Frage an Ingo Schmitt von Ingo B. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Abgeordneter;
in Ihrem Profil als MdB geben Sie an, dass Sie sich um Fragen der WEU kümmern.
Ausgehend vom deutsch-franzöischen Gipfel im Jahre 1998 übernahm die EU zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Rolle einer militärischen Macht. Ausgehend von den 1999 in Köln und Helsinki getroffenen Ratsentscheidungen begann die EU mit der Aufstellung eigener Fähigkeiten zur Krisenbewältigung. Als Folge der 2000 in Nizza getroffenen Vereinbarungen wurden innerhalb der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU die notwendigen Beratungs- und Entscheidungsgremien geschaffen. 2001 erklärte sich die EU in Laeken beschränkt für Kriseneinsätze einsatzbereit. Die EU wird künftig eine wichtige internationale Rolle bei der Krisenbewältigung spielen, wenn die neuen Strukturen ihre volle Einsatzbereitschaft erreicht haben.
Diese Veränderungen auf EU-Ebene haben die bisher wichtige Rolle der WEU in operativen Angelegenheiten weitgehend obsolet werden lassen. Ihr Platz in der europäischen Sicherheitsarchitektur muss nach der Übernahme der Krisenbewältigung durch die EU neu definiert werden.
Frage:
1. Welche Rolle haben Sie dabei übernommen bzw. welche Vorschläge haben Sie gemacht ?
2. Welche künftige Rolle und Aufgaben sehen Sie für die WEU in operativen Angelegenheiten und worin besteht überhaupt die Notwendigkeit, dass der Deutsche Bundestag hierzu einen eigenen Ausschuss unterhält ?
3. Warum tagt die WEU nie in Berlin - Sie sind doch immerhin Landesvorsitzender der CDU ?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ingo Becker
Sehr geehrter Herr Becker,
für Ihre weitere Frage vom 12. September 2008 bedanke ich mich und nehme hierzu Stellung wie folgt.
1. Zunächst darf ich darauf hinweisen, dass ich dem Deutschen Bundestag und damit der Europäischen Versammlung für Sicherheit und Verteidigung / Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) erst seit dem Jahre 2005 angehöre. Unabhängig von der Mitgliedschaft in diesem Gremium habe ich mich jedoch sowohl als Europaabgeordneter als auch hier im nationalen Parlament immer für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union eingesetzt. Ich teile Ihre Auffassung, dass den Europäern künftig noch mehr Verantwortung bei der Krisenbewältigung zukommen wird. Diese Aufgabe kann allerdings nur wahrgenommen werden, wenn die Mitgliedstaaten endlich auch ihre Positionen auf eine gemeinsame Linie abstimmen. Allzu oft hat uns in der Vergangenheit unsere eigene Vielstimmigkeit im Wege gestanden.
2. Zielsetzung der WEU ist die enge Kooperation der europäischen Staaten in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Daher ist sie auf dem Weg hin zu der bereits skizzierten gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ein unverzichtbares Instrument, um sich in regelmäßigen Abständen auf Arbeitsebene über aktuelle Fragen und anstehende Entscheidungen auszutauschen, ohne hierfür einen aufwendiges und überdimensioniertes Gipfeltreffen organisieren zu müssen.
Daneben stellt die WEU mit ihren 230 Abgeordneten aus den Mitgliedsländern sowie den Parlamentariern aus insgesamt 28 Staaten mit Assoziierten- oder Beobachterstatus eine zusätzliche Form der parlamentarischen Kontrolle dar.
Hinsichtlich des letzten Teils Ihrer Frage ist mir bisher nicht bekannt, dass der Deutsche Bundestag zur WEU einen eigenen Ausschuss unterhält. Aber bitte korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre oder Ihre Frage an diesem Punkt missverstanden habe.
3. Die Frage des Tagungsortes - Paris - ist zum einen durch die Gründungsurkunde, den Brüsseler Vertrag von 1954, und zum anderen durch die Geschäftsordnung der WEU geklärt. Abweichend von dieser Regel besteht jedoch auch die Möglichkeit, von Fall zu Fall in einem der Mitgliedsländer zusammenzukommen. So ist die Versammlung in der Vergangenheit auch schon in Berlin zusammengetreten.
Abschließend halte ich es jedoch - bei allem gutgemeinten und richtigen Patriotismus - für unangebracht, wenn die einzelnen Nationalstaaten die WEU auf die Befriedigung ihrer jeweiligen Eitelkeiten reduzieren.
Ich hoffe, Ihnen mit vorstehenden Erläuterungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Schmitt, MdB