Frage an Ilse Aigner von Irina D. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Aigner,
das von Ihnen am 2.12.09 angesprochene Verfahren der EU zur Gewährleistung der Ungefährlichkeit genveränderter Pflanzen ist keine Langzeitstudie und die Wirkung auf den menschlichen Organismus ist nicht abzusehen, wie z.B. mögliche spätere Allergien oder Unfruchtbarkeit. Eine mögliche Gefahr kann bestenfalls als „unwahrscheinlich“ diagnostiziert werden. Eine unkontrollierte Verbreitung dieser meist sehr resistenten Genpflanzen in die Natur durch Pollenflug und eine mögliche Verdrängung oder Verunreinigung der natürlichen Pflanzen ist nicht auszuschließen und auch nicht mehr rückgängig zu machen (wie in Kanada und USA). Für jede negative Studie im Bezug auf genmanipulierte Pflanzen gibt es mehrere Studien von finanzstarken Herstellern, die die Unbedenklichkeit dieser Pflanzen bestätigen. Es geht mir also nicht um die rechtliche Möglichkeit, die Herstellung solcher Produkte weltweit zu verbieten, sondern z.B. um ein Modell auf nationaler Ebene, wie es in Österreich besteht, vor allem aber um das Recht des Verbrauchers, die genmanipulierten Produkte als Konsument ablehnen zu können, auch wenn das Lebensmittel als ungefährlich deklariert ist.
Warum muss ich als Verbraucher hinnehmen, dass 0,9 Prozent des Inhalts eines Produkts ohne Angabe aus genmanipulierten Stoffen stammt? Warum sind Fleisch, Milch und Eier überhaupt nicht deklarationspflichtig?
Ich bin kein Vegetarier. Und warum muss ein Hersteller eines Lebensmittels sein Produkt überhaupt nicht kennzeichnen, wenn die Verunreinigung durch „von ihm nicht zu vertretende“ Gegebenheiten verursacht wurde, wie z.B. die Verwendung von gemeinsam genutzten Abfüllanlagen, auch wenn die Werte sogar über 0,9 Prozent liegen? Verbraucherschutz bedeutet doch, dass jeder Bürger, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen, ausreichend informiert wird. Wie stehen Sie zu diesen 3 Fragen und wird es eine Änderung dieser Regelungen im Sinne der Rechte des Verbrauchers geben?
MfG
Irina Dressler
Sehr geehrte Frau Dressler,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Ich teile Ihre Auffassung, dass wir sicherstellen müssen, dass auch langfristig negative Folgen für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt durch die grüne Gentechnik mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. Darum müssen wir bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen mit aller Sorgfalt vorgehen. Es darf keine Kompromisse bei der Sicherheit geben.
Ebenso haben die Bürgerinnen und Bürger allerdings ein Recht darauf, dass die Chancen der grünen Gentechnik nicht ungenutzt bleiben. Deutschland ist als rohstoffarmes Land auf die Entwicklung neuer Technologien angewiesen. Hier geht es auch um Arbeitsplätze in neuen Branchen und darum, dass Forschung auf dem Gebiet der grünen Gentechnik auch Sicherheitsforschung ist.
Das europäische Lebensmittelkennzeichnungsrecht wird nicht nur von Ihnen hinsichtlich der Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Produkten als ungenügend empfunden. Darum haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass zur Schaffung einer umfassenden Verbrauchertransparenz eine Positivkennzeichnung (Prozesskennzeichnung) auf europäischer Ebene angestrebt wird. Das heißt, Lebensmittel, die im Laufe ihres Produktionsprozesses mit Gentechnik in Berührung gekommen sind, müssten entsprechend gekennzeichnet werden. Das würde bedeuten, dass vor allem Fleisch- und Wurstwaren oder Milch und Milchprodukte, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, gekennzeichnet werden müssten, was bisher nicht erfolgt war.
Damit bereits vor der Schaffung einer solchen umfassenden europäischen Kennzeichnung mehr Klarheit über die Verwendung der Gentechnik in der Lebensmittelproduktion zu erreichen, wurde auf nationaler Ebene bereits am 1. Mai 2008 der Ernährungswirtschaft die freiwillige Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung ermöglicht. Zur Schaffung von Transparenz, Information und Wahlfreiheit unterstützt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die breitere Anwendung dieser Kennzeichnung. Es liegt damit nun an der Wirtschaft und den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich durch ihre Kaufentscheidungen gezielt gegen die Verwendung gentechnisch veränderte Nutzpflanzen als Lebens- oder Futtermittel auszusprechen. Falls Sie weitere Fragen zum Thema haben, dann können Sie zusätzliche Informationen im Internet unter www.bmelv.de abrufen oder wenden Sie sich damit bitte an mein Ministerium. Auf der Plattform "Abgeordnetenwatch" können interessierte Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen, die mein Abgeordnetenmandat betreffen. Ich bitte Sie, zukünftig darauf Rücksicht zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Ilse Aigner MdB