Frage an Hüseyin Aydin von Anaïs S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Hüseyin Aydin,
Ihre Pressemitteilung von heute ( http://linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1288007640 ), in der Sie zur Situation im Iran Stellung beziehen, finde ich generell gut. Sie haben meiner Meinung nach Recht mit der Äußerung, dass es mittlerweile um viel mehr geht als "nur" um die wahrscheinliche Wahlfälschung.
Eine Nachfrage bleibt mir jedoch: in der Studie des Chatham House und des Institute of Iranian Studies, University of St Andrews ( http://www.chathamhouse.org.uk/files/14234_iranelection0609.pdf ) wird u. A. dargestellt, dass die Anzahl der abgegebenen Stimmen teilweise die Anzahl der WählerInnen übersteigt. In Anbetracht anderer Wahlfälschungen, bei denen z. B. immer mal wieder säckeweise gefälschter Wahlzettel in Mülleimern gefunden werden usw. - wie können Sie annehmen, dass eine Neuauszählung aller Stimmzettel der Wahrheitsfindung dienlich wäre? Ist nicht anzunehmen, dass die entsprechende Anzahl an Stimmzetteln einfach nachgefälscht würde? Wie könnte man dann falsche und echte Stimmzettel voneinander unterscheiden?
Die Neuauszählung aller Stimmzettel wurde auch von Herrn Obama und Frau Merkel gefordert - sollte die Linke hier nicht ihre fachliche Kompetenz spielen lassen, und den Rücktritt der iranischen Regierung und Neuwahlen fordern?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Anaïs Stamm
Sehr geehrte Frau Stamm,
das Problem, das Sie ansprechen, sehe ich auch. Angesichts dieser neuen Lage wäre die beste Option, wenn es zu einer generellen und umfassenden Überprüfung des Ablaufes und des Ergebnisses der Wahlen durch ein Gremium kommt, das sich aus iranischen Beamten und Vertretern gesellschaftlicher Gruppen zusammensetzt. Wenn ein solches Gremium zu dem Schluss kommen sollte, dass tatsächlich massiv und systematisch betrogen wurde, müsste es konsequenterweise Neuwahlen geben.
Mir ist jedoch bewusst, dass der notwendige politische Druck für diese Schritte aus der Bevölkerung des Irans selbst kommen muss. Das Regime ist gegenüber internationalen, und besonders westlichen, Stellungnahmen relativ unempfindlich. Dennoch denke ich, dass sich DIE LINKE an die Seite derer stellen sollte, die für eine Demokratisierung im Iran eintreten.
Mit freundlichen Grüßen,
Hüseyin Aydin