Holger Gasse
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CDU
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Frage von Günter K. •

Wie stehen Sie zur Verwendung der Gendersprache in den Medien und den Gesetzestexten, wo doch 75% der Deutsche das ablehnt?

Finden Sie es vernünftig, das Votum der Mehrheit zu akzeptieren oder sollte diese Mehrheit eher "erzogen" werden

Holger Gasse
Antwort von
CDU

Ich lehne die Verwendung der Gendersprache grundsätzlich ab. Dass das vernünftig ist, zeigt das Votum der Mehrheit der Bevölkerung, welches auch akzeptiert werden sollte. Nachfolgend möchte ich Ihnen sehr gern meine Gründe dafür ausführlich darlegen.

Die Sprache wird oft verglichen mit einem Wasserstrom, der sich dem Lauf der Dinge stets von selbst anpasst. Und Sprache hat vielerlei Funktionen. Sie dient der sozialen Interaktion. Deshalb ist die wichtigste Funktion der Sprache, Kommunikation zwischen den Menschen zu ermöglichen. Andererseits spiegelt Sprache jedoch auch gesellschaftliche Entwicklungsprozesse wider. Sie prägt und beeinflusst also auch unsere subjektive Wahrnehmung von der Welt.

Seit mehr als 40 Jahren gibt es politische und gesellschaftliche Diskussionen darüber, Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern sowie Diskriminierungsfreiheit mittels einer geschlechtergerechten Sprache umzusetzen. Die Grundidee, durch die Anwendung von Sprache mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Männer und Frauen gleichermaßen wichtige Aufgaben wahrnehmen und Verantwortung tragen, halte ich vom Grundsatz her für nicht falsch.

Bekanntermaßen gibt es in unserer Sprache ein natürliches Geschlecht (Sexus), von dem es zwei Formen gibt: männlich und weiblich. Das grammatische Geschlecht (Genus) kommt in drei Formen vor: männlich, weiblich und sächlich. Das Genus wird ohne jede erkennbare Parallele zum biologischen Geschlecht verwendet.

Den verzweifelten Kampf, den einige gegen das sogenannte „generische Maskulinum“ in der deutschen Sprache führen, halte ich für sehr problematisch. „Generisch“ bedeutet, dass Personenbezeichnungen mit grammatisch männlichem Geschlecht nichts über das biologische Geschlecht aussagen. Verfechter der Gendersprache kritisieren, dass bei der Verwendung des generischen Maskulinums die Frauen nur „mitgemeint“ sind. Das ist jedoch nicht korrekt. Richtig ist, dass die Frauen damit gar nicht gemeint sind, ebenso wenig wie die Männer. Und genau hierin liegt die Spezifik des generischen Maskulinums. Es handelt sich dabei nämlich in Wirklichkeit um eine in der Sprache tief verankerte, sehr gute und auch elegante Methode zur Vermeidung von Diskriminierung.

Worte im generischen Maskulinum wie „Lehrer“ und „Lehrling“ haben zwei Bausteine. Beide Worte verfügen über den Verbstamm „lehr“. Daran werden die Endungen „er“, oder „ling“ angefügt. Diese Substantivierung führt zu Bezeichnungen von Personen, die genau das tun, was der Verbstamm besagt.

Solche Substantive können eine ganze Reihe von daraus abgeleiteten Bedeutungen haben. Sie ändern jedoch nichts an der Grundbedeutung. So kann ein „Träger“ beispielsweise ein Bauelement sein, oder eine Person, die etwas trägt. Genauso gut könnte es aber auch ein Hosenträger, oder eine Körperschaft öffentlichen Rechts sein. Wenn wir in der deutschen Sprache nun damit beginnen würden, solche mehrdeutigen Worte zu gendern, berauben wir die Texte unserer Muttersprache ihrer Schönheit und ihres Charmes. Denn die Grundlage eines Witzes ist oft der Doppelsinn von Worten.

Bestimmte Dinge könnten ohne das generische Maskulinum im Deutschen, wenn überhaupt, dann nur durch umständliche Umschreibungen ausgedrückt werden. Einen „Säugling“ kann man beispielsweise nicht als „Gesäugter“ bezeichnen. Sätze wie „Wir kennen nicht einmal das Geschlecht des Verdächtigen“ wären genauso wenig möglich wie „Unter den Kindergärtnern gibt es noch immer zu wenig Männer“.

Auch Gesetzestexte weisen Merkmale auf, die sich mit geschlechtergerechter Sprache nicht vereinbaren lassen. Bei Gesetzestexten müssen alle Merkmale einer Person, die für das zu regelnde Rechtsverhältnis irrelevant sind, abstrahiert werden. Das betrifft beispielsweise das natürliche Geschlecht des Schuldners oder des Täters.  

Ich halte es aber beispielsweise für nützlich, vor einer Schulklasse von „Ärzten und Ärztinnen“ zu sprechen. Das weitet in bestimmten Situationen den Blickwinkel und macht Mädchen bewusst, dass sie genauso wie die Jungs in ihrer Klasse einmal diesen Beruf ergreifen können. Gleiches gilt umgekehrt natürlich auch für „Kindergärtnerinnen und Kindergärtner“.

Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist mir persönlich und den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion wichtig. Aber ebenso wichtig ist uns unsere Muttersprache! Sie ist Ausdruck unserer Kultur und Tradition und damit ein wesentlicher Pfeiler unseres Selbstverständnisses. Sie zu pflegen und zu erhalten, sehen wir deshalb als unsere Verpflichtung an.

Wer auf das Gendern besteht, instrumentalisiert Sprache zur Positionierung und Politisierung. Damit beraubt er sie aber ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich uns Menschen miteinander zu verbinden, indem wir uns verständigen.

Eine hochkomplexe Sprache wie das Deutsche funktioniert wie ein mechanisches Uhrwerk, in dem man an keiner Schraube drehen kann, ohne dass die ganze Mechanik ins Stocken gerät. Konsequenterweise würde es ja auch nicht ausreichen, nur bei Hauptwörtern zu gendern. Auch die Pronomen, Präpositionen und Adjektive und alles was damit grammatikalisch zusammenhängt, wäre hierbei mit zu bedenken („Wer hat seinen Lippenstift im Bad vergessen?“).

Wenn wir dafür sorgen, dass es in Zukunft mehr Mechanikerinnen, Arztinnen, Polizistinnen, Professorinnen und Busfahrerinnen gibt als jetzt, tun wir meiner Meinung mehr für die Gleichstellung von Mann und Frau, als wenn wir gegen das generische Maskulinum in der deutschen Sprache zu Felde zu ziehen.

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