Frage an Ingo Schmitt von Finn G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schmitt,
mit großer Besorgnis registriere ich den neuen Vorstoß der großen Koalition in Sachen Verschärfung des Waffenrechts. Meiner Meinung nach wird der Fall Winnenden dazu missbraucht, um durch Symbolpolitik Wahlkampf zu betreiben.
Entgegen von Expertenmeinung und der Ansicht der Polizei sollen Cowboy-und-Indianerspiele wie "Paintball" oder "Laserdome" verboten werden. Als Begründung wird hier einerseits die sog. "Tötungssimulation" herangeführt. Ein durchaus ungültiges Argument, da man im gleichen Zuge u.a. auch die Sportart Fechten (Florett) verbieten müsste, da hier (im Gegensatz zu "Paintball") das Treffen bzw. "Verletzen" von vitalen Körperzonen Kerninhalt und Spielziel ist - oder aber die Räuber-und-Gendarm-Spiele (mit Erbsen- oder Wasserpistolen) aus der Kindheit. Selbst Spiele wie "Völkerball", wo "Ausschalten" des Gegners Spielziel ist, könnte man mit dieser Begründung untersagen.
Wollen wir das?
Ferner wird das Argument der "Sittenwidrigkeit" zitiert, welches aber durch die freiwillige Teilnahme und die Gleichstellung aller Teilnehmer ad absurdum geführt wird - ein Allgemeinplatz, der durch das Vorhandensein zahlreicher (inter-)nationaler "Paintball"-Turnierveranstaltungen und einer 1. und 2. Bundesliga gar einen gewissen Zynismus beherbergt.
Jugendschutz kann es nicht sein: Teilnahme und der Erwerb der benötigten Paintballausrüstung oder das Spiel im "Laserdome" sind erst ab 18 möglich.
Hinzu kommt die in der Verhältnismäßigkeit höchst fragwürdige Aushebelung des Schutzes der Wohnung, indem unangemeldete Kontrollen bei Sportschützen durchgeführt werden sollen.
Meiner Meinung nach sind die Vorstöße unverhältnismäßig und unangemessen, um Tragödien wie die von Winnenden zu verhindern - insbesondere, da die Täter weder besagte Spiele spielten, und die unsachgemäße Aufbewahrung der Tatwaffe bereits nach geltendem Recht strafbar war.
Als Wähler Ihres Wahlkreises erhoffe ich mir eine Stellungnahme Ihrerseits.
Hochachtungsvoll,
Finn Geldermann
Sehr geehrter Herr Geldermann,
für Ihr Schreiben vom 13. Mai 2009 bedanke ich mich und nehme hierzu wie folgt Stellung:
Am 27. Mai 2009 hat der Bundestag einzelne Änderungen des Waffenrechts beschlossen. Angestoßen durch die bestürzenden Ereignisse von Winnenden im März 2009 hatten die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD in einem Brief an die Familien der Opfer zugesagt zu prüfen, durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen die Sicherheit im Zusammenhang mit legalen Schusswaffen zu erhöhen sei. Hierbei war den nachvollziehbaren Forderungen der Angehörigen der Winnenden-Opfer Rechnung zu tragen. Gleichzeitig war es aber auch wichtig, Jäger und Schützen, deren weit überwiegende Mehrheit einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Waffen pflegt, nicht unter einen Generalverdacht zu stellen und unangemessenen Belastungen oder Beschränkungen auszusetzen.
Vor dem Hintergrund, eine praxistaugliche Lösung herbeizuführen, denke ich, dass durch den erschwerten Zugang Unbefugter zu Schusswaffen sowie durch verbesserte Kontrollmöglichkeiten, bei gleichzeitiger Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Rechte von Schützen und Jägern, künftig mehr Sicherheiten geschaffen werden können. Auch Schützen und Jäger sollten ein Interesse daran haben, dass Maßnahmen dafür ergriffen werden, dass Vorschriften eingehalten werden und "schwarzen Schafen" entgegengewirkt wird. Eine absolute Sicherheit vor Amokläufen gibt es dadurch natürlich nicht.
Zu Ihren Ausführungen, dass künftig unangemeldete Kontrollen bei Sportschützen durchgeführt werden, folgendes: Auf der Grundlage der Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Kontrolle hat der Waffenbesitzer in Zukunft die Überprüfung der Einhaltung der Aufbewahrungsvorschriften - also beispielsweise das Vorhandensein eines Waffenschranks - zu gestatten. Es gilt jedoch nach wie vor der Grundsatz, dass gegen den Willen des Waffenbesitzers die Wohnung nur bei dringender Gefahr betreten werden darf. Nur wenn er wiederholt die Nachschau verweigert, kann die Behörde wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers ein Verfahren zum Widerruf der Waffenerlaubnis betreiben.
Neben diesen Regelungen war zudem ein Verbot so genannter Kampfspiele im Gespräch. Die Koalition hat sich jedoch gegen ein Verbot dieser Spiele wie z.B. die von Ihnen genannten Laserdrome oder Paintball ausgesprochen. Im Ergebnis ist Ihrem Hauptanliegen gefolgt worden. Ich denke, dass die neuen Regelungen einen tragfähigen Ausgleich zwischen dem Sicherheitsinteresse des Staates und der Allgemeinheit einerseits und den Bedürfnissen der Waffenbesitzer andererseits bilden. Mir ist aber auch bewusst, dass Vorkommnisse, wie das in Winnenden, auch durch noch so perfekte Gesetze nicht völlig ausgeschlossen werden können.
Ich hoffe, Ihnen mit vorstehenden Erläuterungen weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ingo Schmitt, MdB