gesetzlichen Ausgestaltung praktisch nicht mehr. Das Zustandekommen der rechtlichen Bindung, der gemeinsame Name, die gegenseitigen Rechte und Pflichten, die gemeinsame Wohnung, das Erbrecht, der Unterhalt, Getrenntleben und Auflösung – in all diesen Fragen sind die rechtlichen Regelungen von Ehe und Lebenspartnerschaft aneinander angeglichen. Von einer rechtlichen Diskriminierung von Lebenspartnern kann man deshalb nach meiner Auffassung nicht mehr sprechen.

Ehe bezeichnet seit Jahrhunderten die auf Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau, Lebenspartnerschaft die Verbindung von zwei Personen gleichen Geschlechts. Das Verständnis von Ehe als der Gemeinschaft von Mann und Frau liegt unzweifelhaft unserer Verfassung zugrunde, welche Ehe und Familie in Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes unter den „besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“ stellt. Das Bundesverfassungsgericht urteilt dazu in ständiger Rechtsprechung, dass die Ehe im Sinne des Grundgesetzes „allein der Verbindung zwischen Mann und Frau“ vorbehalten ist (vgl. BVerfGE 105, 313, 345). Nach dem Bundesverfassungsgericht handelt es sich bei der Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner um ein wesentliches Strukturmerkmal des Ehebegriffs.

Die nun unter dem Stichwort "Ehe für alle" durchgesetzte Gesetzesänderung verstößt meiner Auffassung nach gegen unsere Verfassung. Deshalb habe ich gegen dieses Gesetz gestimmt.

Durch dieses Gesetz sehe ich Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung, wenn die Ehe für Paare gleichen Geschlechts geöffnet werden soll beziehungsweise die gleichgeschlechtliche Verpartnerung sich als Ehe bezeichnen will. Die zur Abstimmung vorgelegte einfachgesetzliche Regelung reicht dafür nicht aus.

Mit dieser Rechtsauffassung befinde ich mich auch in Übereinstimmung mit der juristischen Bewertung durch das Bundesjustizministerium, das auf die kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Bundestagsdrucksache 18/4724) am 8. Mai 2015 im Namen der Bundesregierung erklärt hat, dass eine Öffnung der Ehe für Paare gleichen Geschlechts eine Änderung des Grundgesetzes voraussetze.

Nach meiner Auffassung sollte es beim traditionellen Eheverständnis bleiben. Ich sehe darin keine Zurücksetzung oder Missachtung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Sie übernehmen genauso wie Ehepaare dauerhaft die Verantwortung für den Partner, schenken einander Fürsorge und Unterstützung und bereichern somit unsere Gesellschaft – ganz unabhängig von der Bezeichnung.

In Bezug auf Ihre Frage nach dem sogenannten Fraktionszwang möchte ich noch feststellen, dass es einen solchen nicht gibt. Insoweit ist eine Aufhebung desselben absurd. Nach Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes sind Abgeordnete an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das ist mein Maßstab, den ich seit 15 Jahren bei jeder einzelnen Abstimmung anwende.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther

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