Was qualifiziert Herrn Merz Ihrer Ansicht nach als Kanzler?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
ich hatte Ihnen hier bereits 2 Fragen zu mir wichtigen Themen gestellt und fand Ihre Antworten absolut nachvollziehbar.
Sorge macht mir, dass es (potentiell) einen Kanzler geben wird, der bisher keinerlei (relevante) politische Ämter bekleidet hat. Die aktuelle Weltlage erfordert m. E. einen Bundeskanzler, der sich durch politisches Geschick und natürlich auch politische/diplomatische Erfahrung diesen Herausforderungen stellen kann. Innenpolitisch ist eine der größten Herausforderungen m. E. die Spaltung der Gesellschaft (politisch, aber auch finanziell). Herr Merz hat ja nun keinen sehr sozialen, sondern eher wirtschaftlich geprägten Background.
Aus welchen Gründen halten Sie Herrn Merz für den richtigen Mann für das Amt des Bundeskanzlers?
PS: Meine Frage klingt vielleicht ein wenig provokativ - so ist sie aber keinesfalls gemeint. Es ist einfach eine Sorge, die ich mit vielen Menschen teile und ich freue mich, Ihre Meinung zu erfahren.
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Sehr geehrter Herr T.
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre offenen Worte. Ich schätze es sehr, dass Sie Ihre Bedenken so klar formulieren und mir die Gelegenheit geben, darauf einzugehen.
Ihre Sorge über die Notwendigkeit von politischer Erfahrung in Zeiten großer Herausforderungen teile ich grundsätzlich. Gerade in der aktuellen weltpolitischen Lage – mit geopolitischen Spannungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Herausforderungen – braucht es eine Führungspersönlichkeit, die sowohl strategisch denken als auch pragmatisch handeln kann.
Friedrich Merz bringt genau diese Qualitäten mit. Er verfügt über eine außergewöhnliche wirtschaftliche Kompetenz, die gerade jetzt von zentraler Bedeutung ist: Deutschland steht vor der Herausforderung, seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, die Industrie zu stärken und Innovationen zu fördern. Dies gelingt nur mit einem Kanzler, der wirtschaftliche Zusammenhänge versteht und gezielt Wachstum, Wohlstand und soziale Sicherheit voranbringt.
Gleichzeitig wird Merz oft auf seine Zeit in der Wirtschaft reduziert, dabei wird sein langjähriges politisches Engagement manchmal übersehen. Er war viele Jahre Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und hat in dieser Zeit gezeigt, dass er politische Prozesse gestalten und Mehrheiten organisieren kann. Seine internationale Vernetzung und Erfahrung in transatlantischen Beziehungen sind ebenfalls wichtige Pluspunkte in einer Zeit, in der Deutschlands Rolle in der Weltordnung neu justiert werden muss.
Zu Ihrer Sorge, dass Merz nicht als „sozial“ wahrgenommen wird: Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit sind keine Gegensätze – im Gegenteil. Eine starke Wirtschaft ist die Basis für eine gute Sozialpolitik. Nur wenn wir Wachstum und Wohlstand schaffen, können wir in Bildung, Rente, Gesundheit und soziale Sicherheit investieren. Merz weiß das, und er wird eine Politik machen, die wirtschaftliche Stärke mit sozialer Verantwortung verbindet.
Mir ist bewusst, dass er nicht von allen als klassischer „Sozialpolitiker“ wahrgenommen wird. Doch ich bin überzeugt, dass seine Politik auf Chancengerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichtet ist. Gerade weil die Spaltung der Gesellschaft eine der großen Herausforderungen ist, braucht es eine Politik, die Wohlstand sichert, Bürokratie abbaut und den gesellschaftlichen Dialog stärkt – und das kann Merz.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Sichtweise näherbringen und freue mich auf den weiteren Austausch mit Ihnen!
Mit besten Grüßen
Henri Schmidt