Frage an Henning Otte von Harald K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Otte,
mit großem Interesse habe ich Ihren Kommentar „Deutschland muß erwachsen werden“ in der FAZ vom 16.2.19 gelesen. Hierin beklagen Sie die Schwäche und Ambitionslosigkeit Deutschlands hinsichtlich Außen- und Sicherheitspolitik und fordern, Zitat: „Deutschland muß sich endlich mit außenpolitischer Gestaltungsbereitschaft einbringen“ und konkretisieren dies ferner anhand einiger Beispiele.
Meiner Meinung nach haben Sie recht, aber ich frage Sie: wer regiert denn die letzten 14 Jahre und wen meinen sie mit Deutschland? Die Antwortet kann doch nur lauten, die CDU, d.h. ihre eigene Partei und hier insbesondere Ihre Kanzlerin Merkel mitsamt Ihren Ministern. Weshalb richten Sie Ihren Appell an die FAZ-Leser und nicht an die eigene Partei?
Auch für mich stellt dieser Themenkomplex einen wichtigen Grund dar einer Partei meine Stimme zu geben. Nachdem Sie recht überzeugend das Totalversagen der Regierung nachgewiesen haben, möchte ich von Ihnen wenigstens ein überzeugendes Argument hören, weshalb ich trotz genannter Inkompetenz bei der nächsten Bundestagswahl die CDU/CSU wählen sollte?
Und antworten Sie bitte nicht, daß in Zukunft alles besser wird, denn das sind genau die Wahlversprechen denen ich seit meinem achtzehnten Lebensjahr keinen Glauben mehr schenken kann.
Mit freundlichen Grüßen
H. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank, dass Sie sich über das Portal „Abgeordnetenwatch“ an mich gewandt haben. Sie bezogen sich auf meinen Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16. Februar 2019 mit dem Titel „Deutschland muss erwachsen werden“.
Dieser Appell richtet sich an die gesamte Öffentlichkeit – Wähler wie Gewählte – unseres Landes und soll einen Beitrag zu der öffentlichen Debatte im Bereich der Sicherheitspolitik leisten.
Wir haben es mit einer erheblich veränderten sicherheitspolitischen Situation zu tun, von der auch Deutschland und Europa betroffen sind. Der Bürgerkrieg in Syrien, die russische Annexion der Krim oder die Instabilität in weiten Teilen Nordafrikas und des Mittleren Ostens haben Auswirkungen auf uns in Deutschland. Der Terror hat auch uns erreicht und die Migrationskrise 2015 kann sich jederzeit wiederholen. Es ist daher in der EU so gut wie unumstritten, dass wir eine Verteidigungsunion brauchen und unsere Außengrenzen besser schützen müssen. Unsere Streitkräfte wurden seit 1990 kontinuierlich verkleinert. Zum einen war da die sogenannte „Friedensdividende“ nach dem Ende des Ost-West-Konflikts – die Lage war einfach nicht mehr so angespannt wie zuvor, sodass die erfolgte Abrüstung aus damaliger Sicht richtig war. Aufgrund der Euro- und Finanzkrise ab 2009 kam auch noch ein notwendiger Sparkurs des Bundeshaushalts hinzu. Im Jahr 2014 änderte sich dann die sicherheitspolitische Lage in Europa dramatisch. Zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg hatte ein Staat, nämlich Russland, mit der Annexion der Krim wieder gewaltsam und einseitig in Europa Grenzen verschoben. Die lange nicht mehr für möglich gehaltene Bündnisverteidigung wurde wieder zu einer realistischen Aufgabe der Bundeswehr. Die Bundeswehr stellte sich diesen Aufgaben, ging aber, was die Materiallage angeht, an die Substanz. Deshalb haben wir den langen Prozess der Erhöhung von Personal und Material begonnen. Wir brauchen eine gut ausgestattete Bundeswehr und wir müssen uns noch stärker als bisher in die gemeinsame Sicherheitsvorsorge in Europa einbringen. Zusammen mit Ländern wie Frankreich, aber auch mit kleineren Partnern, müssen wir ein Europa schaffen, das sich selber schützen und gleichzeitig in seiner Nachbarschaft stabilisierend und friedensstiftend tätig sein kann. Hierfür braucht es einen noch größeren und gewichtigeren Beitrag Deutschlands, zu dem sowohl die Erhöhung der Verteidigungsausgaben gehört als auch, dass wir uns weiterhin als starker Partner in der NATO und in der EU einbringen.
Wir als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag arbeiten mit aller Kraft daran, dass uns dies gelingt und bitten hierfür um Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Otte