Frage an Herbert Behrens von Thomas B. bezüglich Verkehr
Moin Herbert,
zunächst einmal: Super, dass Du Bundestagsabgeordneter geworden bist. Das ist sehr gut. Da ich ja noch aus alten "nachbarschaftlichen" Zeiten weiß, wofür Du stehst, begrüße ich Deine Wahl ausserordentlich.
Was mich mal interessieren würde: Wie stehst Du, bzw. die Linke eigentlich zur Elbvertiefung? Ich arbeite ja selber in einer Reederei und weiß auf der einen Seite, dass wirklich viele Jobs an dieser Veriefung hängen, aber andererseits die Vertiefung eine ökologische Katastrophe ist.
Soweit ich weiß, lässt sich die Linke in Hamburg bzw. Schleswig - Holstein überhaupt nicht zu diesem Thema aus.
Wäre schön, wenn Du mir Deinen bzw. den Standpunkt der Linken einmal dalegen könntest.
Gruß von der Elbe an die Spree bzw. Hamme
Thomas
PS: Viele Grüße auch an Deine Frau und Deinen Sohn (der uns ja damals sehr beim Umzug nach Bremen geholfen hat).
Lieber Thomas,
vielen Dank für deine Glückwünsche und deiner Frage zu unseren verkehrspolitischen Positionen. Bitte lass‘ mir Deine E-Mail-Adresse zukommen, damit ich mich bei Dir melden kann.
Gruß
Da hast völlig recht, die Frage der Elbvertiefung ist ein schwieriges Thema, was auch in der Linken zu einer großen Diskussion geführt hat. Wir betrachten Verkehrspolitik unter einem sozial-ökologischen Ansatz und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Projekt nicht zu vertreten ist. Ich möchte versuchen, es dir zu begründen: Du sagtest, es würden wirklich viele Jobs an dieser Vertiefung hängen, was aber allen uns vorliegenden Fachinformationen widerspricht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bleiben die realen Tiefgänge großer Containerschiffe auf der Unterelbe weit unter den bereits heute bestehenden Möglichkeiten. Nur ein Bruchteil aller Schiffe (zwischen 3-5%) haben einen Tiefgang, der die bisherige Fahrrinnentiefe übersteigt. Der volle Tiefgang wird bei den großen Containerschiffen natürlich auch nur bei voller Ladung erreicht. Kein Reeder löscht jedoch seine gesamte Fracht in einem Hafen, sondern verteilt diese zumeist auf die Häfen der Nordrange. Wenn er in Hamburg ankommt, ist er daher leichter und hat weniger Tiefgang.
Die Genossen aus Hamburg haben sich intensiv und kontrovers mit der Frage der Elbvertiefung beschäftigt und sich mit Verabschiedung des Wahlprogramms zur Bürgerschaftswahl 2008 auf eine kritische Position verständigt, die auch heute noch gilt und die ich sehr treffend finde. Dort heißt es: „Immer neue Elbvertiefungen zerstören die Reste einer einst einzigartigen Flusslandschaft und erhöhen zugleich die Gefahr gefährlicher Sturmfluten. Sie nutzen großen Reedereien und den Unternehmen, welche die Elbvertiefung durchführen, aber sie schaden den Lebensinteressen der Mehrheit der Gesellschaft an einer intakten Umwelt und an sicherem Hochwasserschutz. …Unsere Forderung: Keine weiteren Elbvertiefungen. Die behaupteten aber keinesfalls nachgewiesenen wirtschaftlichen Vorteile stehen in keinem Verhältnis zu den ökologischen Folgen und der wachsenden Gefahr höherer Sturmfluten. Der Hamburger Hafen wächst seit Jahren überproportional, und die Grenzen dieses Wachstums sind nicht durch die Tiefe der Elbe bestimmt. Durch einen Verzicht auf eine weitere Elbvertiefung ist kein einziger Arbeitsplatz in Hamburg gefährdet. Eine Politik und ein Wirtschaftssystem, welche die natürlichen Lebensgrundlagen unserer Kinder und Enkel und der Menschen anderer Völker – und letztlich der gesamten Menschheit – zerstört, ist zutiefst unsozial und unsolidarisch. DIE LINKE fordert, nicht Profitinteressen der Konzerne, sondern die Sicherung der Lebensgrundlagen der Menschen zum Maßstab zu machen. Dafür setzt sie sich gemeinsam mit den Umweltverbänden ein.“
Daher hat unsere Linksfraktion im Rahmen der aktuell laufenden Haushaltsberatung auch beantragt, dass die Mittel für das Planfeststellungsverfahren für die Fahrrinnenanpassung gestrichen werden und der weitere Ausbau der Elbe gestoppt wird, da wir ihn ökologisch für nicht vertretbar halten. Er würde zur weiteren Zerstörung der Ökosysteme einer einst einzigartigen Flusslandschaft führen und die Deichsicherheit drastisch verringern. Es entspricht dem Interesse einiger großer Reedereien und Unternehmen, welche die Elbvertiefung durchführen, aber sicher nicht der großen Mehrheit der Menschen in Hamburg und im Unterelberaum. Besonders mit Blick auf den existierenden, natürlichen Tiefseewasserhafen Wilhelmshaven und Kooperationen im Rahmen eines gemeinsamen nationalen Hafenkonzeptes der Nordrange ist für den Elbausbau außerdem kein verkehrspolitischer Bedarf vorhanden. Den Verlust der bisherigen Planungskosten halten wir für vertretbar, weil langfristig Ausgaben in Höhe von ca. 237 Mio. Euro eingespart werden.
Für den November 2010 planen die Bundestagsfraktion und die Linksfraktionen in den Küstenländern eine Maritime Konferenz. dort wollen wir uns mit den von Dir angesprochenen Fragen beschäftigen. Wenn du magst, mach‘ mit.
Herbert