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Holger Ortel
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Frage von Sigrid E. •

Frage an Holger Ortel von Sigrid E. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Ortel,
wir haben einen Milchviehbetrieb mit ca. 60 Milchkühen und eigener weiblicher Nachzucht. Der Betrieb ist ein 2 Mannbetrieb.

Die anhaltend schwierige Situation auf dem auf dem Markt für Milch und Milchprodukte nimmt zunehmend existensgefährdende Ausmaße für uns und unseren Kollegen an.

Eine aktuelle Studie besagt das 79% der befragten Milchbauern bei dem aktuellen Milchpreis die Existenz ihres Hofes gefährdet sehen und zwei drittel davon ihre Produktion noch dieses Jahr einstellen müssen.

1. Wie wird man Ihrer Ansicht nach uns helfen bezw. werden wir überhaupt Hilfe kriegen?

2. Können Sie sich vorstellen wie lange es dauert bis ein Kuhkalb die Milch gibt und was man für Kosten rein stecken muß?

3. Wie kann Ihrer Meinung nach ein vernüftiger und gerechter Milchpreis für Verbraucher und Milchbauern erreicht werden?

Mit freundlichen Grüßen
Sigrid Eskuchen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eskuchen,

die europäische Agrarpolitik hat im Jahr 2003 beschlossen, sich schrittweise von den alten Instrumenten zu verabschieden. Dazu gehört auch der Ausstieg aus dem bisherigen Milchquotensystem bis 2015. Gerade im Interesse der Landwirte, die für sich, ihre Familien und ihre Betriebe langfristige Perspektiven benötigen, wäre es fahrlässig den Eindruck erwecken zu wollen, mit einer neu gestalteten Mengensteuerung seien die Probleme zu lösen.

Die SPD hat immer begleitende Maßnahmen eingefordert, um einen sanften Ausstieg aus der Milchquote zu ermöglichen. Wir dürfen in dieser Situation nicht vergessen, dass die Politik in vielen Bereichen diese begleitenden Maßnahmen auf den Weg gebracht hat.
Die große Koalition hat erst kürzlich in engem Schulterschluss mit den Bundesländern ein umfangreiches Maßnahmenbündel angeschoben, um die Milchbauern direkt zu unterstützen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an folgende Maßnahmen, die der Bund und die Länder nun schrittweise umsetzen:
- Anhebung des Fördersatzes für besonders tiergerechte Haltungsverfahren von 30 Prozent auf 35 Prozent;
- Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens von 1,5 Mio. Euro auf 2,0 Mio. Euro;
- Aufhebung des Nachweises der Milchquote auch für Milcherzeuger, die ihre Anträge auf Investitionsförderung nach dem 31. Dezember 2006 gestellt haben.
- Darüber hinaus werden weitere Änderungen ab 1. Januar 2010 in Kraft treten: An dieser Stelle sei die Anhebung des Fördersatzes für Kooperationen von Landwirten mit anderen Partnern zur Einkommensdiversifizierung z.B. zur effizienteren Nutzung von Bioenergie genannt. Dieser steigt von derzeit 25 Prozent auf bis zu 35 Prozent
- Erhöhung der Prämie für Agrarumweltmaßnahmen einschließlich der Sommerweideprämie und des Ökolandbaus, d.h.:
- der Regelobergrenze für die Ausgleichszulage für Landwirte in benachteiligten Gebieten wird auf bis zu 200 Euro je Hektar erhöht und
- die Sommerweide-Prämie wird auf 50 Euro je Großvieheinheit angehoben.
- Vorziehen der Auszahlung von Direktzahlungen
- Senkung der Agradieselsteuer
- Liquiditätsprogramm der Landwirtschaftlichen Rentenbank

Was die konkrete Höhe des Milchpreises angeht, möchte ich folgendes anmerken: Im letzten Jahr hatten wir ein sehr hohes Preisniveau. Eigentlich musste damals jedem klar sein, dass dieses nicht dauerhaft zu halten war. Verbraucher und Verarbeiter sind wegen des hohen Milchpreises auf andere pflanzliche Rohstoffe umgestiegen und habe dadurch die Binnennachfrage vermindert. Es ist davon auszugehen, dass das historische Preistief nicht ewig anhalten wird. Agrarökonomen erwarten mittelfristig einen Milchpreis von 30 Cent und mehr. Langfristig werden sich die Milchviehalter jedoch an schwankende Preise anpassen müssen. Die 12 Cent EU-Direktzahlungen, die ein Milchviehbetrieb im Durchschnitt pro Liter Milch bekommt, sind dabei ein stabilisierender Faktor.

Politik kann unterstützen und die Rahmenbedingungen verändern. Politik kann und darf aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie selbst tragfähige Unternehmenskonzepte entwickeln oder langfristige Zusicherungen machen könnte, für die sie keine Durchsetzungschancen sieht.
Die SPD wird innerhalb ihres Leitbildes für eine Politik der Entwicklung der ländlichen Räume weiterhin dafür werben, dass die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft und insbesondere der Milchviehhalter deutlicher als bisher für Steuerzahler sichtbar werden und verlässlich vergütet werden.

Die Agrarexperten der SPD-Fraktion und die Verantwortlichen in der Bundesregierung werden sich darüber hinaus intensiv darum bemühen, die vorhandenen politischen Spielräume im Interesse einer nachhaltigen Milcherzeugung in Deutschland zu nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Holger Ortel