Frage an Ingo Wellenreuther von Philip E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Wellenreuther,
sicher ist Ihnen bekannt, dass vom BMAS, sprich von Frau Nahles einen "Gesetzesentwurf z. Regelung v. Zeitarbeit und Werkverträgen vorbereitet". Zuerst hieß es noch aus der CDU, der Entwurf sei gestoppt, jetzt mehren sich Gerüchte, ein nur fast unveränderter Entwurf würde kommene Woche dem Bundeskabinett vorgelegt. Sie sind ja Mitglied des Rechtsausschusses, und dieser sollte u.a. einen dahingeschluderten Schnellschuss zur Änderg. unseres bewährten BGB, insbesondere die Schleifung des Dienstvertrages unter Vorwänden, nicht einfach so hinnehmen.
Ich bin IT-Freiberufler und der Markt ist derzeit _extrem_ verunsichert. Eine Reihe von Konzernen, darunter auch meine Kunden, haben große Ängste oder ganz aufgehört, Selbstständige zu beschäftigen- nur wegen der Rechtsunsicherheit. Es geht hier um die Existenz von zigtausenden gut bezahlten&versicherten Wissensarbeitern, von der der DGB behauptet, sie wäre nicht gemeint.
Meine Kollegen und ich haben Angst um unsere Existenz, wenn noch mehr Auftraggeber ein Moratorium für Beauftragungen Selbstständiger beschließen.
1. Bisher wurden, nur DGB und BDA gehört- aber nicht die Hauptbetroffenen- und dies sind Solo-Unternehmer, KMU, sowie auch deren Angestellte. Bitte helfen Sie mit, dies zu ändern.
2. Unabhängig von den Details des Gesetzesentwurfs führt m.E. kein Weg an Ausnahmekriterien vorbei. Insb. liegt, wenn Einkommen, KV/RV gewährl. sind, kein Grund mehr seitens des Gesetzgebers vor, derart massiv in Berufs- und Vertragsfreiheit einzugreifen, und Grundrechte (GG Art. 12, 2, 14) einzuschränken.
Kandidaten für Ausnahmekriterien sind:
- Einkommen über Rentenbemess.gr. bzw. übertarifl. Bezahlung (kein Missbrauch mehr!)
- Einzahlung in gesetzliche RV
- existierende gleichwertige Alterssicherung
- Existenzgründer
- eigene sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter
- über 45J. und längere Zeit selbstständig, weil mit dem Verlust des langjährigen Auftraggeber eine Festanstellung kaum möglich ist
Sehr geehrter Herr Erdös,
vielen Dank für Ihre Frage vom 14. Februar 2016, auf die ich gerne antworte.
Wir haben zwischen Union und SPD im Koalitionsvertrag die Zielsetzung verabredet, wirksame Regelungen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu treffen. Es ist unser gemeinsames Ziel, gute Arbeit für alle zu schaffen - das heißt sicher und gut bezahlt.
Für uns gehören Werkverträge zu einem selbstverständlichen Teil der Wirtschaft. Handwerker, Rechtsanwälte, Ärzte und jede Form von Dienstleistern betreiben seit Jahrhunderten ihre Tätigkeiten rechtlich als Werk- oder Dienstvertrag. Die Arbeitnehmer, die in einem Werkvertragsunternehmen arbeiten, befinden sich in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis mit allen Schutzmechanismen. Was wir in Unternehmen vereinzelt als Missbrauch beobachten, fußt nach unserer Ansicht in der Regel nicht auf mangelnde gesetzliche Regelungen, sondern auf Verstöße gegen vorhandene Gesetze und das muss geahndet werden.
Auf der anderen Seite ist die Frage, ob ein Werkvertrag vorliegt oder in Wirklichkeit ein Arbeitnehmer an den Werkbesteller überlassen wird, problematisch und in der Praxis nicht einfach zu beantworten. Ich denke, dass dies anhand bestimmter von der Rechtsprechung entwickelter Kriterien gut zu bewerten ist, gerade aufgrund der Vielzahl von Einzelfällen. Dafür sind die Instrumentarien vorhanden.
Richtig ist, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Ende vergangenen Jahres einen Entwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt hat, der weit über die Festlegungen im Koalitionsvertrag hinaus ging und daher für die Union nicht akzeptabel war.
Dieser Diskussionsentwurf wurde mittlerweile von der Bundesarbeitsministerin zurückgezogen und durch eine geänderte Fassung ersetzt, die erheblich stärker auf die Bedenken der Arbeitgeber eingeht als die heftig umstrittene Ursprungsfassung des Gesetzentwurfs.
Es ist positiv zu beurteilen, dass der völlig unpraktikable und schädliche Kriterienkatalog für Werkverträge weggefallen ist, denn dieser hätte viele übliche und unkritische Werkvertragskonstellationen erschwert oder verhindert und damit der Wirtschaft sehr geschadet, ohne Arbeitnehmern zu nutzen.
Ursprünglich sollte der nachgebesserte Gesetzentwurf bereits zur förmlichen Abstimmung an die anderen Ministerien verschickt werden. Dann hätte das Bundeskabinett ihn am 9. März beschließen können. Allerdings hat CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt deutlich gemacht, dass die CSU auch dem nachgebesserten Entwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles nicht zustimmen könne. Deshalb konnte die Ressortabstimmung noch nicht eingeleitet werden, also das übliche Verfahren der Abstimmung des Gesetzesentwurfs in der Bundesregierung.
Ein neuer Zeitplan ist mir noch nicht bekannt. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass wir uns im sich anschließenden parlamentarischen Verfahren sehr eng an die Verabredungen im Koalitionsvertrag halten, den Gesetzentwurf nochmals einer kritischen Überprüfung unterziehen und versuchen, weitere Verbesserungen zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther