Frage an Ingo Schmitt von Christoph R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schmitt
Ich würde gerne wissen, wie Sie sich als CDU- Mitglied zu den Ereignissen vom 19.09 und 20.09 in Köln positionieren. Schließlich wurden sowohl Verfassung als auch Grundrechte im Vorfeld und während der Demonstrationen mit Füßen getreten, bzw. sogar außer Kraft gesetzt.
Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind wohl obsolet geworden? Ich distanziere mich ganz klar vom Rechtsextremismus, aber was hier geschehen ist, ist eine Mobilisierung, eine Hetzjagd. Dass Ihre Partei, allen voran Fritz Schramma, demokratiefeindliche Machenschaften und Taten unterstützt sogar herbeiruft und provoziert, hätte ich mir nie im Leben träumen lassen.
Die Polizei schützt nicht ihre Bürger, das Vermummungsverbot wird nicht einmal am Vorabend, als es noch keine direkten Ausschreitungen gab, strafrechtlich verfolgt. Sie knickt ein vor Steinewerfern und verbietet letztlich die Versammlung einer rechten Minderheit, die nun wirklich keinen großen Zulauf hatte (was sich aber ändern wird, wenn Sie als CDU nichts gegen diese demokratiefeindliche Stimmung in Ihren eigenen Reihen unternehmen werden).
Die Presse bejubelt, dass das "braune Pack" aus der Stadt gejagt wurde und bedient sich eines Vokabulars was nur in der Reichpropaganda seines gleichen finden würde.
Das ihr Parteifreund Fritz Schramma, Parteifreunden mit Ausschluss gedroht hat, falls sie an dem Kongress teilnehmen, und sei es nur um ihre Gegner zu beobachten, hat solche diktatorischen Züge das jeder gesetzestreue Bürger nicht mehr weiß, an wenn er sich nun wenden soll.
In welchem Staat lebe ich eigentlich? Hat die CDU genauso wie Fritz Schramma die Demokratie abgelegt und springen sie jetzt auf den Zug der Ochlokratie auf?
Ich würde wirklich gerne ernsthaft wissen, wie Sie sich zu diesem Sachverhalt positionieren?
Ganz herzlichen Dank
Christoph Ritter
Sehr geehrter Herr Ritter,
für Ihre Nachricht vom 23. September 2008 bedanke ich mich und nehme hierzu Stellung wie folgt.
Zunächst kann ich Ihnen versichern, dass nach Artikel 8 unseres Grundgesetzes selbstverständlich nach wie vor alle Deutschen das Recht haben, sich friedlich zu versammeln. Genau in dem letzten Halbsatz lag jedoch das Problem bei den von Ihnen angesprochenen Vorgängen in Köln.
Zwar fehlt mir als Berliner Bundestagsabgeordneter ein wenig die Nähe zu den Ereignissen. Jedoch ist auch aus der Distanz deutlich geworden, dass sich anlässlich der Kundgebung des Vereins Bürgerbewegung pro Köln e.V. massiver Gegenprotest formiert hatte. Da trotz aller Bemühungen um Deeskalation mit gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen war, standen die Sicherheitskräfte vor einem wahrhaftigen Dilemma. Sie hatten einerseits das Grundrecht der Versammlungsfreiheit zu schützen, andererseits die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, also nicht zuletzt Gefahren für Leib und Leben einzelner Demonstranten abzuwehren.
Selbstverständlich versuchen besonnene Beamte in derartigen Fällen zunächst immer, die angemeldete Versammlung - eventuell mit Einschränkungen - zu ermöglichen. Hierzu sind sie bereits aufgrund des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwertes dieses Grundrechts verpflichtet. Erst wenn tatsächlich keine andere Möglichkeit mehr besteht, um einen reibungslosen Ablauf zu sichern, greifen die Einsatzkräfte zu dem letzten Mittel des Verbotes. Und nach den Schilderungen, die ich bisher gehört und gelesen habe, bin ich in dem hier vorliegenden Fall davon überzeugt, dass sich die Polizisten vor Ort die Entscheidung keinesfalls leicht gemacht, sondern ihren Ermessensspielraum in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt haben. In der dortigen Situation war wohl keine andere Maßnahme zu rechtfertigen.
Gleichwohl gebe ich Ihnen Recht, dass es immer ausgesprochen bedauerlich ist, wenn eine Versammlung verboten werden muss, weil Menschen dadurch an der Ausübung ihrer Meinungsfreiheit gehindert werden. Allerdings haben auch diejenigen, die eine Kundgebung anmelden, die Verpflichtung, ihrerseits zu einem geordneten Verlauf beizutragen. Hierzu gehört unter anderem, sich von links- wie rechtsextremen Gruppierungen gleichermaßen zu distanzieren. Duldet man derartige Kräfte in seinen Reihen, wird es schwierig, eine seriöse Demonstration durchzuführen.
Abschließend weise ich Ihre völlig überzogenen Anwürfe gegen Fritz Schramma mit allem Nachdruck zurück. Ihre Kritik entbehrt jeder Sachlichkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Schmitt, MdB