Frage an Hermann-Josef Scharf von Petra P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Scharf,
ich bin in 2004 von der USA wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Ich hatte als ich so um die zwanzig war meinen Mann, Amerikaner, kennegelernt, geheiratet und bin in 1989 in die USA gezogen.Weil ich immer Heimweh hatte, hatte ich meine Familie endlich dazu überredet wieder, sozusagen als letztes Abenteuer bevor wir zu alt werden, dazu überzeugt wieder nach Deutschland überzusiedeln.
Ich weiß ich schweife jetzt ein bißchen aus aber ich möchte das Sie verstehen wie frustriert, enttäuscht und wütend ich bin.
Ich hatte mich beim Arbeitsamt in Neunkirchen arbeitsuchend gemeldet und leider bis zum heutigen Tag noch nichts gehört. Habe aber trotz allem mit Eigeninitiative in Ramstein Airforce Base Arbeit gefunden und bin mittlerweile voll eingestellt und befördert worden, obwohl ich am Anfang nur befristed eingestellt wurde. Mein Mann ist nach 3 Monaten nachgekommen und hat auch als Contracter mit einer Amerikanischen Firma unter dem Deutschen System Arbeit gefunden und daher sind wir beide in verschiedenen Steuerklassen. Er, in Steuerklasse 3, weil noch unsere Tochter mitversteuert ist und ich in Steuerklasse 5. So, diesen Monat habe ich meine Gehaltserhöhung und Urlaubsgeld bekommen worüber ich mich sehr gefreut habe. Leider bleibt mir da aber nicht viel übrig weil ich über 50% von meinem Gehalt abgezogen bekommen habe. Über 50%!!!! Hier ist die Abrechnung: 2.264,69 Monatsgehalt, 500,40 Urlaubsgeld, macht 2.765, 09 Brutto. Nach Steuern und Sozialabgaben bleiben mir noch unter dem Strich sage 1.295,97! So meine Frage ist, wie kann das sein? Warum werde ich als Doppelverdiener bestraft? Ich habe in Amerika gelernt das man mit harter Arbeit, Flexibilität und Eigeninitiative sehr weit kommen kann. Hier in Deutschland habe ich das Gefühl dass man gleich mal einen auf den Deckel bekommt und bestraft wird wenn man als Ehepaar beide arbeitet.
Ich würde mich freuen Ihre Stellungsnahme zu hören.
Mit freundlichen Grüßen,
Petra Pieh
Sehr geehrte Frau Pieh,
erstmal freue ich mich, dass Sie beide schnell einen Job gefunden haben und bin natürlich auch froh, Sie und Ihren Ehemann im Saarland begrüßen zu können.
Dass die zu zahlenden Sozialabgaben in Deutschland eine andere Dimension haben als in den USA, ist unstrittig. Es ist aber zu einfach, nur diesen Aspekt zu betrachten. Ihren in Deutschland gezahlten Sozialabgaben stehen natürlich Leistungen gegenüber und diese sind in vielen Bereichen viel weitreichender als in den USA. In diesem Zusammenhang verweise ich beispielhaft auf die Gesundheitsversorgung, die Absicherung im Fall der Arbeitslosigkeit und auf die Altersversorgung. Unser Land hat sich aus seiner Geschichte heraus für einen umfassenderen Sozialstaat entschieden und dies beinhaltet natürlich auch höhere Abgaben vom monatlichen Arbeitslohn.
Ich stimme Ihnen aber zu, dass sich Leistung lohnen muss und ein gerechter Ausgleich zwischen staatlichen Leistungen und den Abgaben für diese Leistungen gefunden werden muss. Ich kann aber nicht nachvollziehen, dass Sie sich als Doppelverdiener benachteiligt fühlen.
Die steuerliche Einstufung von Ehepaaren in die Steuerklassen 3 und 5 beinhaltet Vor- und Nachteile. Nur Ihr Gehalt anzuführen greift dabei zu kurz. Diese steuerliche Einstufung wählen Paare, bei denen ein größerer Verdienstunterschied vorliegt. Aus Ihren Schilderungen bzw. Ihrer steuerlich Einstufung nehme ich an, dass Ihr Ehemann mehr verdient als Sie und bei gleichem Einkommen gegenüber einem Single in Steuerklasse 1, auch eine niedrigere Abgabenbelastung aufweisen. Sie sind ein Ehepaar und müssen im Zusammenhang betrachtet werden. Der Partner, der die Steuerklasse 5 wählt, sollte weniger verdienen und kann so leichter eine etwas höhere Belastung in Kauf nehmen, als der Partner mit dem höheren Einkommen, der sich in Steuerklasse 3 einstufen lässt. Auch muss berücksichtigt werden, dass über den Lohnsteuerjahresausgleich ein Ausgleich zwischen den Ehepartnern geschaffen wird, der Ihnen zugute kommt.
Ich denke auch, dass Sie mir zustimmen, dass es keine Alternative ist, Ihren Job wegen der auf den ersten Blick höheren Abgabenbelastung in Steuerklasse 3 aufzugeben. Wie aufgezeigt, hat Ihr Mann steuerliche Vorteile von seiner Einstufung und als Ehepartner profitieren Sie von diesem Vorteil. Auch wird der kommende Lohnsteuerjahresausgleich Ihre Kritik relativieren. Zu vernachlässigen ist auch nicht der Steuerfreibetrag für Ihre Tochter.
Ich gebe zu, dass das deutsche Steuersystem vielleicht nicht zu den transparentesten der Welt zählt und durch Freibeträge oder den nachträglichen Ausgleich auch ein wenig Zeit investiert werden muss, aber eine Bestrafung für Doppelverdiener-Ehepaare liegt meiner Meinung nach nicht vor. Die Nachteile der Steuerklasse 5 werden natürlich in einem Monat mit Urlaubsgeld sehr deutlich, sollte Ihr Ehemann jedoch auch Urlaubsgeld bekommen, gleicht sich dies wiederum aus.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann-Josef Scharf, MdB