Frage an Ingo Wellenreuther von Markus P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wellenreuther,
vor zwei Wochen hatte Ihre Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Frau Merkel folgende Aussage formuliert: "Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze; das gilt auch für die Flüchtlinge, die aus der Hölle eines Bürgerkriegs zu uns kommen“
http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/merkel-grundrecht-auf-asyl-kennt-keine-obergrenze-13797029.html
Da fehlt mir die Vorstellungskraft was auf uns zukommt. Denn die jetzige Situation ist doch schon diese:
* Aktive Schulen werden in Asylheime umgewandelt, z.B.
* Jahn-Realschule: http://www.westfalen-blatt.de/OWL/Lokales/Kreis-Minden-Luebbecke/Luebbecke/2118124-Fluchtlingsunterkunft-Nicht-rechtzeitig-informiert-Schulleiterin-erhebt-Vorwuerfe
* Landeswehrfeuerwehrschule in Bruchsal: http://www.welt.de/regionales/baden-wuerttemberg/article132122274/Feuerwehr-gibt-Fluechtlingen-Obdach.html
* Offiziersschule der Bundeswehr: http://augengeradeaus.net/2015/09/bundeswehr-oeffnet-offiziersschule-als-notunterkunft-fuer-fluechtlinge/
* Soldaten müssen aus der Kaserne in eine Zeltstadt ziehen, um Platz für Asylanten zu schaffen: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/asylbewerber-in-kaserne-soldaten-in-zelte/
Das sind nur ein paar Beispiel der letzten Wochen. Die vollständige Liste, auch z.B. von THW, Sporthallen, Altenheimen und Hotels würde den Rahmen hier sprengen.
Frau Merkel sagte zwar vor einer Woche: "Wir könnten das schaffen" (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/merkel-und-faymann-zur-fluechtlingskrise-a-1053051.html). Ich sehe aber meine Schmerzgrenze überschritten.
Daher meine Frage. Wann wird ein Schlußstrich gezogen und die vorhandene Situation erst einmal stabiliert?
Mit freundlichem Gruß
Markus Pietrek
Sehr geehrter Herr Pietrek,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Aus vielen weiteren Zuschriften und unzähligen Gesprächen weiß ich, dass dieses Thema die Bevölkerung bewegt. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nehmen wir die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst und haben gleich in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause sehr intensiv über die notwendigen Maßnahmen gesprochen, um der Situation wieder Herr zu werden und die Lage zu entschärfen.
Das daraufhin von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder vereinbarte, umfangreiche Maßnahmenpaket zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms, trägt eindeutig die Handschrift der Union. Wir konnten bei der im Eilverfahren von Bundestag und Bundesrat beschlossenen und am vergangenen Wochenende bereits in Kraft getretenen Reform des Asylrechts zahlreiche Forderungen umsetzen, die in den letzten Jahren immer wieder am Einspruch unserer Koalitionspartner oder am Widerstand der Grünen im Bundesrat gescheitert waren.
Das Gesetzespaket zum Asylrecht wird maßgeblich von dem Gedanken geprägt, dass wir genau unterscheiden zwischen denen, die unseres Schutzes bedürfen, und denen, die offensichtlich nicht schutzbedürftig sind. Letzteres gilt insbesondere für Staatsangehörige der westlichen Balkanstaaten, die im ersten Halbjahr beinahe die Hälfte aller Asylanträge stellten, deren Schutzquote jedoch gegen Null tendiert. Ab sofort wurden daher auch Albanien, Kosovo und Montenegro in den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen.
Aus meiner Sicht sind die Beschlüsse gut und berechtigt, hätten aber noch früher gefasst werden müssen. Insbesondere der lang anhaltende politische Widerstand gegen die Einstufung aller Westbalkanländer als sichere Herkunftsstaaten war absurd.
Im Hinblick auf die Tatsache, dass derzeit täglich bis zu 10.000 Menschen nach Deutschland kommen, können die beschlossenen Maßnahmen aber auch nur ein erster Schritt sein. Insofern bin ich der Auffassung, dass es zwar nicht möglich ist, einen "Schlussstrich zu ziehen" damit sich die vorhandene Situation erst einmal stabilisiert, sehe es aber als unbedingt erforderlich an, dass der Zustrom der Flüchtlinge nach Deutschland wirksam begrenzt wird und Asylbewerber ohne berechtigten Asylgrund nicht ins Land dürfen. Insofern erwarte ich ein klares Signal in Richtung Europa und die Herkunftsländer, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann und auch nicht aufnehmen wird.
Zu den weiteren erforderlichen Maßnahmen zählen für mich eine wirksame Sicherung der Außengrenzen, die strikte Anwendung des Dublin-Verfahrens und eine offene Diskussion darüber, wie das so genannte Flughafenverfahren zum Umgang mit Flüchtlingen auch an den Landesgrenzen angewendet werden kann. Wir müssen direkt an den Grenzen Schutzbedürftige von denen trennen, die keine Aussicht auf Asyl haben. Unser Land und unsere Gesellschaft werden einen Ansturm in dieser Dimension auf Dauer sonst nicht verkraften.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther