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Ingbert Liebing
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Frage von Hannes T. •

Frage an Ingbert Liebing von Hannes T. bezüglich Finanzen

Guten Tag sehr geehrter Herr Liebing,

ich möchte Sie auf diesem Weg fragen, ob Sie - für sich selbst - zu 100% die gesamten fiskalischen Mechanismen des 1. und 2. Euro-Rettungsschirms sowie des gestern (28.02.2012) verabschiedeten Griechenland-Pakets konkret verstanden haben bzw. soweit verstanden haben, das Sie Ihr "Ja" zu all diesen Abstimmungen nicht nur vollumfänglich erklären (könnten) sondern auch mit und vor Ihrem Gewissen vertreten können... insbesondere vor dem Hintergrund der vollkommen ungeklärten Folgen für unsere Kinder, Kindeskinder und vermutlich noch weiteren Generationen!

2. Frage: Warum begehen Sie sehenden Auges Rechtsbruch (europäisches Recht, Verträge von Lissabon), in denen ganz ausdrücklich genau das untersagt ist was jetzt passiert, nämlich dass ein Euro-Land (Deutschland) für die Schulden eines anderen Euro-Landes (Griechenland) aufkommt?

Denken Sie nicht, dass der Preis, den wir jetzt alle bezahlen, wir (Deutschland mit unvorstellbar viel Geld) und viel schlimmer, die Griechen (mit IWF- und EU-verordneter unvorstellbarer Armut und Demütigung für die, die am wenigsten an dieser Situation "Schuld" tragen) mit eskalierender Gewalt in Athen und anderswo zu hoch ist?

Ist das wirklich das Europa, das Sie (Politiker) alle woll(t)en?

Ich war immer ein großer Freund und Verfechter der europäischen Idee, weil ich mit dem zusammenwachsenden Europa großgeworden bin und es - im positiven Sinne - nicht anders kenne und haben möchte... aber DIESES Europa, dass Sie gerade zusammenbasteln, wird mehr und mehr zu einer fiskalischen Demo-Kratur, die nur noch äusserst schwer zu ertragen ist!

Wie wollen Sie all dies eines Tages Ihren Kindern erklären, wenn auch die noch für unser aller Griechenland-Abenteuer von heute bezahlen müssen...??

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Traupe,

gerne möchte ich auf ihr Schreiben vom 28.02 zum Thema Griechenland Hilfen wie folgt antworten:

In der Politik geht es häufig um ein Abwägen. Ein Abwägen von Vor- und Nachteilen, von Risiken und Chancen. Oft ist das Ergebnis hierbei ein Kompromiss, der manchmal nicht alle letztendlich befriedigen kann, aber dennoch für die meisten tragbar sein sollte. Entsprechend selten kann man als Politiker, der ja auch eine eigene Meinung zu bestimmten Themen hat, sagen, dass man wirklich zu hundert Prozent glücklich mit einer Lösung ist. Aber das gehört zur Demokratie dazu, damit muss man leben. Auch ist es nicht meine Aufgabe lediglich meine Ansicht zu vertreten, sondern in Berlin repräsentierend für die Wählerinnen und Wähler zu handeln. In ihrem Interesse. Dieser Umstand fließt immer in meine Entscheidungsfindungen ein.

Glücklich bin ich selbstverständlich nicht darüber, dass Griechenland mit Milliarden gestützt werden muss; das ist keiner. Aber viel gravierender sind, aus meiner Sicht, die Alternativen. Ein ausbleibendes Stützen Griechenlands könnte verheerende Konsequenzen mit sich ziehen. Die Folgen sind nicht absehbar. So könnten Portugal, Spanien, Italien und Irland rasch folgen. Weltwirtschaftlich würde die Eurozone erheblichen Schaden nehmen, was dem Wirtschafsstandort Deutschland schaden würde.

Nicht zuletzt für unsere Kinder habe ich diese Entscheidung getroffen. Als Vater von zwei jungen Töchtern prüfe ich mich regelmäßig: Kann ich diese Entscheidung vor ihnen, auch noch in einigen Jahrzehnten vertreten? In diesem Fall kann ich es:
Mit den Staatshilfen werden nämlich unter anderem auch Gelder deutscher Sparer gesichert. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind die Vorteile, die Deutschland in den vergangenen Jahren aus der europäischen Wirtschaftszone ziehen konnte. Unsere Binnennachfrage, der Export und die gute Entwicklung des Arbeitsmarktes sind als objektiv messbare Tatsachen positive Indikatoren. Im Moment geht es nicht mehr um „Rettungsschirme für Griechenland“, sondern „Schutzmauern vor Griechenland“.

Die vorläufigen Stabilitätsmechanismen stellen in der Hinsicht keinen Rechtsbruch des Art. 125 AEU-Vertrag dar, dass sie ausdrücklich auf Art. 122 AEU-Vertrag basieren, der Mitgliedsstaaten erlaubt einem anderen EU Staat bei Situationen zu helfen, der „von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht" ist, „die sich seiner [Griechenlands] Kontrolle entziehen“.

Verständlich sind die Sorgen, dass Deutsche und Griechen unter den Folgen einer verantwortungslosen Fiskalpolitik der Vorgängerregierungen und strukturellen Problemen unverhältnismäßig stark zu leiden haben. Aber ohne eine Neuordnung Griechenlands, die zu Lasten der Griechen geht, und dem Unterstützen von europäischer Seite, die das Land, bis die Umstrukturierung abgeschlossen ist, über Wasser hält, also gemeinsamen Anstrengungen, wird das Land nicht wieder auf die Beine kommen.

Das Europa, das ich mir wünsche, ist eines von Weltoffenheit, Fortschritt, Freiheit und gemeinsamem Handeln geprägtes. Zeitweise bedarf es hierfür aber auch Solidarität, damit das überhaupt zu Stande kommen kann. Damit meine ich keinesfalls die sogenannten „Euro-Bonds“ von denen sich die CDU schon seit langem distanziert, sondern vor allem eine temporäre Hilfe in Zeiten der Krise, die die Gemeinschaft nur als Ganzes bewältigen kann. Diese Hilfe unterstütze ich in erster Linie im eigenen, nationalen Interesse, damit Griechenland nicht uns und unsere Währung gefährdet.

In der Hoffnung, Ihnen meine Standpunkte und Sichtweisen näher gebracht haben zu können, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ingbert Liebing