Frage an Ingbert Liebing von Rolf F. bezüglich Umwelt
Wie stehen Sie zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke?
Sehr geehrter Herr Friedrichsen,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 07. September 2010, in der Sie mich bitten, Ihnen meine Position zur jüngst beschlossenen Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke darzulegen.
In meinem Wahlkreis Nordfriesland und Dithmarschen-Nord ist bei vielen Menschen bekannt, dass ich mich in meiner Arbeit im Deutschen Bundestag engagiert für den Ausbau und die Förderung erneuerbarer Energien einsetze. Das Ziel ist, so frühzeitig wie möglich eine hundertprozentige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien zu erzielen.
Im Moment kann noch keine hundertprozentige Energieversorgung durch die erneuerbaren Energien garantiert werden. Deshalb benötigen wir in den nächsten 10 bis 20 Jahren andere Energieformen zu ihrer Unterstützung, sogenannte Brückentechnologien. Andernfalls würde, wie in einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) dargestellt, in Zukunft die Gefahr einer Stromlücke bestehen und die Bundesrepublik wäre auf teure Stromimporte aus dem Ausland angewiesen.
Ich habe mich in der Vergangenheit dazu bekannt, dass die deutschen Kernkraftwerke begrenzt längere Laufzeiten erhalten sollen, um die Kernenergie als klimafreundliche Brückentechnologie ins regenerative Zeitalter zu nutzen. Denn aus Sicht der erneuerbaren Energien ist es sinnvoller, die vorhandenen deutschen Kernkraftwerke z.B. acht oder zehn Jahre länger laufen zu lassen als beispielsweise neue Kohlekraftwerke zu bauen. Diese würden - anders als die Kernkraftwerke - Laufzeiten von 40 oder 60 Jahren haben; Laufzeiten bis 2050, wenn wir bereits im Zeitalter der Regenerativen Energien angekommen sein wollen. Zwingende Voraussetzung für eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke ist hierbei allerdings die Sicherheit der Atommeiler - wäre diese nicht gegeben, müssten sie von heute auf morgen sofort abgeschaltet werden.
Die von der Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre stellt deshalb meiner Meinung nach einen sinnvollen und vertretbaren Kompromiss dar, der sowohl dem Klimaschutz dient als auch die sichere Stromversorgung Deutschlands in den nächsten Jahrzehnten gewährleistet. Durch die geplante Brennelementesteuer und die Extraabgabe der Kernkraftwerksbetreiber wird außerdem finanzieller Spielraum für den staatlich geförderten Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen, um so den Übergang in das regenerative Zeitalter weiter voranzutreiben.
Mir ist bewusst, dass gerade das Thema der Kernenergie in Deutschland ein strittiges Thema ist, doch ich denke, dass wir momentan auf diese Energieform als Brückentechnologie noch nicht verzichten können und begrüße deshalb das Anfang diesen Monats beschlossene Energiekonzept der Bundesregierung mit Blick auf die Laufzeitverlängerungen.
Ich hoffe meine Ausführungen waren von Interesse für Sie und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ingbert Liebing