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Henning Otte
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Frage von Silke D. •

Frage an Henning Otte von Silke D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Otte,

ich möchte gern wissen, ob Sie die Entscheidung von Herrn Schmidt für eine Verlängerung der Glyphosat- Zulassung teilen? Und wenn ja, ob Sie den Eindruck haben, dass dies ebenso der Auffassung vieler Landwirte Ihres Wahlkreises entspricht?
Nachhaltige und regional bezogene Landwirtschaft, in einer auf Tourismus bezogenen Region, muss doch ein Interesse daran haben, dass solche Mittel nicht eingesetzt werden?
Mich macht das Vorgehen unseres Agrarministers sprachlos und zugleich wütend und traurig.
Ich habe den Eindruck, dass hier dem Druck und dem Werben von Lobbyisten aus Agrarkonzernen und übergroßen landwirtschaftlichen Betrieben nachgegeben wurde. Welches Verständnis von Demokratie/ Aufgaben der Exekutive liegt dieser Vorgehensweise zu Grunde? ... Politikverdrossenheit, der Vertrauensverlust in das Parteiensystem hat auch und insbesondere mit solchem Handeln zu tun.

Mit ratlosen Grüßen
S. D.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau D.,

danke für Ihre Nachricht zum Thema Glyphosat.
In der EU stand nach langen Debatten eine Entscheidung an. Die EU-Kommission hatte sich offenbar ohnehin für eine Verlängerung entschieden. Bundesminister Christian Schmidt hat erreicht, dass diese Entscheidung nun im Sinne des Gesundheits- und Naturschutzes mit einigen Bedingungen versehen wurde. In der Sache halte ich das Glyphosat-Abstimmungsverhalten für vertretbar, allerdings hat die Bundeskanzlerin darauf hingewiesen, dass gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen wurde und angemahnt, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen dürfe.

Die Verlängerung ist richtig. Aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat es keine Notwendigkeit gegeben, Glyphosat die Zulassungsverlängerung weiter zu verweigern. Eine Einschätzung, die nahezu von allen zuständigen Behörden in Deutschland, Europa und weltweit geteilt wird.

In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.

Anlass für die Diskussion war die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten – auch innerhalb der WHO selbst.

Den Hinweisen des IARC sind die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und weitere Fachleute aus den europäischen Mitgliedstaaten nachgegangen. Am 12. November 2015 sind ihre Ergebnisse in einem umfassenden Bericht vorgestellt worden. Danach sind „beim Menschen bei einer sachgerechten Anwendung in der Landwirtschaft keine krebserzeugenden, erbgutverändernden oder entwicklungsschädigenden Risiken von Glyphosat zu erwarten“. In diesem Bericht sind auch Erkenntnisse aus der IARC-Klassifizierung berücksichtigt worden.

Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) ist bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss gekommen, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen.

Für mich gibt es keinen Grund, an der Expertise des BfR zu zweifeln. Ich befürworte daher eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen. Dabei geht es keineswegs darum, Glyphosat ohne Wenn und Aber wieder zuzulassen. Einzig und allein auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnis darf über die Zulassung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen entschieden werden.

Das BfR befindet sich mit seiner Einschätzung im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch die Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie den USA, Kanada, Japan und Australien die Bewertung des BfR. Dieser Einschätzung ist auch die EFSA gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben.

Der aktuelle Streit um Glyphosat macht aber deutlich, dass das Zulassungs-verfahren für Pflanzenschutzmittel auf europäischer Ebene verbessert werden muss. Die Öffentlichkeit hat ein verständliches Bedürfnis nach größerer Transparenz. Hier ist insbesondere die Europäische Kommission in der Pflicht, das Verfahren zu überprüfen, entsprechende Verbesserungen vorzuschlagen und damit sicherzustellen, dass wissenschaftliche Differenzen auch ausgeräumt werden.

Unabhängig von Glyphosat ist für mich selbstverständlich, Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden. Diese sind so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen. Entscheidend ist daher die maßvolle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dies muss bei gleichzeitig hohem Schutzniveau für den Menschen, Natur und Umwelt geschehen.

Mit freundlichen Grüßen
Henning Otte

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