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Ilse Aigner
CSU
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Frage von Jochen E. •

Frage an Ilse Aigner von Jochen E. bezüglich Verbraucherschutz

Liebe Frau Aigner,

Ampelkennzeichnung auf Lebensmitteln, Piktogramme auf Spirituosen, sog. "Ekelbilder" auf Zigaretten..Befürworten Sie als dies?
Wenn ja gehen Sie davon aus, dass es in unserer Gesellschaft eine rasant zunehmende Anzahl von Analphabeten gibt?

Herzliche Grüße aus Berlin
Jochen Eckhardt

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Eckhardt,

vielen Dank für Ihren Fragen, zu denen ich etwas ausführlicher Stellung nehmen möchte.
Zur Ampelkennzeichnung: Als Verbraucherschutzministerin ist es mir ein besonderes Anliegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf verständliche und klare Weise über die Nährwerte von Lebensmitteln durch entsprechende Angaben auf Lebensmittelverpackungen und -etiketten informiert werden, damit ihnen die Lebensmittelauswahl im Sinne einer gesunden und ausgewogenen Ernährung erleichtert wird. Nach geltendem EU-Recht ist eine Nährwertkennzeichnung von verpackten Lebensmitteln derzeit jedoch grundsätzlich freiwillig und nur in bestimmten Fällen verpflichtend vorzunehmen. Im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wurde daher in Ergänzung zu den bereits in der Europäischen Union bestehenden rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Nährwertkennzeichnung das "1 plus 4"-Modell zur Angabe freiwilliger erweiterter Nährwertinformationen auf verpackten Lebensmitteln entwickelt.

Die Elemente des "1 plus 4"-Modells sind der Energiegehalt (Brennwert) sowie die Gehalte an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. Diese Angaben sollen in der Regel bezogen auf eine Portion in einheitlichen und wieder erkennbaren Symbolen auf Lebensmittelverpackungen bzw. -etiketten erfolgen. Dabei soll mindestens der Brennwert auf der Schauseite des Etiketts angebracht werden. Zusätzlich zu den Mengenangaben sollen auch die Prozentanteile in Bezug auf den jeweiligen Richtwert für die Tageszufuhr angegeben werden. Da alle Angaben auf eine Portion bezogen angegeben werden, wird es leicht ersichtlich, welcher Anteil des Richtwertes jeweils mit dem Verzehr einer Portion des Lebensmittels abgedeckt wird.
Es ist erfreulich, dass das "1 plus 4"-Modell bereits in großem Umfang anwendet wird und immer mehr verpackte Lebensmittel mit den Angaben nach diesem Modell versehen werden. Ich hoffe zudem, dass Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Informationsangebot auch nutzen.

Bei der Erarbeitung des "1 plus 4"-Modells haben wir uns auch intensiv mit der Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild mit den Farben grün, gelb und rot, die für einen niedrigen, mittleren und hohen Gehalt eines Nährstoffs stehen, beschäftigt. In diesen Diskussionsprozess wurde auch die Wissenschaft einbezogen. Von verschiedenen Wissenschaftlern wurden dabei Bedenken gegen ein solches Darstellungsmodell geäußert und auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage verwiesen (z. B. Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vom 25. September 2009 "Wissenschaftliche Basis für Ampelkennzeichnung einzelner Lebensmittel fehlt" abrufbar unter http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=961). Meine Zweifel, ob eine solche vereinfachte Klassifizierung von Lebensmitteln tatsächlich Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bringt, wurden damit bestätigt. Das "1 plus 4"-Modell sieht keine Ampelkennzeichnung vor. Dennoch steht es Unternehmen frei, ein solches Darstellungssystem zu verwenden, wenn dieses im Einklang mit den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist.

Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass die EU-Vorschriften über die Nährwertkennzeichnung im Sinne einer erweiterten Verbraucherinformation verbessert werden sollen. Der derzeit auf EU-Ebene beratene Verordnungsvorschlag sieht z. B. eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung (Angabe des Energiegehalts und der Gehalte an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker und Salz bezogen auf 100 g bzw. 100 ml des Lebensmittels) auf der Verpackung oder dem Etikett grundsätzlich bei allen Lebensmitteln vor. Piktogramme auf Spirituosen: Im letzten Jahr wurde im Zusammenhang mit den Plänen der damaligen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Sabine Bätzing, zur Verabschiedung eines nationalen Aktionsprogramms zur Alkoholprävention auch die Frage intensiv diskutiert, ob die Etikettierung von Spirituosen und anderen alkoholischen Getränken (Bier, Wein, Fruchtwein etc.) künftig ein Piktogramm zur Warnung schwangerer Frauen vor dem Alkoholkonsum enthalten soll.

In Frankreich ist seit Oktober 2007 die Aufbringung eines Piktogramms (durchgestrichene Silhouette einer schwangeren Frau mit einem Gläschen in der Hand) oder alternativ ein textlicher Warnhinweis zur Sensibilisierung schwangerer Frauen, keinen Alkohol zu trinken, gesetzlich vorgeschrieben. Die betroffenen Unternehmen haben sich fast ausschließlich für die Einführung des Piktogramms entschieden.
Im letzten Jahr habe ich im Zusammenhang mit dem von Frau Bätzing konkret vorgeschlagenen Schwangeren-Piktogramm dafür plädiert, zunächst wissenschaftliche Ergebnisse abzuwarten, ob die Einführung des Piktogramms tatsächlich dazu geführt hat, dass die Zahl der mit dem Krankheitsbild Fetales Alkoholsyndrom geborenen Kinder zurück gegangen ist.
Angesichts eines zunehmenden Handels nicht nur innerhalb der EU (Binnenmarkt), sondern auch weltweit, haben spezielle Warnhinweise in Form von Piktogrammen gegenüber textlichen Warnhinweisen für die betroffenen Lebensmittelhersteller und -händler generell den Vorteil, nicht für jedes Verbrauchsland ein eigenes Etikett verwenden bzw. den Warnhinweis in viele Sprachen übersetzen zu müssen. Dies spart für die Unternehmen Kosten.
Bildwarnhinweise auf Tabakerzeugnissen: Die Kennzeichnung von Tabakerzeugnissen ist auf EU-Ebene im Rahmen der Tabakprodukt-Richtlinie 2001/37/EG geregelt. Danach sind entsprechende Textwarnhinweise auf Tabakerzeugnissen europaweit verbindlich vorgeschrieben und wurden national mit der Tabakprodukt-Verordnung umgesetzt. Des Weiteren eröffnet die Entscheidung der Kommission 2003/641/EG den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, diese Textwarnhinweise national durch kombinierte Warnhinweise zu ergänzen. Dabei sind ausschließlich die in einer Bibliothek der Kommission hinterlegten kombinierten Warnhinweise zu verwenden. Für den Schutz der Menschen vor Schäden ist es mir ein wichtiges Anliegen, im Rahmen der Tabakprävention den Einstieg in das Rauchen zu verhindern, den Ausstieg aus dem Tabakkonsum zu fördern und den Schutz vor Passivrauchen zu stärken. Dabei kann die Einführung von Bildwarnhinweisen als eine Maßnahme im Rahmen dieser Aktivitäten gesehen werden.

Gegenwärtig werden von der Europäischen Kommission Aktivitäten eingeleitet mit der Zielsetzung, neue kombinierte Warnhinweise zu entwickeln, die im Hinblick auf die Bereitstellung von Informationen über die gesundheitlichen Wirkungen des Tabaks, die Motivation des Aufhörens mit dem Rauchen und die Abschreckung vor dem Rauchen geprüft sind.
Falls Sie weitere Fragen zum Thema haben, dann können Sie zusätzliche Informationen im Internet unter www.bmelv.de abrufen oder wenden Sie sich damit bitte an mein Ministerium. Auf der Plattform "Abgeordnetenwatch" können interessierte Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen, die mein Abgeordnetenmandat betreffen. Ich bitte Sie, zukünftig darauf Rücksicht zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Ilse Aigner MdB

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