Frage an Hubert Deittert von Bernhard K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Deittert,
als Vertriebener hätte ich gerne die Frage beantwortet, warum ich die CDU, und damit Sie, wählen soll. Ich erinnere mich daran, wie das Abstimmungsergebnis über die Legalisierung des Völkermords an den Vertriebenen im Bundestag, teilweise stehend, von allen Parteien, mit Ovationen gefeiert wurde. Ich erinnere mich auch daran, dass Bundeskanzler Kohl an die Vertreiberstaaten, allein für ihre Zustimmung zur Wiedervereinigung mit Mitteldeutschland, 192 Milliarden DM gezahlt hat. (Für den Lastenausgleich wurden, sachfremde Leistungen, beispielsweise Wohnungsbauförderung, abgezogen, maximal 20 Milliarden aufgebracht) Auch erinnere ich mich daran, dass Kohl und Genscher, die in ihrem Diensteid geschworen hatten "den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren, Schaden von ihm zu wenden und Gerechtigkeit gegen jedermann üben zu wollen" sich polnische Verdienstorden verleihen ließen. Sie hatten sich also offensichtlich um Polen verdient gemacht. Auch weiß ich noch, dass von den 8 (wenn ich mich richtig erinnere) CDU-Abgeordneten, die es gewagt hatten gegen die Legalisierung zu stimmen, keiner mehr im nächsten Bundestag vertreten war. Ihnen wurde die Kandidatur entzogen.
Wenn Sie trotzdem wert auf meine Stimme legen, dann wüsste ich gerne warum.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser
Sehr geehrter Herr Kaiser,
Ihre E-Mail vom 4. September 2005 zum Thema Vertriebene habe ich zur Kenntnis genommen. Ich habe mich persönlich immer für die Anliegen der Vertriebenen und die Aussöhnung zwischen den Deutschen und ihren Nachbarn eingesetzt. Bei diesem schwierigen Thema halte ich daher Polemik für nicht angebracht.
Für CDU und CSU gilt weiterhin, daß die Vertreibungsdekrete und -gesetze Unrecht sind. Sie stehen im Gegensatz zu Geist und Werten der Europäischen Union, des Völkerrechts und der Menschenrechte. Sie diskriminieren sowohl die deutschen Heimatvertriebenen als auch die in unseren östlichen Nachbarstaaten verbliebenen deutschen Volksgruppen. Vertreibung und ethnische Säuberung dürfen nirgendwo Teil der bestehenden Rechtsordnung sein.
Verständigung und Aussöhnung mit unseren Nachbarn in Mittel- und Osteuropa sind nur durch Dialog möglich. Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, wie sehr unbewältigte Fragen des Vertreibungsunrechts das Verhältnis zu unseren östlichen Nachbarn belasten können. Gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahren zwischen den Menschen und zwischen den Regierungen viel erreicht. Das wiedervereinigte Deutschland, Polen, Ungarn, Tschechien und andere Länder in Mittel- und Osteuropa sind heute gemeinsam Teil des vereinigten Europas.
Um das Bewußtsein für das Unrecht und die Völkerrechtswidrigkeit der Vertreibung wach zu halten, setzen sich CDU und CSU dafür ein, einen nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit zu schaffen. Da es bis heute in Deutschland keine Einrichtung gibt, in der die Geschichte der Vertreibungen und das leidvolle Schicksal von Millionen Vertreibungsopfern aufgearbeitet und dokumentiert wird, halte ich die Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ ebenfalls für richtig.
Mit diesem Zentrum verbindet sich der Auftrag, die Vertreibungen im 20. Jahrhundert in Europa in einem europäischen Kontext darzustellen und einen Beitrag zu leisten, Vertreibungen auch künftig international zu ächten. Dabei muß auch deutlich werden, daß andere Völker z. B. die Polen, zu den ersten Opfern von Vertreibungen gehörten, die das Deutsche Reich und die Sowjetunion zu verantworten hatten. Ziel des Zentrums ist es, an alle Vertreibungen und deren Ursachen zu erinnern. Der richtige Ort für das „Zentrum gegen Vertreibungen“ ist das politische Zentrum Deutschlands, unsere Hauptstadt Berlin.
Mit freundlichem Gruß
Hubert Deittert, MdB