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Henning Otte
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Frage von Niklaus B. •

Frage an Henning Otte von Niklaus B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Otte,

mit der von der Koalition beschlossenen Einführung des Schulstarterpakets haben Sie dankenswerterweise eine weitere dringend erforderliche Korrektur an der Hartz IV-Gesetzgebung umgesetzt. Trotzdem bleiben Fragen:

1.) Warum ist das Paket auf die Klassen 1 - 10 begrenzt? Bildungschancen sind bekanntlich entscheidend auch von Bildungsentscheidungen abhängig. Gerade beim Übergang in die Sekundarstufe II bleibt für auf Leistungen nach dem SGB II angewiesene Familien eine finanziell belastende Situation. Und auch Berufsschüler brauchen Schulmaterialien. Welchen Grund also gibt es für die Begrenzung auf die Sekundarstufe I?

2.) Wie Sie wissen geht der Bedarf für Schulmaterialien im Einzelfall erheblich über die jetzt angekündigten 100 Euro hinaus. Halten Sie es für sinnvoll, die Regelung für einmalige Bedarfe im SGB II auf Schulmaterialien auszudehnen – soweit (zu beantragen und nachzuweisen) die Kosten die 100 Euro übersteigen?

3.) Die Erhöhung des Kindergeldes geht, wie Sie wissen, an Familien von Leistungsbeziehern nach SGB II und XII vorbei, weil Kindergeld als Einkommen auf die Regelleistung angerechnet wird. Unterm Strich bedeutet das Koalitionspaket also: 100 Euro im Jahr pro Hartz IV-Kind, 120 Euro im Jahr für alle anderen Kinder. Wir wollen Sie diesen Missverhältnis beheben? Teilen Sie die Auffassung der meisten Sozialverbände, wonach die Regelleistungssätze für den Entwicklungsbedarf von Kindern nicht ausreichen? Wenn ja – müssen hier nicht sofort Änderungen kommen und nicht, wie Bundesarbeitsminister Scholz angekündigt hat, eine Überprüfung frühestens im Jahr 2010?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Blumer,

ich danke Ihnen für Ihren Beitrag zur Diskussion über das Schulstarterpaket. Wie Sie sicherlich wissen dauert die Vollzeitschulpflicht in Deutschland je nach Regelung der einzelnen Bundesländer zwischen neun und zehn Jahren. Diese Phase dient insbesondere der Schaffung des Grundlagenwissens der Schüler, welches existentiell für deren spätere schulische oder berufliche Laufbahn ist. In dieser prägenden Phase werden also die sozial schwächer gestellten Familien durch das Schulstarterpaket unterstützt und die Chancen, die Sekundarstufe II oder die Vorraussetzungen um eine qualifizierte Berufsausbildung zu erreichen, steigen für den Einzelnen. Das Schulstarterpaket soll die Familien finanziell entlasten und für Chancengleichheit während der wichtigsten Phase der schulischen Bildung sorgen. Des Weiteren kann der Schüler ab der 10. Klasse BAföG beantragen, wenn er bestimmte Vorraussetzungen erfüllt, wodurch die Familie ebenfalls finanziell entlastet wird.

Ich halte den derzeitigen Betrag von 100 € für angemessen, da dieses Geld für Arbeitsmaterialien wie Schulhefte und Schreibutensilien aufgewendet werden soll. Die dabei entstehenden Restbeträge können über einen längeren Zeitraum betrachtet für größere und seltenere Anschaffungen wie einen Schulranzen genutzt werden. Von daher ist meiner Meinung nach von einer Einzelfallbetrachtung abzusehen, da diese auf Dauer gesehen den finanziellen Rahmen sprengen würde.

Wie Sie schon korrekt festgestellt haben, handelt es sich beim Kindergeld um keine Sozialleistung im klassischen Sinne. Es ist in den meisten Fällen als eine Ausgleichszahlung für die Besteuerung des Existenzminimums von Kindern gedacht und daher im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Der über diese Ausgleichszahlung hinausgehende Anteil zählt als elterliches Einkommen. Für Empfänger von Arbeitslosengeld II wird das Kindergeld daher in voller Höhe als Sozialleistung gewährt, da diese kein steuerpflichtiges Einkommen haben. Deswegen ist das Kindergeld als Einkommen im Rahmen der Berechnung des ALG II anzurechnen. Aus diesem Grund ist der Sozialgeld- bzw. Arbeitslosengeld II-Bedarf, der den Kindern zusteht, aber auch immer höher als das Kindergeld.
Der Regelsatz der Grundsicherung beträgt derzeit für Kinder in ALG II-Bedarfsgemeinschaften je nach Alter der Kinder zwischen 60 und 80 Prozent, d.h. für Kinder unter 14 Jahren sind dies derzeit 211 Euro plus anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung; für Kinder über 14 Jahre sind es 281 Euro.
Dies alles wird von den Steuerzahlern finanziert, also auch von kinderreichen Familien mit geringem und mittlerem Einkommen. Das Kindergeld soll aber gerade denjenigen Familien mit Kindern helfen, die sonst keine Unterstützung für den Lebensunterhalt ihrer Kinder bekommen. Ich finde es daher gerecht, das Kindergeld anzuheben und es gerade denjenigen zu geben, die für den Lebensunterhalt ihrer Familie selbst aufkommen und die einen bedeutenden Teil ihres Einkommens für Steuern und Abgaben aufwenden müssen - unter anderem für Leistungen des Gemeinwohls. Im Übrigen ist im Zeitraum seit 2002, in dem das Kindergeld nicht angehoben wurde, der Regelsatz im SGB II für Kinder bis sechs Jahre um 30 Prozent gestiegen.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Otte

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