Frage an Hubert Rothfeld von Matthias B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Rothfeld,
mich würden Ihre Antworten auf folgende Fragen sehr interessieren:
1) Von den demoskopischen Höhenflügen der Grünen scheint die ÖDP ja bislang nicht wesentlich profitieren zu können. Die Überwindung der 5%-Hürde ist unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund stellt sich meines Erachtens die Frage, inwiefern es sinnvoll und nutzbringend sein kann, eine Partei zu wählen, die relativ sicher nicht im zukünftigen Landtag vertreten sein wird.
2) Als ökologische Interessenvertretung in der Politik werden die Grünen bei weitem mehr wahrgenommen als die ÖDP. In Zusammenhang damit würden mich die wesentlichen Punkte interessieren, bei denen sich die ÖDP von den Grünen inhaltlich abgrenzt. Wo liegen also aus Ihrer Sicht die wesentlichen programmatischen Unterschiede zwischen beiden Parteien?
Vielen Dank und freundliche Grüße
Matthias Bieber
Das haben Sie ganz richtig beobachtet, sehr geehrter Herr Bieber!
Obwohl das Umweltbewusstsein in den letzten Jahrzehnten sehr an Bedeutung gewonnen hat, konnten nur "die Grünen" und nicht die ödp davon profitieren. Abgesehen von einigen Bürgermeistern und Kreisräten sind wir kommunalpolitisch ohne große Bedeutung.
Warum lösen wir uns nicht auf?
Da bewundere ich immer meine Parteifreunde, die zum Teil seit Jahrzehnten trotz wenig ermutigender Wahlergebnisse unverdrossen ihre Arbeit tun und deren Frustrationstoleranz anscheinend unbegrenzt ist.
Was steckt da dahinter?
Wir setzen uns für Dinge ein, die uns strategisch wenig nützen, die zum Teil dem Zeitgeist widersprechen, die wir aber für richtig und notwendig ansehen. So ist die ödp die einzige Partei, die Firmenspenden verbietet, um so die Abhängigkeit der Politiker von der Wirtschaft zu reduzieren.
Was die Familienpolitik betrifft, so unterscheiden wir uns hier am meisten von den Grünen. Wir sind froh darüber, dass die Benachteiligung von homosexuellen Menschen ein Ende gefunden hat und dass sie annähernd in allen gesellschaftlichen Bereichen (formell) eine Gleichstellung erfahren haben. Allerdings halten wir einen besonderen Schutz und die Förderung der herkömmlichen Familie (Beziehung zwischen Mann und Frau und ihren Kindern) für richtig. Wir meinen, dass die Grenzen der Natur im Hinblick auf einen Kinderwunsch, von (besonders männlichen) homosexuellen Paaren, beachtet werden sollten.
Wir wollen, dass die Begleitung und Erziehung von Kindern durch ihre Eltern gesellschaftlich voll anerkannt wird und fordern hier eine finanzielle Zuwendung, wenn in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes die Mutter oder der Vater zuhause bleiben, um dort ihr Kind zu erziehen. Dass von „null bis sechs“ der Staat für die Kinder verantwortlich sein soll, damit beide Eltern Geld verdienen können, das lehnen wir ab. Wenn man berücksichtigt, wie teuer den Gemeinden ein Platz in einer Kita kommt, dann dürfen die Eltern, die ihr Kind bis zur Kindergartenzeit zuhause betreuen, ruhig mehr Geld erhalten.
Eine konstante verlässliche Beziehung (zu wenigstens einem Elternteil) in den ersten Lebensjahren hat für ein Kind eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für dessen weitere Entwicklung.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Rothfeld