Frage an Ingbert Liebing von Günter T. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Liebing
Bezug: Artikel SHZ 23.01
http://www.shz.de/lokales/husumer-nachrichten/vertrauensschutz-ist-das-nicht-id5506196.html
Sie wollen, dass für die Windkraft
"bundesweit die guten Standorte auch künftig wirtschaftlich genutzt werden können"
aber auf dem schönen Sylt stehen keine.
Es wäre genug Luft im System Sylt. Z.Z werden viele bisher weitgehend unberührte Natur- und Kulturlandschaften in SH industrialisiert.
1. Warum setzen Sie sich nicht dafür ein, dass für die WK gute und wirtschaftliche Standorte auf Sylt erschlossen werden, die laut dem Titelbild ein „windstarkes“ Prädikat für das übrige NF ist?
2.Wäre es nicht einen Versuch wert die Landesplanung, die Rahmen des LEP hunderfach die SH Dörfer bedient hat, landschaftsverträgliche und TA-Lärm konforme Sylter Standorte suchen zu lassen? Es wäre ein Zeichen an die normale Landbevölkerung das alle Ofper (was es offiziell doch gar nicht ist?!) bringen.
3. Gilt Ihr im Artikel für die Windindustrie geforderter Vertrauenschutz nicht für die Anwohner, die durch über 150m hohe WKA in 300m bzw.400m Entfernung ihre Heimat, Lebenqualität und ihre Immobilienwerte etc. einbüßen? Diese haben schon in ihr Heim investiert bevor die Windindustrie kam.
4. Ist Ihr Engagement für den weiteren massiven WK Ausbau so zu verstehen, dass Sie Landschaften wie die auf dem Titelbild des Artikels passend zum SH Sloganwechsel vom "Land der Horizonte" zu „Der echte Norden“ als lebenswert einstufen und für touristisch noch nutzbar halten?
5. Wäre es nicht für die Gemeinschaft ein Gewinn, wenn auch weniger ein finanzieller, den Vorschlag von Herrn Seehofer aufzugreifen und Abstände in Richtung 2000m einzuführen? Wer hätte wirklich etwas verloren, wenn statt vorgesehenen 9000MW WK in SH nur 4500MW möglich sind?
Mittlereweile bin ich meist nur noch fassungslos wie die Natur, die Landschaft sowie Anwohner diesem an vielen Orten leider maßlosem WK-Hype geopfert wird.
Mit freundlichem Gruß
Günter Thomsen
Sehr geehrter Herr Thomsen,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05. Februar und Ihre Fragen zum Thema Windkraft.
Die Ausweisung von Windeignungsfläche in der Regionalplanung fällt in die Zuständigkeit des Landes Schleswig-Holstein, nicht des Bundes. Dabei ist die Ausweisung der neuen Windeignungsflächen in den vergangenen Jahren im Rahmen der Regionalplanung im Einvernehmen mit den Gemeinden erfolgt. Ich kenne keinen Fall, in dem das Land Windeignungsflächen gegen das Votum der betroffenen Gemeinde ausgewiesen hat. Dabei ist mir sehr wohl bewusst, dass es auch vor Ort unterschiedliche Auffassungen gibt. Im Ergebnis war es jedoch so, dass allein für Nordfriesland mehr als das Dreifache dessen von den Gemeinden angemeldet wurde, was am Ende genehmigungsfähig war.
Aus guten Gründen hat das Land einzelnen Regionen für von Windkraft freizuhalten festgelegt. Dies betrifft die nordfriesischen Geestinseln sowie die Halbinsel Eiderstedt. Dort wäre auch nicht die notwendige Akzeptanz vor Ort gegeben. Schließlich geht es bei der Ausweisung von Windeignungsflächen nicht darum, Opfer zu bringen. Angesichts der Überzahl angebotener Flächen ist eher davon auszugehen, dass es ausreichend Gemeinden gibt, die die Ausweisung ihrer Flächen als Gewinn empfinden.
Der Vertrauensschutz, über den wir im Zusammenhang mit fortgeschrittenen Projekten der Energieerzeugung sprechen, ist etwas anderes, als der Vertrauensschutz, den Sie ansprechen. Niemand kann für sich in Anspruch nehmen, dass in seinem persönlichen Umfeld sich keine Veränderung im Landschaftsbild ergibt. Dies gilt für den Bau von Anlagen der Energieerzeugung genauso wie für den notwendigen Netzausbau oder den Bau von Straßen. Darüber diskutieren wir auch mit den Anliegern im Umfeld der dringend notwendigen neuen B5 oder der Autobahn A20. Dies geschieht alles im Rahmen geltenden Rechtes. Schließlich legt auch unsere Verfassung den Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums fest.
Der Vorschlag von Herrn Seehofer für erweiterte Abstandsregelungen in Bayern dient dort dazu, eine Vielzahl von Windkraftprojekten auszuschließen. Wenn Herr Seehofer dies in Bayern möchte, mag er dies dort tun. Im Ergebnis führt dies dazu, dass umso sinnvoller ist, den Windstrom an Land dort zu erzeugen, wo er kostengünstiger erzeugt werden kann, und das ist bei uns im Norden und an der Küste. Darin liegt auch ein wirtschaftlicher Vorteil für das Land Schleswig-Holstein. Der Strom aus den drei Kernkraftwerken, von denen zwei bereits seit Jahren stillstehen, war auch nicht für den schleswig-holsteinischen Bedarf. Unser Land profitiert vom Stromexport. Dies erfordert aber auch die Bereitschaft, die notwendigen Anlagen zu erstellen. Dabei ist mir sehr wohl bewusst, dass es keine einzige Form der Energieerzeugung gibt, die konfliktfrei ist. Allerdings ist mein Eindruck, dass die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Nordfriesland die Vorteile, die unsere Region aus den erneuerbaren Energien zieht, sehr wohl zu schätzen weiß. Anderenfalls würde ich mich auch nicht für diese Entwicklung einsetzen. Bisher ist auch nicht erkennbar, dass diese Entwicklung negative Auswirkungen auf den Tourismus an der Nordseeküste hätte.
Ob, wo und in welcher Form Windkraft ausgebaut wird, muss in erster Linie vor Ort entschieden werden. Dabei achte ich auch die Entscheidung von Gemeinden, die sich gegen den Ausbau von Windkraft aussprechen. Wenn sich allerdings Menschen auf den Weg gemacht haben, im Vertrauen auf geltendes Recht in erneuerbare Energien zu investieren, dann ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, hier auch für einen angemessenen Vertrauensschutz zu sorgen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ingbert Liebing, MdB