Frage an Holger Krestel von Lars-Eric P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Krestel,
als Wähler Ihres Wahlkreises interessiert es mich, was Sie in Hinblick auf die systematische Bespitzelung deutscher Bürger und Institutionen durch die ausländischen Geheimdienste aus den USA und Großbritannien konkret zu tun gedenken und wie Sie dazu stehen. Danke.
Sehr geehrter Herr Pribyl,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Tatsache, dass sämtliche (Auslands-)Geheimdienste (und nicht nur die enthüllten britischen und amerikanischen Institutionen) flächendeckende Abhöraktionen auch im Ausland durchführen, ist alleine keine Überraschung. Die vielen tausend Angestellten waren vorher schließlich auch schon kein Geheimnis. Der Bundesnachrichtendienst stellt hierbei sicherlich keine Ausnahme dar. Es ist auch schwer, Geheimdiensten von außen Regeln aufzuerlegen – das ist schließlich ihr Zweck.
In welchem Ausmaß jedoch Wirtschaftsspionage betrieben wird, sollte für uns ein Weckruf sein. Um es mit den Worten meines Berliner Bundestagskollegen Martin Lindner zu sagen: „Wir brauchen dringend Waffengleichheit! Der BND muss in seiner Arbeit das Thema Wirtschaftsspionage künftig aktiver begleiten als bisher.“ Wirtschaftsspionage gehört ausdrücklich nicht zum Aufgabenbereich des Bundesnachrichtendienstes und das ist ein Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen. Zumindest deren Abwehr muss jedoch aktiver verfolgt werden.
Abkommen mit befreundeten Staaten, Abhöraktionen zu unterlassen, sind selbstverständlich grundsätzlich sinnvoll, jedoch nicht überprüfbar und damit unpraktikabel. Es liegt leider in der Natur von Geheimdiensten, genau jene Dinge zu tun, welche international nicht entdeckt werden sollen, weil sie nicht erlaubt sind.
Eine andere Frage ist, was für Reaktionen die mediale Präsenz der Enthüllungen auf der Gegenseite hervorruft. Es ist davon auszugehen, dass sowohl Terroristen als auch Geheimdienste nicht befreundeter Staaten aus den veröffentlichten Informationen ihre Schlüsse ziehen und ihre Verfahrensweise entsprechend anpassen, um sich weiter zu schützen oder wie Julian Reichelt am 08. Juli in der Bild-Zeitung schrieb: „Ja, es gab sie wohl, die Abhör-Exzesse. Ja, die USA haben offenbar sogar befreundete Regierungen bespitzelt. Aber das macht Edward Snowden noch lange nicht zum Helden. Denn Snowden ist dafür verantwortlich, dass jeder Terrorist der Welt in den letzten Tagen sein Handy weggeworfen, seine E-Mail-Adresse abgeschaltet hat. (…) Wir feiern mit den Falschen. Snowden ist auch ein Held für all jene, die in Berlin, Madrid, London Busse in die Luft sprengen wollen.“
Sehr lesenswert ist auch die Kolumne von Jan Fleischhauer vom 04. Juli: „Hysterie in der Nacktsauna“ ( http://www.spiegel.de/politik/ausland/nsa-skandal-deutschlands-seltsames-konzept-von-privatsphaere-a-909464.html )
Daher muss man also die Vorgänge mit ruhiger Hand anfassen und einseitige Berichterstattung, Hysterie und Rückzugspolitik beiseite schieben.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Krestel