Frage an Herbert Behrens von Heide W. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Behrens,
leider bekommen wir bei Anfragen zum Baustopp der B 50/Hochmoselübergang an Bundesminister Dr. Ramsauer immer wieder Antworten von Mitarbeitern seines Ministeriums, die uns einfach nur die Sach- und Rechtslage erläutern, obwohl wir die zur Genüge kennen. Uns geht es um eine POLITISCHE Entscheidung. Und über eine solche muss bei Bedarf jederzeit neu nachgedacht werden können.
Daher auch an Sie als Mitglied des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Frage:
Muss das objektiv zumindest in dieser Ausführung nicht notwendige Projekt trotzdem ausgeführt werden, nur weil es nach jahrzehntelangem Streit juristisch formal abgesegnet wurde?
Spielt es keine Rolle, dass tatsächlich die ursprünglichen Gründe für diesen mehr als 40 Jahre alten Straßenbau-Plan nicht mehr existieren?
Eine "Aufmarschtrasse" für die NATO ist obsolet geworden, weil der kalte Krieg Gott sei Dank lange vorbei ist.
Eine Verbindung von den belgischen Häfen ins Rhein-Main-Gebiet gibt es inzwischen (A 61 und Autobahnverbindung über Kaiserslautern) mehrfach und besser.
Von einer Verbesserung des regionalen Verkehrs kann keine Rede sein, das kann eine Trasse, die nur an einer recht abgelegenen Stelle ans Moseltal angebunden ist, gar nicht leisten. Vorteile haben nur ganz wenige, was den Kostenaufwand in keiner Weise rechtfertigt.
Aber sehr viele Menschen haben große Nachteile:
Vor allem der Tourismus – nach Aussagen selbst des ehemaligen rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministers Bauckhage DAS wirtschaftliche Standbein der Region – erhielte mit der optischen Verschandelung des Moseltals und der Zerstörung eines ganz wichtigen Wander- und Naherholungsgebietes innerhalb der landschaftlich wunderschönen Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach einen nicht wieder gut zu machenden Dämpfer.
270 Mio. und mehr für diesen Unsinn sollten uns erspart bleiben. Werden Sie uns weiter - vielen Dank für das bisherige Engagement Ihrer Fraktion - helfen?
Danke
Sehr geehrte Frau Weidemann,
die verkehrspolitische Sprecherin unserer Fraktion Sabine Leidig, hat Ihre Frage bereits im Namen der Fraktion wie folgt beantwortet:
"...die von Ihnen genannten Argumenten gegen diesen Straßenneubau kann ich voll und ganz unterstützen und ich werde mich auch in Zukunft gegen den Bau bzw. Weiterbau der B 50 / Hochmoselübergang aussprechen.
Meine Fraktion und ich halten Deutschland straßenmäßig für erschlossen, so dass auf Straßenneu- und ausbau (bis auf wenige Ausnahmen) verzichtet werden kann und - angesichts der absehbaren Endlichkeit fossiler Rohstoffe - muss. Auch aus Gründen der Klimagerechtigkeit, der sozialen Perspektiven und Nachhaltigkeit, vertrete ich nachdrücklich die Orientierung auf postfossile, solidarische Mobilitätsalternativen, bei der öffentliche Angebote, nichtmotorisierte Fortbewegung und die Entwicklung der Nähe im Zentrum stehen.
Nun zu Ihren konkreten Fragen: Natürlich ist auch zum jetzigen Zeitpunkt eine qualifizierte Beendigung möglich. Nicht nur veränderte Rahmenbedingungen begründen dies, sondern auch der entstehende Schaden für diese einmalige Landschaft des Moseltals.
Im zur Zeit im Bundestag diskutierten Entwurf des Bundeshaushaltes 2011 sind für den Abschnitt B50a (Platten) - Zubringer B53 neu Kosten in Höhe von rund 182 Mio. € und für den Abschnitt Zubringer B53 neu - Zubringer B50a (Longkamp) 88,9 Mio € vorgesehen, jeweils der Großteil ab 2012 und Folgejahre.
Aus einer Antwort des Bundesministers für Verkehr auf eine schriftliche Frage vom 2. Juni 2010 (Bt-Dr. 17/1918, S. 55/56 --> dip21.bundestag.de ) geht hervor, dass eine erneute Kosten-Nutzen-Bewertung des Projektes auf Basis der aktuellen Kostenermittlungen und Verkehrsprognosen durchgeführt wird - zu erwarten ist aufgrund der Kostensteigerungen ein noch schlechterer Wert als die 3,4 aus dem Bundesverkehrswegeplan 1992. Diese neue Bewertung soll jedoch erst zum Ende des Jahres vorliegen, wie ich jüngst erfahren habe.
Da Verkehrsminister Ramsauer zu Anfang des Jahres aus Finanzgründen die Grenze für zu realisierende Projekte im Nutzen-Kosten-Verhältnis bei mindestens 4 (also muss der Nutzen des Projektes mindestens das Vierfache der Kosten ausmachen) gezogen hat, wäre auch aus wirtschaftlichen Gründen ein Stopp nötig. Einklagbar ist diese Grenze allerdings nicht; es wird auch in vielen anderen Fällen dagegen verstoßen.
Es bedarf also möglichst schnell einer politischen Entscheidung, um Schaden von Landschaft, Umwelt und öffentlichen Haushalten abzuwenden. Da der Bundestag mit diesem Projekt nicht mehr befasst wird, sind meine Einwirkungsmöglichkeiten gering. Den Haushalt 2011 wird meine Fraktion auch aus diesem Grunde ablehnen. Sollte es Situationen geben, bei denen Sie ein Einmischen vor Ort meinerseits, als MdB und verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, als hilfreich einschätzen, so bin ich generell gerne dazu bereit, mich einzubringen.
Mein Büro gibt mit Kollegen vierteljährlich das "Verkehrspolitische Zirkular" heraus. Wir informieren darin über unsere Arbeit im Bereich der Verkehrspolitik. Bei Interesse senden wir Ihnen gerne Exemplare (oder auch regelmäßig) zu oder Sie finden es als download auf unserer Website: www.linksfraktion.de
Mit freundlichen Grüßen Sabine Leidig"
Dem schließe ich mich vollständig an.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Behrens