Frage an Ingo Wellenreuther von Eike Z.
Sehr geehrter Herr Wellenreuther,
In der Abstimmung vom 25.02.2016, haben Sie gegen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gestimmt, die Neuzulassung von Glyphosat auf EU-Ebene zunächst nicht vorzunehmen, bis weitere Forschungsergebnisse vorliegen bzw. ausgewertet sind und damit die Risiken besser abgeschätzt werden können. Sie stimmten damit also dafür, Glyphosat erneut für 15 Jahre zuzulassen.
Im Zuge der Debatte um TTIP, CETA, TiSA und Co. wird immer wieder die Errungenschaft des europäischen Vorsorgeprinzips betont, lt. dem potenziell (gesundheits- und/oder umwelt-)gefährliche Substanzen vorsorglich nicht zugelassen werden können, auch wenn die Gefährdung noch nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte. Gerade Glyphosat wird von einer Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Im Hinblick auf Ihre ordentliche Mitgliedschaft im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz ist Ihr Votum in er o.g. Abstimmung dann doch etwas überraschend.
Könnten Sie bitte kurz darlegen, wieso Sie gegen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen gestimmt haben?
Besten Dank und viele Grüße,
(Herr) Eike Zimpelmann
Sehr geehrter Herr Zimpelmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Mai 2016.
Der Wirkstoff Glyphosat ist seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen und wird in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Das wohl bekannteste glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel ist "Roundup". In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.
Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die "Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)", einer Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten - auch innerhalb der WHO. Klar ist, die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, und ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht, wird keine Aussage getroffen. Beispielsweise sind in der gleichen Kategorie wie Glyphosat auch die Arbeit als Friseur, Schichtarbeit und Mate-Tee eingestuft. Alkohol und Sonnenlicht finden sich sogar in der höchsten Risikokategorie "krebserregend für den Menschen".
Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kommt bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Denn mit seiner Einschätzung befindet sich das BfR im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch alle Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie von bspw. Australien, USA und Brasilien die Bewertung des BfR.
Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln tritt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion für ein fakten- und wissenschaftsbasiertes Verfahren ein. Für ein Verbot von Glyphosat gibt es auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen sachlichen Grund. Deshalb befürwortet die Unionsfraktion eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen.
Selbstverständlich sind Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden und so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen.
Ohnehin weisen deutsche Lebensmittel seit Jahren sehr gute Ergebnisse bei der Überprüfung auf Pflanzenschutzmittelrückstände auf. Laut dem zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden bei über 98 Prozent der Lebensmittel keine bzw. nur minimale, also deutlich unter den strengen gesetzlichen Grenzwerten liegende, Pflanzenschutzmittelrückstände festgestellt.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist die maßvolle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entscheidend. Dies muss bei gleichzeitig hohem Schutzniveau für den Mensch, Natur und Umwelt geschehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther