Frage an Holger Krestel von Ulrich F. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Krestel,
mit Verwunderung habe ich gelesen, dass der Generalsekretär Ihrer Partei im Zusammenhang mit der wegen Fahrdienstleitermangel notwendig gewordenen Teilschließung des Bahnhofs Mainz gefordert hat, dass die im Urlaub befindlichen Fdl aus diesem zurückgerufen werden. Herr Döring ist im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG und sollte daher wissen, dass der Mangel an Personal bei der DB AG "hausgemacht" ist (Börsengang) und keinen Grund für einen Rückruf aus vom Arbeitgeber genehmigtem Urlaub darstellt. Allein, dass die Fast-Schließung eines Bahnhofs eine weltweite Blamage (des Eigentümers) darstellt, rechtfertigt einen Rückruf nicht! Als Politiker einer demokratischen Partei sollte Herr Döring die Grundzüge des BurlG kennen. Man muss ja befürchten, dass diese Partei letztlich den Urlaub für Arbeitnehmer abschafft. Vor allem, wenn man hört, dass der Vorsitzende dieser Partei die gleiche Meinung bez. des Urlaubabbruchs vertritt.
Nun lese ich, dass der Vorstandsvorsitzende der DB AG hat wissen lassen, dass bereits in diesem Jahr rund 600 zusätzliche Fahrdienstleiter die rund 12500 Mann starke Fdl-Gruppe verstärken sollen, um zumindest ein weiteres Zugchaos wie am Mainzer Hauptbahnhof zu vermeiden.
Wenn in einem Betrieb fast 5 % einer Tätigkeitsgruppe fehlen (und das ist ja nur eine Baustelle bei der Bahn: Eisenbahnfahrzeugführer z. B. fehlen auch in hohem Maße) sollte das eigentlich nicht nur den 2 Bahngewerkschaften seit längerem bekannt sein, sondern auch dem Aufsichtsrat.
Meine Frage an Sie als Vertreter der FDP in Tempelhof-Schöneberg: Wie kam es dazu, dass der Generalsekretär der FDP P. Döring, der als Vertreter der Bundesregierung im AR der DB AG sitzt, erst in einer Situation wie Mainz merkt, dass bei der von ihm mitbeaufsichtigten AG ein solch hoher Personalmangel herrscht?
Für eine Antwort bin ich Ihnen auch im Zusammenhang mit der Wahl am 22. 09. dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Fried
Sehr geehrter Herr Fried,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse.
Mein Kollege Patrick Döring hat sich bereits umfassend zu dem Thema geäußert und da Ihre Frage ja Ihn persönlich betrifft, verweise ich auf sein bereits erfolgtes Statement, um Ihre Frage zu beantworten:
"Wie in den letzten Wochen deutlich wurde, gibt es bei der Deutschen Bahn AG einen massiven Mangel an Fahrdienstleitern - zum Leidwesen tausender Berufspendler und Reisender. Diese betrieblichen Engpässe sind in erster Linie Folge der verfehlten Personalpolitik unter dem früheren Bahnchef Hartmut Mehdorn. Die SPD hat von 1999 bis 2009 den Verkehrsminister (zuletzt Tiefensee) und den Finanzminister (zuletzt Steinbrück) im Bund gestellt. Ebenso hat die SPD in dieser Zeit eine Teil-Privatisierung der DB AG mit Netz betrieben und damit Herrn Mehdorn beauftragt. Die FDP hingegen hat sich stets für eine Privatisierung ohne Netz ausgesprochen. Die geplante Teilprivatisierung mit Netz war in der Ära Mehdorn der Grund dafür, dass im Netz zu wenig investiert, auf Verschleiß gefahren und am Personal gespart wurde. Das rächt sich jetzt.
Seit Amtsantritt des Vorstandsvorsitzenden Grube und auch meiner Berufung in den Aufsichtsrat der DB AG wurde in der Personalpolitik umgesteuert. Derzeit arbeitet die Deutsche Bahn mit Hochdruck daran, mehr qualifiziertes Personal zu gewinnen, welches sich jedoch als weitaus schwieriger erweist als zunächst vermutet. Es mangelt an Fachkräften.
Dessen ungeachtet steht außer Frage, dass die Schuld für die aktuelle Situation nicht bei der Bahnbelegschaft sondern beim Bahnmanagement und der Politik liegt. Mein Aufruf, in der momentanen Notlage Stellwerksmitarbeiter zu bitten, ihren Erholungsurlaub gegen eine entsprechende Bonuszahlung zu unterbrechen, wurde in der Berichterstattung der vergangenen Tage zum Teil leider nur stark verkürzt wiedergegeben, wodurch bei einigen Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck entstand, ich wolle die Bahnmitarbeiter quasi per Dekret aus ihrem wohlverdienten Urlaub zurückholen. Dieses bedauere ich sehr, denn klar ist: Wer - ohne dazu verpflichtet zu sein - seinen Urlaub unterbricht, sollte dafür eine großzügige Anerkennung erhalten.
Das gemeinsame Ziel aller Beteiligten aus Unternehmensführung, Belegschaft und Politik kann jetzt nur sein, so schnell wie möglich wieder die volle Leistungsfähigkeit des Betriebsablaufes herzustellen. Daran arbeiten wir mit Hochdruck , wie nicht zuletzt das „10-Punkte-Programm Fahrdienstleiter“ der DB AG zeigt, welches vor wenigen Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Ich hoffe, ich konnte mit diesen Zeilen Ihre Irritation auflösen. Sollten dennoch Fragen offen geblieben sein, scheuen Sie bitte nicht, mich erneut zu kontaktieren. Mit freundlichen Grüßen, Patrick Döring"
Mit freundlichen Grüßen,
Holger Krestel
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