Frage an Ingo Wellenreuther von Wolfgang O. bezüglich Verbraucherschutz
Lobbyisten im Bundestag
Sehr geehrter Hr. Wellenreuther,
in einem Bericht des WDR (vermutl.) bereits aus dem Jahre 2006 wird ein erschreckendes Bild über die Einflussnahme der Industrie auf die Arbeit der MdBs gezeichnet. Dort wird geschildert, dass von der Industrie bezahlte Mitarbeiter auf Gesetze entscheidenden Einfluss nehmen. M.E. geht das weit über die durchaus notwendige kompetente Beratung hinaus.
Sind Ihnen solche Fälle bekannt und ist das für Sie ein Thema das sie die nächsten vier Jahre bearbeiten werden?
Mit freundlichen Grüßen
W. Oesterle-Imbery
Sehr geehrter Herr Oesterle-Imbery,
vielen Dank für Ihre Frage.
Bereits im Frühjahr 2008 wurde das Thema des Einflusses von externen Mitarbeitern auf die Arbeit der Bundesministerien behandelt, als ein - auf Grundlage von § 88 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung erstellter - Bericht des Bundesrechnungshofs über die Mitarbeit von Beschäftigten aus Verbänden und Unternehmen in obersten Bundesbehörden veröffentlicht worden.
In diesem Zusammenhang hatte ich betont, dass klare Grenzen für den Einsatz Externer gezogen werden müssten, denn Zweifel an der staatlichen Neutralität in diesem Zusammenhang halte ich nicht für akzeptabel. Einsätze in Bereichen mit dem Risiko von Interessenkonflikten sowie materielle und fachliche Abhängigkeiten müssen ausgeschlossen sein und umfassende Transparenz geschaffen werden.
Zu prüfen war damals allerdings, ob man mit einem völligen Verbot der Beschäftigung Externer in den Ministerien nicht über das Ziel hinaus geschossen hätte. Denn auf der einen Seite kann der Personalaustausch mit Wirtschaftsunternehmen und Verbänden in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein, um den Beschäftigten Einblicke in die Entscheidungsabläufe der jeweils anderen Stelle zu vermitteln und so ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Wirtschaft, Verbände und Verwaltung sollen und können so voneinander lernen - im positiven Sinne. Hinzu kommt, dass manchmal temporär externer Sachverstand für spezifische Bereiche erforderlich sein kann. Diese Möglichkeit ist vor allem in Bereichen mit besonders spezifischen technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung.
Dementsprechend hatte der unabhängige Bundesrechnungshof in dem genannten Bericht als Konsequenz seiner Erkenntnisse auch nicht ein vollständiges Verbot der Beschäftigung Externer empfohlen. Der Bundesrechnungshof zählte in seinen Empfehlungen vielmehr - meines Erachtens - mehrere geeignete und angemessene Maßnahmen auf. Dazu gehörten insbesondere:
- Bestimmte, maßgebliche Funktionen sollten für die Externen tabu sein. Dazu gehören: die federführende Formulierung von Gesetzesentwürfen und anderen Rechtsetzungsakten, Funktionen in Leitungs- und Kontrollbereichen, die Aufsicht über die entsendenden Stelle, die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie Funktionen, die konkrete Geschäftsinteressen der entsenden.
- Die Dauer der Beschäftigung muss grundsätzlich begrenzt sein.
- Es muss ausdrücklich festgelegt werden, dass Personalmangel kein Grund für die Beschäftigung von Externen ist.
- Zur Erhöhung der Transparenz muss der Status der externen Beschäftigten verdeutlicht werden. Dazu gehört auch die jährliche Berichtspflicht über die Beschäftigung Externer.
Ich habe es daher sehr unterstützt, klare eindeutige Verbotsbereiche und umfassende Transparenz bei der Mitarbeit von Externen in den Bundesbehörden zu schaffen. Der Haushaltausschuss des Deutschen Bundestages hatte dann auch am 4. Juni 2008 dies mit großer Mehrheit beschlossen. Die bisherige auch vom Bundesrechnungshof und der Union in der Vergangenheit mehrfach gerügte Verwaltungspraxis in den Ministerien wurde damit beendet.
Im Einzelnen erwartete der Haushaltsausschuss von der Bundesregierung damit, dass klare Verbotsbereiche des Einsatzes externer Personen definiert werden, z.B. kein Einsatz in Leitungs- oder Kontrollbereichen sowie in sensiblen Bereichen, wie der öffentlichen Auftragsvergabe. Ferner soll ein Einsatzverbot von externen Personen gelten, wenn zu deren Unternehmen in den letzten zwei Jahren Geschäftsbeziehungen unterhalten wurden.
Zur Schaffung umfassender Transparenz dient u. a. die Kenntlichmachung der externen Personen bei allen innerdienstlichen und außerbehördlichen Kontakten, damit der Anschein von Interessenkollisionen von vornherein ausgeschlossen wird. Ferner soll künftig dem Haushaltsausschuss halbjährlich über die Beschäftigung von externen Personen umfassend berichtet werden. Auch die Veröffentlichung der Angaben auf den Behördeninternetseiten wird angeregt.
Diese Forderungen der Unionsfraktion mündeten in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung vom 17. Juli 2008. Damit wurden grundsätzliche Bedenken vieler Abgeordneter in der CDU/CSU-Fraktion aufgegriffen, auch von mir. Bereits in der Vergangenheit ist das Thema mehrfach in den parlamentarischen Gremien erörtert worden. Dabei bestand in der Unionsfraktion immer weitgehend Einigkeit, klare Grenzen für den Einsatz Externer zu ziehen. Keine Frage: Einsätze von Externen, die Zweifel an der staatlichen Neutralität aufkommen lassen, sind nicht akzeptabel. Einsätze in Bereichen mit dem Risiko von Interessenkonflikten sowie materielle und fachliche Abhängigkeiten müssen ausgeschlossen sein und umfassende Transparenz geschaffen werden.
Das eigentlich zentrale Anliegen vieler, nämlich transparente Wege zu externem Sachverstand und die Offenlegung der Informationen über die Beschäftigung Externer in den Ministerien, lässt sich über klare, einheitliche und verbindliche Regelungen zum Einsatz von Personen aus Wirtschaftsunternehmen und Verbänden erreichen, wie sie beschlossen und durchgesetzt wurden. Es bleibt Aufgabe des Bundestags, diesen Bereich auch zukünftig im Auge zu behalten.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther MdB