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Ingo Wellenreuther
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Frage von Horst D. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Horst D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

in Erwartung Ihrer Antwort auf meine Frage vom 12.09.2011 zum Thema ESM-Vertrag, Art. 9, habe ich Ihre Antwort an Herrn Dr. Herzlieb zum Thema Artikel 146 GG mit Interesse gelesen.

Da ich kein Jurist bin, würde ich die Gründe für die unterschiedlichen Betrachtungen bzw. Auslegungen des § 146 GG und der Begriffe "Grundgesetz / Verfassung " ebenfalls gerne verstehen.

Erlauben Sie deshalb bitte folgende ergänzende Anmerkung/Frage:

Im Artikel 146 GG wird klar unterschieden zwischen den Begriffen "Grundgesetz" und "Verfassung", mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das Grundgesetz an dem Tage seine Gültigkeit verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Ich verstehe dies so, dass sich die Verfasser dieses Artikels - wegen der grundsätzlichen staatsrechtlichen Bedeutung - über die begrifflichen Unterschiede sehr wohl im klaren waren und diese Unterscheidung deshalb auch bewußt vorgenommen haben.

Auch der weitergehende Text, dass eine Verfassung vom deutschen Volk in freier Entscheidung zu beschliessen ist, ist sicherlich nicht zufällig, sondern könnte evtl. dem Umstand geschuldet sein, dass das Grundgesetz eben nicht vom Volk, sondern vom Parlamentarischen Rat beschlossen und von den damaligen Volksvertretern und den im späteren Einigungsvertrag genannten Beitrittsländern lediglich angenommen bzw. übernommen wurde.

Der Text unter dem Link: www.bpb.de mag den historischen Ablauf erklären, nicht jedoch die grundsätzlichen Fragen zur Auslegung des § 146 GG..

Sofern Ihre Darstellung zutreffend ist, hätte man ja auf den Artikel 146 GG verzichten können. Genau dies ist aber nicht geschehen.

Meine Frage:

Wenn das Grundgesetz mit einer Verfassung gleichzusetzen ist, warum wurde der Artikel 146 GG in der überarbeiteten, aktuellen Form beibehalten und nicht gestrichen?

Für die Beantwortung bedanke ich mich im voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Horst Dormann

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Sehr geehrter Herr Dormann,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, auf die ich Ihnen gerne antworte, wobei ich mich bemühe möchte, mich möglichst verständlich auszudrücken.

Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland hat den Namen "Grundgesetz". Art. 146 GG hat wie gesagt rein klarstellende Bedeutung, indem es die Selbstverständlichkeit normiert, dass das Grundgesetz durch eine andere(!) Verfassung abgelöst werden könnte, die von dem deutschen Volk beschlossen würde.

Nach den Erläuterungen zum "Einigungsvertragsgesetz" sollte die Neufassung von Art. 146 GG die Verwirklichung der deutschen Einheit unter Fortbestand des Grundgesetzes als rechtliche Grundordnung für das gesamte Deutsche Volk dokumentieren.

Die demokratische Legitimation des Grundgesetzes beschreibt ausführlich zum Beispiel der Kommentar zum Grundgesetz von Maunz/Dürig in den Randnummern 10 ff. zu Art. 146. Dort heißt es unter anderem: "Das Deutsche Volk in den alten (westlichen) Bundesländern hat mit dem Erlass des Grundgesetzes zum 23.5.1949 sein Selbstbestimmungsrecht und seine entsprechende Verfassungssouveränität ausgeübt. Das Deutsche Volk in der früheren DDR bzw. in den neuen (östlichen) Bundesländern hat seine Volks- und Verfassungssouveränität über den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 S. 2 a. F. [.] ausgeübt." Art. 23 GG alte Fassung hatte folgenden Wortlaut: "Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In den anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen."

Im Übrigen: Die Rechtsgültigkeit des Grundgesetzes als Verfassung belegt auch eindeutig die Tatsache, dass es das Bundesverfassungsgericht seiner Rechtsprechung zu Grunde legt.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther MdB

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