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Hermann-Josef Scharf
CDU
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Frage von Uwe S. •

Frage an Hermann-Josef Scharf von Uwe S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

1. Der Bundestag hat am 23. April 1996 und 14. März 2003 eine Resolution zu Tibet verabschiedet. Die erste enthielt konkrete Forderungen an die VR China bezüglich der Verbesserung der Menschenrechte und der Gewährung kultureller Autonomie.
a] Ist Ihre Fraktion bereit - auch in der Regierungsverantwortung - die Forderungen der ersten Resolution gegenüber der chinesischen Führung aufzugreifen, da bislang keine davon erfüllt worden ist?
Die zweite Resolution war in den Forderungen unverbindlicher, weil sie unmittelbar an den chinesischen Volkskongress gerichtet war.
b] Können Sie uns Auskunft geben über die Reaktion des chinesischen Volkskongresses auf die zweite Resolution?
2. Deutschland gehört zu denen wenigen Staaten der westlichen Welt, in denen der Dalai Lama noch nie von einem amtierenden Regierungschef empfangen worden ist.

Wird Ihre Fraktion im Falle einer Regierungsverantwortung darauf drängen, dass dies Versäumnis endlich nachgeholt wird und der Dalai Lama nach der nächsten Wahl vom Regierungschef empfangen wird?
3. Die Interessen Tibets im deutschen Bundestag wurden während der letzten Legislaturperioden vom Tibet Gesprächskreis vertreten.
a] Wird sich Ihre Fraktion in der nächsten Legislaturperiode für die Einrichtung eines neuen Arbeitskreises Tibet stark machen?
b] Sehen Sie darüber hinaus Möglichkeiten, den Status und die Funktion eines solchen Arbeitskreises dadurch zu stärken, dass er zum Beispiel als Unterausschuss einem bestehenden Bundestagsausschuss angegliedert wird?
4. Die Verknüpfung von Menschen- und Völkerrechten mit Wirtschaftsbeziehungen wurde bislang als unerfüllbar abgelehnt.

Halten Sie an diesem Grundsatz fest, oder können sie sich unter bestimmten Umständen - etwa bei besonders gravierenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen - vorstellen, von dem Grundsatz abzuweichen?
5. Einer der besonders gravierenden Fälle von Menschenrechtsverletzungen ist das Schicksal des Panchen Lama, des zweithöchsten tibetischen Würdenträgers. Seit seiner Entführung durch die chinesischen Behörden im Mai 1995 hat ihn kein unabhängiger Augenzeuge mehr gesehen, sodass es keine verlässlichen Informationen über seinen Verbleib gibt.
a] Welche Möglichkeiten der Einflussnahme auf die chinesische Führung sehen Sie, um das Schweigen um den Panchen Lama zu brechen?
b] Sind Sie bereit in diesem Fall auch Wirtschaftssanktionen in Erwägung zu ziehen, um etwas über das Schicksal des Panchen Lama in Erfahrung zu bringen?
6. Bundeskanzler Schröder hat sich mit Nachdruck für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen die VR China eingesetzt.

Welche Position vertritt Ihre Fraktion in der Frage? Sind Sie bereit, sich für den Fortbestand des Waffenembargos zu engagieren?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schröder,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Frage zu meiner Haltung bezüglich Tibet. Bereits am Unfang und der Ausführlichkeit Ihrer Frage wird deutlich, dass Sie sich intensiv mit diesem Thema befassen – viel intensiver als ich das zu tun vermochte. Ich bin zu meinem Bedauern kein ausgewiesener ´Tibet-Fachmann´, aber ich werde versuchen aus meiner Warte so gut Stellung zu Ihrer Frage zu beziehen, wie ich kann, auch wenn dies nicht so numerisch gegliedert ausfällt, wie das in Ihrer Fragestellung vorgegeben ist: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland zu China war bis 1998 immer werte- und interessenorientiert. Es galt alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Menschenrechte, aber auch politische- und wirtschaftliche Erwägungen. Dies galt auch in der Tibetfrage. Tibet galt und gilt für die Bundesregierung als Teil des chinesischen Staatsverbundes. Aus diesem völkerrechtlichen Sachverhalt ergibt sich, dass die Bundesregierung eine sich so bezeichnende Regierung Tibets nicht anerkennt. Somit wurde der Dalai Lama bisher als Regierungschef noch nie offiziell empfangen. Wie meine Fraktion sich zu dieser Frage stellen wird kann ich, da ich dieser bisher nicht angehöre, zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Ich kann ihnen lediglich meine persönliche Sicht zu Tibet schildern. Ich unterstütze das Recht der Tibeter auf kulturelle Autonomie. Eine Zugehörigkeit zu China darf für die Tibeter nicht den Verlust ihrer Kultur und Religion bedeuten. Auch muss von der chinesischen Regierung eingefordert werden, dass diese die Menschenrechte und religiösen Freiheiten in Tibet achtet und anerkennt. China gilt als eines der großen dynamischen Zentren der Weltpolitik. Ein enges deutsch-chinesisches Verhältnis ist deshalb von großer Wichtigkeit. Dieses erfordert aber auch eine Gratwanderung zwischen kühler, pragmatischer Vertretung deutscher Interessen – auch wirtschaftlicher – und Prinzipientreue. Prinzipientreue sehe ich gerade in der Frage des EU-Waffenembargos gegen China angebracht. China hat sich zwar seit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 weiter entwickelt, dennoch hat sich die Menschenrechtsfrage nicht signifikant verbessert. Das Embargo sollte seinerzeit ein deutliches moralisches Zeichen in Richtung Peking geben. Dieses jetzt aufzuheben würde ein völlig falsches Zeichen in eine konträre Richtung setzen. Aus diesem Grunde halte ich das EU-Embargo gegenwärtig für richtig und notwendig. Die sehr eigenwillige und unverantwortliche Politik der Regierung Schröder/Fischer halte ich in diesem Zusammenhang für falsch.
Was Ihre Frage bezüglich des Panchen Lama und die Verhängung von Wirtschaftssanktionen vor diesem Hintergrund anlangt, kann ich keine Aussagen treffen, da mir über die Vorgänge und das Schicksal des Panchen Lama nichts bekannt ist. Generell sollten wir bemüht sein weiterhin gute politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu China zu unterhalten, allerdings muss es auch möglich sein, schwierige Fragen, wie beispielsweise die der Menschenrechte in Tibet offen anzusprechen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hermann Scharf

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