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Ingbert Liebing
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Frage von Thorsten W. •

Frage an Ingbert Liebing von Thorsten W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Liebing,

ich hätte gerne erfahren, wie Sie sich bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag zum Bundesmeldegesetz positioniert hatten. Falls Sie dafür gestimmt haben, bitte ich um eine Begründung.
Für mich ist es einfach nicht nachvollziehbar, wie der Staat sich bei der Weitergabe von personenbezogenen Daten beteiligen kann. Ein solcher Verkauf von staatlichen Daten ist nicht akzeptabel.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Willers

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Willers,

erst einmal vielen Dank für Ihre Frage zum neuen Melderecht. Ich selber habe
an der Abstimmung im Bundestag nicht teilgenommen. Ich habe für manche geäußerte
Kritik durchaus Verständnis: Das Verfahren der parlamentarischen Beratung
mit wesentlichen Änderungsanträgen, die erst kurzfristig vor Abschluss der
Gesetzesberatung vorgelegt wurden, war alles andere als glücklich. Eine
ordnungsgemäße fraktionsinterne Abstimmung auch unter Beteiligung der
relevanten Bundesministerien hatte es nicht gegeben. Ich bedaure dieses
Verfahren, das eine kritische Prüfung der Änderungsanträge leider verhindert
hatte. Dies wird durch die noch ausstehende Bundesratsbeteiligung und
erneute Befassung des Bundestages korrigiert werden. Insofern ist das
Gesetzgebungsverfahren ja auch noch nicht abgeschlossen.

Bei den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen ging es - neben einer Reihe weiterer Einzelthemen - vor allem um die Widerspruchslösung, die im Gegensatz zur Einverständnislösung, die die Bundesregierung im Gesetzentwurf vorgeschlagen hatte, im neuen Gesetzestext verankert wurde. Ich habe mir in einer Meldebehörde sehr ausführlich die praktische Seite schildern lassen: Eine Einverständnislösung würde einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand auslösen, da bei jeder Anfrage ein Einverständnis des Bürgers eingeholt werden muss. Da halte ich es für sinnvoller, dass einmal - für alle künftigen Fälle - den Bürgerinnen und Bürgern ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird, mit dem einer Datenweitergabe für Zwecke der Werbung widersprochen werden kann. Dies sichert das informationelle Selbstbestimmungsrecht: Wer nicht möchte, dass sein Name oder seine Anschrift für Zwecke der Werbung weitergegeben werden, kann dies verhindern.

Dies entspricht auch der aktuellen Rechtslage in den Landesmeldegesetzen. Eine Einverständnisvoraussetzung gibt es auch im heutigen Landesrecht nicht.

Kritisiert wird auch, dass dieses Widerspruchsrecht dann nicht gelten soll, wenn die Auskunft nur zum Zweck der Berichtung bereits vorhandener Daten genutzt werden soll.
Diese in Paragraph 44 beschriebene Berichtigung ist zwar nur sehr eingeschränkt möglich: Beispielsweise bei Zahlendrehern bei der Hausnummer oder offensichtlichen Schreibfehlern im Straßennahmen. Schon bei einem Umzug würde der Datensatz nicht mehr abgefragt werden können. Doch sobald ein Bürger sich entschlossen hat, Widerspruch gegen eine Datenherausgabe für Zwecke der Werbung anzumelden, sollte dieser Widerspruch auch gelten. Hier ist aus meiner Sicht Korrekturbedarf im Gesetz nötig.

Allerdings halte ich einen großen Teil der Medienberichterstattung zu diesem Thema für irreführend, da der Eindruck erweckt wird, als würde erstmals die Möglichkeit eingeführt, dass Daten für Zwecke der Werbung weitergegeben werden dürften. Das ist jedoch nicht der Fall:

Nach bisherigem Recht konnte jede Person oder Firma eine Auskunft bei der Meldebehörde erhalten. Die Angabe eines Zweckes war nach Bundesmelderechtsrahmengesetz bisher nicht erforderlich. Der Bürger hatte hier nur die Möglichkeit, der automatisierten Auskunft über das Internet zu widersprechen. In dem jetzt von Bundestag verabschiedeten und in der Kritik stehenden Gesetz gibt es jedoch bereits eine Vielzahl von datenschutzrechtlichen Verbesserungen:

* Es wird die Notwendigkeit der Angabe der Zwecke „Werbung“ und/oder „Adresshandel" eingeführt.
* Der betroffenen Person steht ein Widerspruchsrecht zu.
* Die Meldebehörde hat die Pflicht, die betroffene Person bei ihrer Anmeldung sowie einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen.
* Eine Nutzung zu den Zwecken Werbung und Adresshandel ist verboten, wenn dieser Zweck bei der Anfrage nicht angegeben wurde oder wenn die betroffene Person Widerspruch eingelegt hat.
* Der Verstoß gegen eine solche verbotene Nutzung von Daten aus einer Melderegisterauskunft zum Zwecke der Werbung und des Adresshandels ist bußgeldbewehrt.

Diese Einschränkungen hat es bisher nach Bundesrecht nicht gegeben, dies stärkt den Datenschutz und die Bürgerrechte.

Ich bin sicher, dass im Herbst die notwendigen Korrekturen erfolgen werden, bevor das Gesetz in Kraft tritt.

Mit freundlichen Grüßen

Ingbert Liebing, MdB