Frage an Ilse Aigner von Marianne B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Aigner,
warum kann die betäubungslose Ferkelkastration in Belgien ab 2012, in Deutschland aber erst ab spätestens 2018 abgeschafft werden?
Woran liegt es? An den Kosten? Oder an was?
Können Sie sich vorstellen, welche Schmerzen dies sind?
Warum unternehmen Sie nichts?
Beim Zahnarzt lassen Sie sich doch sicher auch eine Spritze geben, oder nicht?
Gruß
Marianne Bezler
Sehr geehrte Frau Bezler,
herzlichen Dank für Ihre Frage via abgeordnetenwatch.de betreffend der Ferkelkastration.
Das Verfahren der betäubungslosen chirurgischen Kastration von Ferkeln steht aus Tierschutzgründen seit geraumer Zeit in der Kritik. Der Eingriff führt bei den betroffenen Tieren zu Schmerzen und sollte daher aus Tierschutzgründen beendet werden. Inzwischen wird allgemein angestrebt, eine die Tiere weniger belastende Alternative zu entwickeln. Hier kommt die Durchführung des Eingriffes unter Narkose, die Immunokastration oder der Verzicht auf die Kastration durch Ebermast in Frage. Zur Reduzierung der Belastungen durch den Eingriff ist der Einsatz von Schmerzmitteln möglich. Eine tiergerechte Alternative muss jedoch in der Praxis routinemäßig durchführbar sein. Hierbei müssen neben den Aspekten des Tierschutzes auch die Praktikabilität und der Verbraucherschutz berücksichtigt werden. Angestrebt wird ein Verfahren, dass flächendeckend und von der gesamten Lebensmittelkette umgesetzt werden kann.
Die Diskussion um die betäubungslose chirurgische Ferkelkastration beschränkt sich nicht nur auf Deutschland. Die Europäische Kommission hat Workshops zu dieser Thematik durchgeführt, in deren Nachgang sich Vertreter von Landwirtschaft, Fleischindustrie, Einzelhandel, Forschung, Tierärzteschaft und Tierschutz auf die sog. „Brüsseler Erklärung“ verständigt haben. Diese Erklärung sieht vor, die chirurgische Kastration von Ferkeln ab dem 01.01.2012 nur noch mit Schmerzmitteln oder unter Betäubung durchzuführen und bis zum 01.01.2018 vollständig einzustellen. Die Erklärung wurde u. a. auch vom Deutschen Bauernverband unterzeichnet. Die Rechtsvorschriften der Europäischen Union für den ökologischen Landbau sehen vor, dass Tieren bei notwendigen Eingriffen Betäubungs- und/oder Schmerzmittel verabreicht werden müssen und dass die Kastration von Ferkeln ohne Verabreichung derartiger Mittel nur noch bis Ende 2011 erlaubt ist.
Auch in Deutschland wurde das Ziel des Verzichts auf die Kastration bereits 2008 in der so genannten „Düsseldorfer Erklärung“ vom Deutschen Bauernverband, vom Verband der Fleischwirtschaft und vom Deutschen Einzelhandel formuliert. Auch anhand dieser Erklärungen wird deutlich, dass sich alle an der Schweinefleischproduktion beteiligten Gruppen um eine tiergerechte und praxistaugliche Alternative zur betäubungslosen chirurgischen Kastration von Ferkeln bemühen. Das hohe Engagement in verschiedenen Mitgliedstaaten, in der Wirtschaft, in der Forschung und auf politischer Ebene lässt erwarten, dass europaweit mittelfristig auf die Kastration verzichtet werden kann.
Zur Klärung noch offener Fragen werden in der Europäischen Union und in Deutschland u. a. zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt, an denen sich auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) beteiligt. Außerdem fördert das BMELV u. a. Forschungsprojekte zur züchterischen Selektion von Schweinen mit geringem Ebergeruch, zur Entwicklung einer elektronischen Methode zum Nachweis von Ebergeruch und zur Reduzierung des Ebergeruchs durch gezielte Fütterung. Ergänzend zur Forschung haben einzelne Schlachtbetriebe Pilotprojekte zur Eberschlachtung begonnen, die weiter ausgebaut werden sollen.
Bei weiteren Fragen zu diesen und anderen Themen aus dem Ressort der Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wenden Sie sich bitte direkt an das BMELV oder suchen dessen Internetauftritt unter http://www.bmelv. de auf.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Ilse Aigner,MdB