Frage an Ilse Aigner von Rudolf R. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Aigner,
Beim Einkauf in diversen Discountketten ist mir aufgefallen, daß viele Preise (vor allem im Grundsortiment) sich nicht unterscheiden, sondern auf den Cent genau gleich sind.
Ebenfalls aufgefallen ist mir, daß Preisänderungen bei diesen Artikeln synchron und um den selben Prozentsatz vorgenommen werden. (Am Beispiel Geschirrspülmittel Hausmarke:
Bisheriger Preis bei allen von mir besuchten Discountern 0,75 €-dann zeitgleich eine Erhöhumh um 20%(!!!) - 1 Cent auf 0,89 €).
Eine Markwirtschaft lebt vom Wettbewerb. Eine wesentliche Komponente des Wettbewerbs ist der Preis.
Bei dem oben dargelegten Verhalten der marktbestimmenden Discountketten liegt der Verdacht nahe, daß hier Absprachen, vieleicht nicht über die Preise, jedoch über die Tatsache, daß der Wettbewerb nicht im Bereich der Preise stattfinden soll, getroffen wurden.
Wäre es in Ihrem Hause möglich, den Warenkorb für Hartz 4 Empfänger (Grundlebensbedarf)
bei allen Discountketten zu erwerben und die jeweiligen Preise zu analysiern?
Sollte sich die Praxis der Preisangleichung analog zu Staatshandelsundernehmen in der ehemanigen DDR, durchsetzen, sehe ich die Gefahr, daß die von Ludwig Erhard eingeführte und bisher erfolgreiche Soziale Marktwirtschaft durch einen Raubtierkapitalismus ersetzt wird.
Was gedenken Sie dagegen im Sinne der Endverbraucher zu tun?
Grüße aus Passau
Rudolf Rothe
Sehr geehrter Herr Rothe,
herzlichen Dank für Ihre Frage via abgeordnetenwatch.de.
In Deutschland schützt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) den Wettbewerb als Fundament der Wirtschaftsordnung. Verboten sind danach Preisabsprachen zwischen Wettbewerbern. Ein verbotenes Preiskartell liegt aber nur dann vor, wenn sich die Wettbewerber nachweisbar über die Preise absprechen oder abstimmen. Kartellrechtlich nicht angreifbar ist es hingegen, die Preise der Wettbewerber zu beobachten und dann die eigenen Preise anzupassen. Solange kein Verstoß gegen kartellrechtliche Regeln nachgewiesen werden kann, gibt es keine Möglichkeit, kartellrechtlich gegen insbesondere zu hohe Preise einzuschreiten. Die Durchsetzung des GWB im konkreten Einzelfall ist grundsätzlich Aufgabe der Kartellbehörden. Dies sind auf Bundesebene das Bundeskartellamt und bei Fällen mit nur regionaler Auswirkung die Landeskartellbehörden in dem betreffenden Bundesland.
Das Bundeskartellamt hat jüngst im Rahmen einer Marktstudie, der so genannten Sektoruntersuchung, über die Mineralölwirtschaft parallele Preisverhaltensweisen festgestellt. Nach den Erkenntnissen des Bundeskartellamts ändern die Tankstellen ihre Kraftstoffpreise häufig nahezu parallel und reagieren damit innerhalb kürzester Zeit auf Preisänderungen der Nachbartankstellen. Für Preisabsprachen oder Abstimmungen hat das Bundeskartellamt keine Belege gefunden. Die Sektoruntersuchung hat aber gezeigt, dass über ein System der Preisbeobachtung und Preismeldung ein gleichförmiges Preissetzungsverhalten besteht, das zu bestimmten Preismustern zu Lasten der Verbraucher geführt hat.
Marktbeobachtung ist dabei keine Besonderheit der Kraftstoffbranche, auch im Einzelhandel besonders im Bereich von Lebensmitteln und Konsumgütern ist diese verbreitet. Dort ist der Preiskampf sehr groß, betroffen scheinen aber nur bestimmte Warengruppen zu sein. Hintergrund ist dabei die zunehmende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, die vier größten Handelsunternehmen (Aldi, Edeka, Rewe und Schwarzgruppe (Lidl)) vereinen inzwischen rund 85% des Absatzmarktes insgesamt in Deutschland auf sich. Da das Bundeskartellamt vermutet, dass der Wettbewerb nicht ausreichend funktioniert, hat es im Februar des Jahres im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels eine Sektoruntersuchung eingeleitet. An ausgewählten Produktgruppen sollen die Marktverhältnisse analysiert werden und insbesondere festgestellt werden, ob und in welchem Ausmaß die führenden Handelsunternehmen Einkaufsvorteile gegenüber ihren Wettbewerbern genießen und wie sich diese auf den Wettbewerb auf den Absatzmärkten auswirken.
Im Rahmen der geplanten Änderungen des GWB ist vorgesehen, die Position der Verbraucherverbände bei der privaten Kartellrechtsdurchsetzung zu verbessern. Verbraucherverbänden soll die Möglichkeit eingeräumt werden, Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung sowie auf Vorteilsabschöpfung im Fall von Masse- und Streuschäden geltend zu machen. Das BMELV misst einer effektiven Kartellrechtsdurchsetzung zum Schutz der Verbraucher eine besondere Bedeutung zu, um Verbraucher, die letztendlich die Schäden über zu hohe Preise zu tragen haben, besser zu schützen. Im Rahmen der Änderungen ist deshalb auch zu prüfen, inwieweit Kartellbußgelder dem Verbraucherschutz zu Gute kommen können.
Bei Fragen zu diesem oder anderen Themen aus den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben, wenden Sie sich bitte an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz oder besuchen Sie den Internetauftritt unter http://www.bmelv.de .
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Ilse Aigner, MdB