Frage an Hüseyin Aydin von Georg M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
in "Hallo Deutschland" kam vor ein paar Wochen, dass der Stadtteil Hochfeld in Duisburg immer weiter in die Gewalt abrutscht.
Die Aussage eines ausländischen Mitbürgers: " Wenn ich hier Deutsche sehe, bekommen die ein paar auf die Fresse".
Ich denke Gewalt ist immer falsch. Wenn man Ausländer oder Homosexuelle zusammenschlägt, aber auch wenn man Deutsche zusammenschlägt.
Meine Frage: Warum ist der Staat überall, nur nicht da, wo er gebraucht wird? Der Staat will Computer ausspähen, er will die Freiheitsrechte immer weiter einschränken.
Gleichzeitig akzeptiert er aber No Go Areas.
In Berlin z.B. kann man als Homosexueller durch manche Stadtteile gar nicht laufen. In Duisburg-Hochfeld greifen ausländische Mitbürger Deutsche an. In vielen Gebieten werden Farbige zusammengeschlagen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe haben.
Sollte der Staat nicht endlich da mehr Präsenz zeigen, wo soetwas geschieht? Kann man statt dessen nicht weniger Knölchen schreiben? Wenn es angeblich am Personal mangelt.
Meines Erachtens muss das Gewaltmonopol beim Staat liegen.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
Ihre Besorgnis kann ich verstehen. Die zunehmende soziale Unsicherheit und die wachsende Armut im Land erzeugt bei vielen Menschen eine große persönliche Frustration, die sich auch in Gewalt entlädt. Ich stimme Ihnen zu, dass nicht zuletzt Homosexuelle davon betroffen sind. Sie müssen häufig in der Öffentlichkeit ihre Orientierung verbergen, um Anfeindungen aus dem Weg zu gehen. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand, der nur durch die fortgesetzte politische Kampagnentätigkeit der Betroffenen und ihrer politischen Unterstützer – etwa im Rahmen der jährlichen CSD-Feierlichkeiten – bekämpft werden kann. Wir dürfen es nicht zulassen, dass in Deutschland irgendwelche „No-go-areas“ entstehen.
Dennoch sollten wir die Maßstäbe nicht aus den Augen verlieren. Duisburg-Hochfeld wird wie andere Stadtbezirke mit hohem Armutsanteil, darunter etwa Berlin-Neukölln, von bestimmten Medienmachern gerne in Sensation heischender Manier als besonders gefährlich präsentiert. Jugendliche mit Migrationshintergrund werden in solchen Sendungen ermuntert, besonders drastische Sprüche zu bringen, mit denen sie für einen Moment lang aus dem tristen Alltag in das grelle Licht der Medienwelt rücken. Dadurch wird gezielt Angst erzeugt, anstatt die zugrundeliegende Problematik anzugehen. Mit der Realität im Stadtteil haben solche Berichte dann nur noch wenig gemein.
Sie erinnern sich sicherlich noch an die Rütli-Schule in Neukölln: später kam heraus, dass Boulevard-Reporter Jugendlichen Geld für das Posieren mit Steinen angeboten haben. Was kaum einen Journalisten damals interessierte war, dass von den Rütli-Schulabgängern des Jahres 2006 kein einziger einen Ausbildungsplatz erhalten hatte!
Heute ist die Situation in der Rütli-Schule stark verbessert. Die Erklärung dafür ist einfach: Aufgrund der öffentlichen Aufmerksamkeit hat der Berliner Senat reagiert und viel Geld für ein erweitertes Betreuungsangebot hineingesteckt. Wir sehen hier einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Ausstattung im Schul- und Jugendbereich und der von ihnen angesprochenen Gewaltbereitschaft. Dieses Thema dürfen wir aber auf keinen Fall mit der Gewaltbereitschaft von Nazis und deren Umfeld vermengen. Die organisierten Kameradschaften verbreiten in bestimmten Vierteln und kleinen Städten systematisch Angst, um Ausländer zu terrorisieren und ihre politischen Gegner einzuschüchtern. Der jüngste Prozess um eine Gruppe von Nazis aus Mittweida verdeutlicht die ganze systematische Brutalität dieser Banden. Dagegen hilft nur das gemeinsame zivile Engagement der Mehrheit. Ich freue mich, dass erst vor wenigen Tagen in Hamburg eine große Kundgebung erfolgreich gegen eine Naziveranstaltung protestiert hat.
Ich teile im Übrigen ihre Auffassung, dass es nicht angehen kann, dass die Vorort-Präsenz von Kontaktbereichsbeamten der Polizei der Sparpolitik der Länder zum Opfer fällt. Häufig lassen sich Konflikte vorbeugend eindämmen, wenn Beamte, die selbst aus den Problemvierteln stammen, dort ihre Runden drehen und beruhigend wirken. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Jugendliche solchen Polizisten Respekt entgegenbringen, die die Anwohner kennen und in einer vernünftigen Art und Weise mit ihnen im Gespräch sind.
Büro Hüseyin Aydin, MdB