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Ingbert Liebing
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Frage von Dagmar D. •

Frage an Ingbert Liebing von Dagmar D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Liebing,

Frage 1:
aus Ihrer Antwort an den Herrn T. habe ich folgendes Zitat übernommen:

"Unzutreffend ist die Annahme, dass mit der Umsetzung des ESM das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages auf einen EU-Gouverneursrat verlagert wird. Deutschland besitzt in diesem eine Sperrminorität und kann alle gegen unsere Interessen gerichteten Entscheidungen blockieren. Für sein Abstimmungsverhalten im Gouverneursrat benötigt der deutsche Vertreter eine vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages. "

Ich habe mich bereits ausführlich mit dem ESM im Netz beschäftigt.
Und ich würde gerne von Ihnen wissen wo geregelt und schriftlich festgelegt worden ist , dass Deutschland eine Sperrminorität im Gouverneursrat des ESM besitzt?

Laut ESM-Vertrag sind Entscheidungen im Gouverneursrat mit einfacher Mehrheit bindend.
Und dass Deutschland dann von den Südeuropäern immer überstimmt werden kann, ist damit klar.

Frage 2

Als Sie sich mit der Materie des ESM beschäftigt haben, hatten Sie dann nicht manchmal dasGefühl, dass hier die Banken --bzw die Investoren über die Banken-- zu Lasten der europäischen Steuerzahler bedient werden sollen?

Frage 3
nach meinem Wissensstand ist inzwischen im ESM geregelt worden dass die Haftung der europäischen Steuerzahler nachrangig zu behandeln ist gegenüber den privaten oder institutionellen Gläubigern.
Wie können Sie mir als steuerzahlendem Bürger diese Regelung erkären?

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Antwort von
CDU

Frage 1:

aus Ihrer Antwort an den Herrn T. habe ich folgendes Zitat
übernommen:

"Unzutreffend ist die Annahme, dass mit der Umsetzung des ESM das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages auf einen EU-Gouverneursrat verlagert wird. Deutschland besitzt in diesem eine Sperrminorität und kann alle gegen unsere Interessen gerichteten Entscheidungen blockieren. Für sein Abstimmungsverhalten im Gouverneursrat benötigt der deutsche Vertreter eine vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages. "

Ich habe mich bereits ausführlich mit dem ESM im Netz beschäftigt.

Und ich würde gerne von Ihnen wissen wo geregelt und schriftlich festgelegt
worden ist , dass Deutschland eine Sperrminorität im Gouverneursrat des ESM
besitzt?

Laut ESM-Vertrag sind Entscheidungen im Gouverneursrat mit einfacher
Mehrheit bindend.

Und dass Deutschland dann von den Südeuropäern immer überstimmt werden kann,
ist damit klar.

Antwort:
Der Gouverneursrat entscheidet nach Art. 4 des ESM-Vertrages in gegenseitigem Einvernehmen, mit qualifizierter Mehrheit oder mit einfacher Mehrheit. Im ESM-Vertrag ist genau festgelegt, welche Beschlüsse mit welchen Mehrheiten zu treffen sind. Bei einem Beschluss mit qualifizierter Mehrheit sind nach Artikel 4 Abs.4 ESM-Vertrag 80 % der abgegeben Stimmen erforderlich. Nach Art. 4 Abs.6 ESM-Vertrag entsprechen die Stimmrechte eines jeden ESM-Mitglieds der Zahl der Anteile, die dem betreffenden Mitglied gemäß Anhang II am genehmigten Stammkapital des ESM zugeteilt wurden. Deutschland stehen danach gut 27 % der Stimmrechte zu. Deutschland hat damit auch bei Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit eine Vetomöglichkeit. Zutreffend ist, dass ein Zustimmungsvorbehalt bei Kapitalabrufen nach Art. 9 Abs. 2 und 3 ESM-Vertrag, bei denen dem ESM selbst Verluste oder sogar seine Zahlungsunfähigkeit drohen und damit seine Existenz bedroht wäre, nicht vorgesehen ist. Durch die angeführten Regelungen werden der Kapitalstock und damit die Handlungsfähigkeit des ESM auch im Falle von Verlusten bzw. Zahlungsausfällen im Verhältnis des Empfängerstaats zum ESM sichergestellt. Anderenfalls würde es dem ESM wohl kaum möglich sein, zu guten Konditionen selbst Mittel auf den Finanzmärkten aufzunehmen. Allerdings wären auch in den Fällen des Art. 9 Abs. 2 und 3 ESM-Vertrag Kapitalabrufe in jedem Fall nur im Rahmen des durch die Einrichtung des ESM bereits durch die Parlamente genehmigten Kapitals möglich. Es geht in der Vorschrift um „Kapitalabrufe“ bis zur Höhe der Anteile am genehmigten Stammkapital und nicht um eine „Erhöhung der Anteile“. Nach Art. 8 Abs. 5 ESM-Vertrag wird die Haftung eines Mitgliedstaats „unter allen Umständen“ auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital begrenzt. Eine stärkere Formulierung ist kaum denkbar.

Frage 2

Als Sie sich mit der Materie des ESM beschäftigt haben, hatten Sie dann nicht manchmal das Gefühl, dass hier die Banken --bzw die Investoren über die Banken-- zu Lasten der europäischen Steuerzahler bedient werden sollen?

Antwort:
Ich kann verstehen, das aufgrund der Komplexität der Materie und der unterschiedlichen Meinungen zu diesem Thema in Medien und Wissenschaft, dieses Gefühl entsteht. Richtig ist auch, dass die Finanzkrise durch eine ungenügende staatliche Regulierung weltweit mit verschuldet wurde. Hier müssen wir nachsteuern und auch mit der Finanztransaktionssteuer sollte der die Finanzbranche stärker zur Verantwortung gezogen werden. Insgesamt bin ich – auch aus Mangel an beherrschbaren Alternativen - von der Notwendigkeit des ESM als Teil einer verbessertet Stabilitätsarchitektur in Europa fest überzeugt.

Frage 3

nach meinem Wissensstand ist inzwischen im ESM geregelt worden dass die Haftung der europäischen Steuerzahler nachrangig zu behandeln ist gegenüber den privaten oder institutionellen Gläubigern.

Wie können Sie mir als steuerzahlendem Bürger diese Regelung erkären?

Antwort:
Entgegen Ihrer Ansicht wird im ESM-Vertrag angesprochen, dass der ESM – vergleichbar dem IWF – den Status eines bevorrechtigten Gläubigers haben wird, wobei akzeptiert wird, dass der IWF gegenüber dem ESM als Gläubiger vorrangig ist. Dieser Status eines bevorrechtigten Gläubigers ist im Interesse der europäischen Steuerzahler.