Frage an Ilse Aigner von Detlef A. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Aigner,
meine Frage bezieht sich auf die Berechnung des Besuches der Berufsschule in Bezug zur Arbeitszeit des Auszubildenden, Bezug auf BAG Urteil von 2001 (BAG vom 26. März 2001, 5 AZR 413/99 www.ihk-bonn.de ).
Laut diesem Urteil muss die Berufsschulzeit nur als Arbeitszeit gewertet werden, wenn sie auf die Ausbildungszeit im Betrieb fällt. Z.B. geht die Berufsschule von 8 Uhr bis 15 Uhr. Die Ausbildungszeit beginnt täglich um 11 Uhr. Nach dem BAG-Urteil zählt die Berufsschulzeit von 8 Uhr bis 11 Uhr nicht als Arbeitszeit und brauch auch nicht zur Berechnung der wöchentlichen Arbeitzeit herangezogen werden. Für den Auszubildenden gilt nur noch die Höchstgrenze von 48 Wochenstunden. Ein Auszubildender ist somit schlechter gestellt als andere Angestellte.
Diese Berechnungsgrundlage findet bei einigen Betrieben – und nicht nur bei Kleinbetrieben, sondern auch bei großen Konzernen – bereits Anwendung.
Wenn Bildung einer der Hauptaugenmerkmale der Politik sein soll, dann sollten keinesfalls Azubis schlechter gestellt sein als andere Angestellte. Des Weiteren wird auf diese Weise die Berufsschule als minderwertig dargestellt. Da sowieso nur die reine Berufsschulzeit als Arbeitszeit gewertet wird und ein Vor- und Nacharbeiten des Lerninhalte keine zeitliche Berücksichtigung findet, motiviert diese Gesetzeslage Betriebe, ihre Azubis noch stärker an Berufsschultagen betrieblich einzuspannen.
Meine Frage ist nun, ob die Politik Bestrebungen hat, diesen unhaltbaren Zustand durch eine Gesetzesänderung zu entschärfen?
Zumindest müsste jeglicher Besuch der Berufsschule gleichwertig sein mit betrieblicher Ausbildungszeit, unabhängig wann diese stattfindet.
Ich hoffe, der Politik geht es nicht nur darum, Ausbildung für Betriebe "interessant" zu machen, damit man möglichst viele vermittelte Ausbildungsplätze vermelden kann,
Über eine baldige Antwort würde ich mich sehr freuen und verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen.
D. Auler
Sehr geehrter Herr Auler,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie ich Ihrem Schreiben entnehme, ist Ihnen an einer arbeitszeitlichen Gleichstellung der Auszubildenden mit sonstigen Arbeitnehmern desselben Betriebes gelegen. Hierzu verweisen sie auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.03.2001, wonach Berufsschulzeiten nur während der üblichen betrieblichen Arbeitszeiten auf die betriebliche Arbeitszeit anzurechnen sind. Danach ist denkbar, dass die tatsächliche zeitliche Inanspruchnahme eines Auszubildenden durch Schule und Betrieb die zeitliche Inanspruchnahme eines Arbeitnehmers desselben Betriebes übersteigt.
Hiergegen ist aus meiner Sicht nichts einzuwenden. Das Ausbildungsverhältnis ist ein besonderes Dienstverhältnis. Es dient in erster Linie dem Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten. Die auf vertraglicher Grundlage erfolgende betriebliche Ausbildung wird ergänzt durch die auf gesetzlicher Grundlage stattfindende schulische Ausbildung. Beide sind rechtlich voneinander unabhängig. Allerdings sind die Auszubildenden für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen (§ 15 BBIG). Freigestellt werden können die Auszubildenden aber nur während der betrieblichen Arbeitszeiten. Wenn also im dargestellten Beispiel die betriebliche Arbeitspflicht erst um 11.00 Uhr beginnt, ist vorher auch keine Freistellung möglich. Aufgabe des Staates ist es, darauf zu achten, dass insgesamt die zulässige Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche für Erwachsene und 40 Stunden für Heranwachsende nicht überschritten wird. Dafür ist mit den bestehenden Regelungen hinreichend gesorgt. Insofern sieht die CDU/CSU-Fraktion derzeit keine Veranlassung, das erst 2005 novellierte Berufsbildungsgesetz erneut zu verändern.
Mit freundlichen Grüßen
Ilse Aigner