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Ingo Wellenreuther
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Frage von Thomas M. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Thomas M. bezüglich Finanzen

Warum soll die BRD jetzt für die griechische Misswirtschaft der letzten Jahre bluten? Die Griechen haben sich durch Betrug den Euro erschlichen und lassen sich die Folgen der gefälschten Zahlen nun von uns bezahlen. Ich denke, es ist ein falsches Signal, dieses Land zu belohnen. Einfacher wäre es, die Drachme wieder einzuführen und den Staatsbankrott einzuleiten. Wie sehen Sie das?

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Sehr geehrter Herr Meinhof,

vielen Dank für Ihre Frage. Es stimmt, dass die griechische Regierung die Europäische Union und die Euro-Gruppe über ihre wahre Haushaltslage ihres Landes getäuscht hat. Es war demnach im nachhinein falsch, dass die EU-Kommission und auch Deutschland 2001 noch unter der Rot/Grünen Regierung Griechenland in die Währungsunion aufgenommen und somit den Stabilitätspakt aufgeweicht hat.

Die Bundesregierung hat die Kredithilfe aber nicht beschlossen, um Griechenland zu belohnen, sondern aus wohlverstandenen eigenem nationalen Interessen, nämlich um den Fortbestand der gesamten Währungsunion und die Stabilität unserer Währung nicht zu gefährden, von der wir als Exportland auch am meisten profitieren.

Nur um einige Beispiele für die Rolle Griechenlands für Deutschland zu nennen: Im Jahre 2008 hat Deutschland Waren und Dienstleistungen im Wert von 8,3 Milliarden Euro nach Griechenland exportiert. Von diesen Exporten hängen wiederum wichtige Arbeitsplätze in Deutschland ab. Über 180 deutsche Unternehmen sind in Griechenland engagiert; die deutschen Versicherungen sowie Renten- und Pensionsfonds haben griechische Staatsanleihen gekauft (insgesamt 46,2 Mrd. Euro), die bislang immer als sicher und seriös galten. Es existieren demnach weitreichende wirtschaftliche Verflechtungen mit Griechenland, ein Staatsbankrott Griechenlands hätte folglich enorme negative Folgen auch für Deutschland. Deshalb hat das beschlossene Hilfspaket von europäischer Union und Internationalen Währungsfonds das Ziel, über die Abwendung einer drohenden Zahlungsfähigkeit Griechenlands und die Vermeidung von Ansteckungseffekten auf andere Eurozonen-Länder die Finanzstabilitäten in der Eurozone insgesamt zu sichern.

Dazu wird nun die Europäische Union 60 Mrd. Finanzmittel zur Verfügung stellen. Darüber hinaus und ergänzend zu diesen Mitteln haben sich die Mitgliedsstaaten des Euro Währungsgebietes bereit erklärt, eine Zweckgesellschaft zu gründen, für die die teilnehmenden Mitgliedsstaaten anteilig bis zu 440 Milliarden bürgen. Die Zweckgesellschaft kann 3 Jahre lang Kredite vergeben.

Der auf Deutschland entfallene Teil an der Bürgschafts- und Garantiesumme soll sich bis auf 123 Mrd. belaufen, der im äußersten Notfall durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages um 20 Prozent erhöht werden kann. Darüber hinaus beteiligt sich der Internationale Währungsfonds mit ca. 220 Mrd. Euro. Die Bundesregierung hat sich aber für folgenden Auszahlungsmechanismus stark gemacht: Vor der Gewährung konkreter Hilfen müssen die Euro-Staaten einstimmig zustimmen und die Auszahlung erfolgt nur dann, wenn das betreffende Land die Wirtschaftsstruktur- und haushaltspolitischen Auflagen erfüllt. Die EU Kommission wird dies in Abstimmung mit der europäischen Zentralbank und dem IWF sorgfältig überprüfen. Nun müssen aber aus der Krise auch Lehren gezogen werden: Die BaFin hat bereits hoch spekulative Wetten von Investoren (Leerverkäufe) auf fallende Kurse verboten, ebenso wie ungedeckte Kreditversicherungen auf solche Staatsanleihen. Darüber hinaus müssen weitere strengere Regeln für den weltweiten Finanzmarkt eingeführt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther, MdB

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